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soziologie und gesellschaftliche entwicklung (35 mb) - ISF München

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lungstypus kann am besten vor Augen gestellt werden durch Darstellung<br />

der wichtigsten Stationen seiner historischen Ausdifferenzierung.<br />

(1) Entstehung des innovatorischen Handelns<br />

(13./14. Jahrh<strong>und</strong>ert)<br />

Um 1<strong>35</strong>0 entstand das deutsche Wort „Vorscher" durch Conrad von Megenburg (1309<br />

-74) in seinem „Poch der Natur" als Bezeichnung für diejenigen, die die „Haimlichkeit<br />

der Natur ervorschen wolt ..." Ähnliche Bezeichnungen derselben Zeit sind „Incignerius",<br />

„Ingeniator", die in den Bauhütten entstanden. Sie standen im Zusammenhang<br />

mit einer Beschleunigung des technischen Fortschritts in vielen Berufszweigen des Spätmittelalters,<br />

die mit einer starken Vermehrung der Zünfte <strong>und</strong> Gilden verb<strong>und</strong>en war.<br />

Dennoch waren die Zünfte durchgängig traditional. Innovatorische Aktivitäten wurden<br />

nur (a) gelegentlich (b) im Kontext eines Berufsfeldes <strong>und</strong> (c) im Falle der Verträglichkeit<br />

mit der Tradition akzeptiert.<br />

(2) Ausgrenzung des Handlungstypus des Forschungshandelns<br />

(15./16. Jahrh<strong>und</strong>ert)<br />

Im Zeitalter der Renaissance kommt es zur sozialen Definition des Forschens als einer<br />

spezifischen <strong>und</strong> eigenständigen Tätigkeit. Zugang zu den darunter fallenden Tätigkeiten<br />

fanden Forscher aus ganz unterschiedlichen Traditionen: Handwerker <strong>und</strong> Kaufleute,<br />

die aus den Zunft- <strong>und</strong> Gildentraditionen ausbrachen, humanistisch gebildete Architekten,<br />

Ärzte <strong>und</strong> Literaten, die sich auf neue Wissensgebiete einließen, schließlich Scholastiker,<br />

die die experimentelle Methode assimilierten. Der Verschiedenheit dieser sozialen<br />

Herkunft entspricht, daß weder ein gemeinsames Handlungsfeld noch eine epistemologische<br />

Kohärenz über die Interpretation des neuen Wissens, das durch Forschungsprozesse<br />

erzeugt wird, bestand. Die Wissensziele <strong>und</strong> Arbeitsbereiche dieser Zeit reichen von den<br />

Geheimwissenschaften über die Astrologie, den traditionellen Naturphilosophien, über<br />

Bergbau, Meteorologie bis hin zu den neuen Ingenieurwissenschaften <strong>und</strong> künstlerischästhetischen<br />

Bereichen.<br />

(3) Die Legitimation des Forschungshandelns<br />

(17./18. Jahrh<strong>und</strong>ert)<br />

Mit der Gründung der Akademien <strong>und</strong> wissenschaftlichen Gesellschaften <strong>und</strong> den technischen<br />

Corps gibt es für Forscher eine soziale Anerkennung durch Mitgliedschaft in<br />

Institutionen. Die Institutionen sind ihrerseits im Zeitalter des Absolutismus mit Privilegien<br />

ausgestattet (z.B. Kommunikationsfreiheit, Druckprivileg, Erlaubnis der medizinischen<br />

Sektion, auch die Entfaltung des Patentwesens ist unter die Privilegien zu<br />

rechnen).<br />

(4) Professionalisierung der Forschung<br />

(19. Jahrh<strong>und</strong>ert)<br />

Bis in das 19. Jahrh<strong>und</strong>ert herrschte in den Wissenschaften <strong>und</strong> Techniken der Amateur<br />

<strong>und</strong> versierte Generalist vor. Im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert kommt es zur Einrichtung aller wesentlichen<br />

Elemente einer spezifischen auf Forschung hin angelegten Berufswelt. (Entstehung<br />

der technischen Universitäten, spezialisierte Studiengänge, Entstehung von Forschungslaboratorien<br />

in den Universitäten, Entstehung von SpezialZeitschriften, Kongresse<br />

usw., Erweiterung der akademischen Berufsfelder in der Gesellschaft). Die Herausbildung<br />

dieser selbstreferenziellen Binnenstrukturen (Forschung — Lehre — Ausbildung —<br />

Berufsfeld, arbeitsteilige Organisation — Fachpublikationen <strong>und</strong> -kritik) sind die wesentlichen<br />

soziologischen Bedingungen, die für die autonome Organisation des Handlungsfeldes<br />

gegeben sein müssen.<br />

Lutz (1984): Soziologie <strong>und</strong> <strong>gesellschaftliche</strong> Entwicklung.<br />

URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100776

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