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soziologie und gesellschaftliche entwicklung (35 mb) - ISF München

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gerade die unmittelbare Haftung geeignet, die Gemeinschaft im Geschäftsleben,<br />

als Kreditbasis, aktionsfähig zu machen ... Für alle Fälle, in welchen<br />

das Interesse des Kredits der Gemeinschaft überwog, mußte also die Haftung<br />

festgehalten werden." Wie löste die Rechts<strong>entwicklung</strong> dies legislatorische<br />

Problem? Das zur Erklärung herangezogene Modell ist — ohne daß<br />

4<br />

dieser Terminus schon verwendet würde — ganz einfach das Modell zweckrationalen<br />

Handelns. Veränderte Handlungsbedingungen haben dazu geführt,<br />

daß die überkommenen Formen des sozialen Verkehrs „unangemessen"<br />

werden. Damit steht das Rechtssystem vor dem Problem, schrittweise<br />

die Rechtstechniken zu entwickeln, die die neuen Handelsgewohnheiten<br />

in sichere Bahnen lenken können. Das Modell stellt ganz auf „materiale<br />

Zweckrationalität" ab. Denn der Rechtszweck bestimmt den gesamten Entwicklungsgang.<br />

Er besteht in der Lösung des gegebenen Handlungsproblems<br />

<strong>und</strong> aufgr<strong>und</strong> des Handlungsdruckes wird die Rechts<strong>entwicklung</strong> sich notwendigerweise<br />

so vollziehen, daß entsprechende rechtstechnische Mittel<br />

hervorgebracht werden. Für formale Rationalität war in diesem Modell<br />

eigentlich kaum Raum <strong>und</strong> es überrascht daher nicht, daß Weber über<br />

die römischen Juristen der damaligen Zeit einigermaßen abfällig urteilt. 5<br />

Nun wurde Weber aber immer deutlicher, daß die Identifizierung einer<br />

gegebenen Problemlage noch längst nicht garantiert, daß auch die entsprechenden<br />

„problemlösenden" sozialen Arrangements institutionalisiert werden<br />

können. Das <strong>entwicklung</strong>stheoretische Modell mußte also als übervereinfachend<br />

verworfen <strong>und</strong> entsprechend korrigiert werden. Dabei gewann<br />

formale Rationalität an Bedeutung.<br />

Teil III: Systematische Gründe für den Bedeutungszuwachs von 'formaler<br />

Rationalität' im Weberschen Werk<br />

Webers <strong>entwicklung</strong>stheoretisches Modell stellte zunächst ganz auf das Moment<br />

der Notwendigkeit ab, enthielt also — übersetzt in eine neuere Terminologie<br />

— lediglich ein Stadienmodell der Entwicklung. Die Stadienmodelle<br />

erlauben es uns, die jeweils früheren Entwicklungsformen als notwendige<br />

Voraussetzungen für die späteren <strong>und</strong> die späteren als „angemessenere",<br />

„zweckrationalere" Reaktionen auf gegebene funktionale Imperative zu<br />

begreifen. Es muß sich aber überhaupt nichts enwickeln, da das entsprechende<br />

System aufgr<strong>und</strong> seiner internen Struktur oder der ihm zur Verfügung<br />

stehenden Ressourcen daran gehindert sein kann, überhaupt neue <strong>und</strong><br />

angemessene Problemlösungen zu erzeugen, durchzusetzen <strong>und</strong> zu speichern.<br />

Ob sich Entwicklung vollzieht hängt auch von Zufälligkeiten ab. Diese<br />

Zufallskomponente, die heute in allen evolutionstheoretischen Ansätzen<br />

enthalten ist, läßt sich thematisieren als Gegensatz von Evolution <strong>und</strong> Geschichte.<br />

Weber führt die Unterscheidung im Objektivitätsaufsatz streng<br />

durch. Er hat keinerlei Einwände gegen die Verwendung von Stadienmo-<br />

Lutz (1984): Soziologie <strong>und</strong> <strong>gesellschaftliche</strong> Entwicklung.<br />

URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100776

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