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soziologie und gesellschaftliche entwicklung (35 mb) - ISF München

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die Idee kommen, für die vorfindlichen Techniken <strong>und</strong> deren Verwendungen<br />

einen anderen als einen sozialen Rahmen zu suchen. Daß technische<br />

Entwicklung in der Moderne vornehmlich in der Erzeugung neuer Techniken<br />

besteht, läßt sich noch einmal verschärfen: die zentrale Kategorie, der<br />

das technikbezogene innovatorische Handeln zuzuordnen ist, ist die der<br />

Forschung als eine auf Erfinden, Entdecken, Vorhersage <strong>und</strong> Konstruktion<br />

gerichtete Tätigkeit.<br />

Forschung soll hier als eine Kategorie eingeführt werden, die der Unterteilung<br />

in „Wissenschaft" <strong>und</strong> „Technologie" übergeordnet ist <strong>und</strong> keine<br />

problematischen Vorentscheidungen benötigt. Insbesondere soll Forschung<br />

nicht auf Wissenschaft oder wissenschaftliche Interessen eingeschränkt werden<br />

<strong>und</strong> dann der Technologie die sek<strong>und</strong>äre Rolle einer „angewandten"<br />

Wissenschaft oder einer „Entwicklungstätigkeit" zugewiesen werden. Im<br />

Gegenteil: Forschungen im Bereich der Technik sind eher älter als solche<br />

im Bereich der Wissenschaften bzw. Naturphilosophien (vergl. z.B. Zilsel<br />

1976, 98ff. zur Entstehung der experimentellen Methode). Noch wichtiger<br />

ist, daß kein F<strong>und</strong>ierungsverhältnis zwischen Wissenschaft <strong>und</strong> Technologie<br />

oder auch nur eine systematische wechselseitige Abhängigkeit besteht<br />

(Brooks 1965). Die historisch angemessene <strong>und</strong> im Ansatz einfache Lösung<br />

ist daher, Forschung als einen übergeordneten Handlungstypus einzuführen,<br />

der sich dann — abhängig von Orientierungskomplexen <strong>und</strong> den in ihnen<br />

artikulierten Erkenntnisinteressen <strong>und</strong> Relevanzkriterien — als stärker wissenschaftlich<br />

oder technisch orientiert spezifizieren läßt. Das Ausmaß der<br />

Wechselwirkungen zwischen Wissenschaft <strong>und</strong> Technik wird dann zu einer<br />

historischen Fragestellung, die nicht durch unzweckmäßig eingerichtete<br />

analytische Trennungen verstellt wird.<br />

Allerdings hat die Entscheidung, das durch Forschung gekennzeichnete<br />

innovative Handeln als übergeordnete, generische Kategorie einzuführen,<br />

auch die Ausgrenzung von Bereichen der technischen Entwicklung zur Folge,<br />

die unter anderen Perspektiven wichtig sein können. So spielen in der<br />

folgenden Untersuchung weder die materialen Aspekte der Abfolge <strong>und</strong><br />

Kumulation der technischen Entwicklung eine Rolle, wie sie etwa in den<br />

Produktivkrafttheorien (Schuchardin 1963) analysiert werden, noch die<br />

anthropologischen Aspekte, die etwa von den Funktionskreistheoretikern<br />

herausgestellt worden sind (Gehlen 1957). Durch die Fokussierung auf die<br />

Kategorie der Forschung können weder diese noch andere Theorieansätze<br />

ersetzt werden. Zu betonen ist, daß daher auch die Beziehung zwischen<br />

technischer Entwicklung (die nicht unbedingt an Forschung geb<strong>und</strong>en ist,<br />

aber für die <strong>gesellschaftliche</strong> Arbeit konstitutiv ist) <strong>und</strong> Technologie<strong>entwicklung</strong><br />

(die an Forschung geb<strong>und</strong>en ist <strong>und</strong> weniger integriert sein kann)<br />

nicht thematisiert wird. Wir wollen speziell einen Zugang zu den dynamischen<br />

Aspekten der Technologie<strong>entwicklung</strong> eröffnen.<br />

Was ist Forschung? Soziologisch ist Forschung die Ausdifferenzierung<br />

eines bestimmten, auf Erfindung, Entdeckung, Prognose <strong>und</strong> Konstruktion<br />

gerichteten Handlungstypus. Die <strong>gesellschaftliche</strong> Bedeutung dieses Hand-<br />

Lutz (1984): Soziologie <strong>und</strong> <strong>gesellschaftliche</strong> Entwicklung.<br />

URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100776

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