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soziologie und gesellschaftliche entwicklung (35 mb) - ISF München

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im Prozeß der Modernisierung an Bedeutung eingebüßt <strong>und</strong> überlebt nur<br />

noch als vormoderner Restbestand. Dann wird die Religions<strong>soziologie</strong> zu<br />

einer historischen Disziplin <strong>und</strong> beschäftigt sich — soweit sie Gegenwartswissenschaft<br />

ist — mit peripheren Phänomenen 1 . Oder die Religion hat mit<br />

<strong>und</strong> nach der Säkularisierung neue Gestalt angenommen. Dann ist die theoretische<br />

Frage nach dem Begriff der Religion aufgeworfen — ebenso wie die<br />

empirische, wo sie zu finden ist <strong>und</strong> in welcher Gestalt sie beobachtbar<br />

wird.<br />

Wir haben es hier ganz offenbar mit einer Forschungssituation zu tun,<br />

die sich von der der religionssoziologischen Klassiker deutlich unterscheidet.<br />

Max Weber etwa konnte sich auf die im engeren Sinne soziologisch interessanten<br />

Fragen deshalb relativ umstandslos konzentrieren, weil er von<br />

einem plausiblen Vorverständnis von Religion ausging <strong>und</strong> ausgehen konnte:<br />

den bekannten Weltreligionen. Also galt es, deren „Welterrichtungs- <strong>und</strong><br />

Welterhaltungsleistungen" (Peter L. Berger) zu analysieren, diese in den je<br />

gegebenen Rahmen sozialer Differenzierung einzustellen, um so die Konsequenzen<br />

für das Handeln zu ermitteln. Die historisch bestimmten Gestalten<br />

des Religiösen beherrschen zweifellos nicht mehr in gleichem Maße die<br />

Weltdeutung der Bewohner moderner Gesellschaften. Längst ist klar, daß<br />

wir mit Synkretismus, Privatisierung, Konkurrenz <strong>und</strong> Variabilität der Weltdeutungen<br />

zu rechnen haben. Danach ist die Unbestimmtheit <strong>und</strong> Unsichtbarkeit<br />

der Religion eines ihrer wichtigsten faßbaren Charakteristika.<br />

Die theoretische Religions<strong>soziologie</strong> hat auf diese Lage mit dem Versuch<br />

reagiert, einen Religionsbegriff zu begründen, der sich von den spezifischen<br />

Fassungen der Hochreligionen löst, diese vielmehr als soziale Realisierungsformen<br />

von Religion begreifen läßt. Die dabei unumgängliche Abstraktheit<br />

der Begriffe hat freilich zu zwei gleichermaßen unbefriedigenden<br />

Konsequenzen geführt. Sie hat einerseits zweifellos die empirische Forschung<br />

gelähmt: Wenn man nicht mehr weiß, wo hinzuschauen ist, dann<br />

bewegt man sich bei begrifflichen Verfeinerungen <strong>und</strong> theoretischen Synopsen<br />

auf sicherem Gelände. Sie hat aber auch andererseits zu einer gewissen<br />

Inflationierung des religionssoziologischen Vokabulars geführt, so<br />

daß nicht selten zweifelhaft bleibt, ob auf diese Weise überhaupt ein Gewinn<br />

— <strong>und</strong> gegebenenfalls welcher — damit zu erzielen ist.<br />

Was ist in einer solchen Lage zu tun? Ich möchte auf diese Frage keine<br />

im strengen Sinne theoretische Antwort versuchen. Vielmehr möchte ich<br />

Vorschläge aufgreifen, die bereits mehr oder weniger erfolgreich gemacht<br />

worden sind, <strong>und</strong> diese Überlegungen am Beispiel von „Konversionen"<br />

durchspielen.<br />

Es scheint mir nämlich angesichts der geschilderten Lage unausweichlich,<br />

forschungspragmatisch motivierte Entscheidungen zu treffen über religionssoziologisch<br />

interessante Gegenstände <strong>und</strong> dabei das Risiko des Irrtums<br />

oder Fehlversuchs auf sich zu nehmen. Natürlich ist damit nicht das<br />

Stochern mit langer Stange im Nebel gemeint; immerhin liegt eine erhebliche<br />

Literatur vor, auf die sich das notwendige Vorverständnis ausreichend<br />

Lutz (1984): Soziologie <strong>und</strong> <strong>gesellschaftliche</strong> Entwicklung.<br />

URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100776

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