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soziologie und gesellschaftliche entwicklung (35 mb) - ISF München

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WEGE DER MODERNE. ZWISCHEN TRADITION UND MODERNITÄT,<br />

PARTIKULARISMUS UND UNIVERSALISMUS, ROUTINE UND<br />

REVOLUTION, KONFORMITÄT UND ENTFREMDUNG<br />

Richard Münch<br />

Einleitung<br />

Max Weber hat nach der von ihm diagnostizierten Entzauberung der Welt<br />

durch die moderne Wissenschaft <strong>und</strong> der Zerstörung aller religiös-sinnhaften<br />

Gr<strong>und</strong>lagen der modernen Welt nur eine düstere Zukunft der modernen Gesellschaften<br />

gesehen. Die Rationalisierung <strong>und</strong> Verselbständigung der <strong>gesellschaftliche</strong>n<br />

Sphären des Kapitalismus, der Bürokratie <strong>und</strong> des Rechts<br />

schlägt in eine irrationale Herrschaft der sachlichen Eigengesetzlichkeiten<br />

über den Menschen um. Diese gewinnen eine nie zuvor erahnte Macht über<br />

den Menschen. Und eine allgemein verbindliche sinnhafte Steuerung auf der<br />

Basis allgemeiner Ideen <strong>und</strong> Werte ist auf dem entzauberten Boden der Moderne<br />

ausgeschlossen. Was bleibt, ist der unversöhnliche Kampf konträrer<br />

Wertorientierungen <strong>und</strong> Wertordnungen um die Vorherrschaft in der Gestaltung<br />

der Gesellschaft. Die mit dem Calvinismus erreichte innere Verbindung<br />

von Ethik <strong>und</strong> Welt ist unwiederbringlich verloren. Die innerweltliche<br />

Askese hat sich zu einem innerweltlichen Aktivismus der rein instrumentellen<br />

Weltbeherrschung gewandelt. 1<br />

Ich will hier aufzeigen, daß diese Einschätzung Webers über die allein<br />

mögliche Entwicklung der modernen Gesellschaften eine Deutung des Verhältnisses<br />

zwischen Ethik <strong>und</strong> Welt <strong>und</strong> der daraus folgenden Form des<br />

innerweltlichen Aktivismus zum Ausdruck bringt, die von den Möglichkeiten<br />

begrenzt wird, die in der deutschen Kultur durch den Lutherischen Protestantismus<br />

<strong>und</strong> durch seine Säkularisierung im deutschen Idealismus gesetzt<br />

worden sind. In anderen westlichen Gesellschaften haben sich ganz<br />

andere Formen des Verhältnisses zwischen Ethik <strong>und</strong> Welt <strong>und</strong> des innerweltlichen<br />

Aktivismus entwickelt, die als kultureller Code sowohl der Entwicklung<br />

bis zu Webers Lebenszeit als auch darüber hinaus bis heute zugr<strong>und</strong>e<br />

liegen. Dieser gesellschaftlich-kulturelle Code hat sich in den einzelnen<br />

Gesellschaften seit der Reformationszeit in einem Prozeß der Deutung,<br />

Anwendung <strong>und</strong> Säkularisierung der religiösen Ethik herausgebildet. Er<br />

hat dann einerseits als Tiefenstruktur die Möglichkeiten der weiteren kulturellen<br />

Entwicklung abgesteckt <strong>und</strong> ist andererseits durch die <strong>gesellschaftliche</strong><br />

Entwicklung kontinuierlich verändert worden, ohne allerdings seine<br />

generelle Identität zu verlieren.<br />

Ich will die unterschiedlichen Verhältnisse zwischen Ethik <strong>und</strong> Welt<br />

<strong>und</strong> die unterschiedlichen Formen des innerweltlichen Aktivismus skizzie-<br />

Lutz (1984): Soziologie <strong>und</strong> <strong>gesellschaftliche</strong> Entwicklung.<br />

URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100776

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