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soziologie und gesellschaftliche entwicklung (35 mb) - ISF München

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leibt aber immer noch die intellektuelle Steuer- <strong>und</strong> Kontrollfunktion im<br />

Besitz <strong>und</strong> im Griff des Menschen. Die Informationstechnologie ersetzt nun<br />

aber eben die Steuer- <strong>und</strong> Kontrollkapazität selbst. Sie ist deswegen eine<br />

wesentlich reflexive Technik, <strong>und</strong> seit es sie gibt, <strong>und</strong> seit sie in alle anderen<br />

Techniken hineindiff<strong>und</strong>iert, macht es keinen Sinn mehr, die eingangs angeführte<br />

Differenz zwischen reiner theoretischer Gr<strong>und</strong>lagenforschung, angewandter<br />

Forschung <strong>und</strong> Entwicklung zu machen, da alle diese Bereiche dadurch<br />

geeint sind, daß sie informationstechnologievermittelt sind. Insofern<br />

sprechen wir seither — <strong>und</strong> zwar mit Recht — nicht mehr schlicht von<br />

'Technik', sondern von 'Technologie'. Der epochale Wandel, von dem die<br />

Rede war, besteht also im Wandel vom wissenschaftlich-technischen zum<br />

technologischen (von anderen auch als 'technetronisch' bezeichneten) Zeitalter.<br />

Die Durchsetzung dieser Sorte von Technologie bedarf keiner Lobby,<br />

<strong>und</strong> es ist nicht verw<strong>und</strong>erlich, daß die Proteste gegen sie eine andere <strong>und</strong><br />

viel kleinere Dimension haben als diejenigen gegen die Kernenergie. Kurz:<br />

Ich denke, daß die im Kontext der Informationstechnologie sich ergebenden<br />

Probleme die wichtigsten Gegenstände einer wissenschafts- <strong>und</strong> technikforscherischen<br />

Aktivität der Sektion Wissenschaftsforschung in den<br />

nächsten Jahren sein sollten.<br />

Und die gentechnologisch arbeitende Biotechnologie? — Zum einen halte<br />

ich es für eine Engführung des Papiers, wenn es sich hier auf die Gentechnik<br />

beschränkt, zumal im engeren Sinne mit 'Gentechnik' stets vor allem<br />

die Humananwendung, genauer noch: die Humananwendung durch Gentransfer<br />

in Kei<strong>mb</strong>ahnzellen assoziiert wird. Und dabei handelt es sich nun<br />

keinesfalls um eine mit der Informationstechnologie vergleichbare, wirtschaftlich<br />

angewendete, industriell genutzte Technologie. Vielmehr muß in<br />

den Vergleich die industriell bereits breit genutzte Enzy<strong>mb</strong>iotechnologie<br />

einbezogen werden. Zum anderen aber sollte man sich nicht durch die hohe<br />

Publizität, die die Gentechnologie derzeit aufgr<strong>und</strong> der Notwendigkeit einer<br />

politischen Regulierung des Umgangs mit ihr hat, dazu verleiten lassen, das<br />

Augenmerk auf die falschen Elemente zu richten. Zwar trifft zu, daß die<br />

gentechnologisch arbeitende Enzy<strong>mb</strong>iotechnologie eine in dem Sinne reflexive<br />

Technologie ist, daß die sonst immer nur vorausgesetzte Naturbasis,<br />

mit der von der Käsezubereitung bis hin zur Waschmittelproduktion gearbeitet<br />

werden mußte, selbst zum möglichen Gegenstandsbereich des technologischen<br />

Umwandlungseingriffes des Menschen wird. Aber es sind gerade<br />

nicht jene Sektoren, die den Mythos der Gentechnologie ausmachen, sondern<br />

dort geht es um die Humananwendung. Der hier zu erwartende <strong>und</strong><br />

sich bereits formierende Protest der öffentlichen Meinung richtet sich daher<br />

gegen etwas ganz anderes als die zu untersuchende Technologie. Auch hier<br />

müßte genauer differenziert werden. Und letztlich handelt es sich — bei genauerem<br />

Zusehen — auch bei der gentechnologisch arbeitenden Biotechnologie<br />

um eine von ihrem Theorieansatz her informationstechnologisch<br />

geprägte Technologie. — Aber dies nur nebenbei.<br />

Soviel zu den Defiziten der Gegenstandsbereichswahl. Ein weiteres, in<br />

meinen Augen entscheidendes Defizit ergibt sich aus dem Entwickelten für<br />

Lutz (1984): Soziologie <strong>und</strong> <strong>gesellschaftliche</strong> Entwicklung.<br />

URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100776

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