07.03.2014 Aufrufe

soziologie und gesellschaftliche entwicklung (35 mb) - ISF München

soziologie und gesellschaftliche entwicklung (35 mb) - ISF München

soziologie und gesellschaftliche entwicklung (35 mb) - ISF München

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Piazolo beantwortet die Frage nach neuen Formen des Dialogs, nach<br />

Kooperationsmöglichkeiten zwischen Bildungsministerien <strong>und</strong> Bildungsforschung<br />

zunächst mit einem Rückgriff auf die Kritik an den normativen<br />

Setzungen im politischen Bereich. In der Auseinandersetzung um solche<br />

normativen Setzungen kann die Bildungsforschung nur eine begrenzte Rolle<br />

spielen. Diese begrenzte Chance vergibt sie sich, wenn sie ihrerseits noch<br />

falsche Bedarfsprognosen vorlegt.<br />

Andererseits ist das weite Feld qualifizierter Untersuchungen zu den<br />

wesentlichen Parametern von Prognosen noch keineswegs beackert. Zum<br />

Verhältnis von Bildung <strong>und</strong> Arbeit gilt, daß auch heute noch eine möglichst<br />

gute Qualifizierung anzustreben ist, keinesfalls die Verringerung des Bildungsniveaus.<br />

Zum Zusammenhang von Bildung <strong>und</strong> Arbeit brauchen wir<br />

jedoch heute beispielsweise biographische Untersuchungen, nicht nur Prognosen.<br />

Generell gilt, daß wir nicht weniger Informationen benötigen, sondern<br />

mehr. Die Disziplinen müssen lernen, interdisziplinär zusammenzuarbeiten.<br />

Sie müssen vor allem in ihrer Forschung ein wesentlich höheres Tempo<br />

einschlagen, damit die Forschungsergebnisse nicht von der Wirklichkeit<br />

überholt werden. Fatal ist die gegenwärtige Neigung zu rückwärts gerichteter,<br />

nur noch evaluierender Forschung, der es an Kreativität fehlt, die Perspektiven<br />

<strong>und</strong> Alternativen nicht mehr entwerfen kann.<br />

Der schnell zu befriedigende, aktuelle Beratungsbedarf darf nicht auf<br />

Kosten der Gr<strong>und</strong>lagenforschung gehen, an die jede angewandte Forschung<br />

zurückgeb<strong>und</strong>en sein muß. Die Umsetzung selbst geschieht allerdings nicht<br />

durch Berichte, sondern durch Expertengespräche, die Ausgangspunkt <strong>und</strong><br />

Endpunkt von Berichten sein können.<br />

Zu den wenig durchdachten <strong>und</strong> schon gar nicht umgesetzten alternativen<br />

Modellen der Verknüpfung von Bildung <strong>und</strong> Arbeit gehört ein lebenslanges,<br />

flexibleres Wechseln von einem Bereich in den anderen, anstelle einer<br />

überlangen Erstausbildung.<br />

Auch in Zukunft wird das B<strong>und</strong>esbildungsministerium auf keinen Fall<br />

auf Politikberatung durch universitäre Bildungsforschung verzichten, was zu<br />

einer alleinigen Angewiesenheit auf die „Apparateforschung" führen würde,<br />

der die Rückbindung an die Gr<strong>und</strong>lagenforschung abhanden kommt.<br />

Auch Engholm unterstreicht noch einmal, daß er keinen vernünftigen<br />

Gr<strong>und</strong> sieht, Bildungsprognosen <strong>und</strong> Bildungsforschung in besonderer Weise<br />

zu kritisieren. Diese Arbeiten seien im Gegenteil besser als manche anderen,<br />

z.B. Energieprognosen oder Gutachten der „Fünf Weisen". Nicht nur<br />

die Schwäche, sondern vor allem auch die Stärke sozialwissenschaftlicher<br />

Forschung liegt in der Berücksichtigung des „Faktors Mensch".<br />

Das Verhältnis von Bildung <strong>und</strong> Arbeit muß zweifellos neu definiert<br />

werden, dennoch ist generell nach wie vor eine möglichst qualifizierte Ausbildung<br />

das Leitziel. Ein neues Problem ist bei steigendem Ausbildungsniveau<br />

das Entstehen einer Gruppe von Unterqualifizierten ohne jede Chance<br />

in einem auf hohe Anforderungen ausgerichteten Beschäftigungssystem.<br />

Lutz (1984): Soziologie <strong>und</strong> <strong>gesellschaftliche</strong> Entwicklung.<br />

URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100776

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!