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soziologie und gesellschaftliche entwicklung (35 mb) - ISF München

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Aussagen vor allem die folgenden Formen der Argumentation <strong>und</strong> Beweisführung<br />

herausgearbeitet werden:<br />

1. die vergleichende Analyse von Fällen,<br />

2. die verstehende Deutung,<br />

3. (<strong>und</strong> in einer engen Beziehung zu 2) die Auseinandersetzung mit den<br />

kausalen Deutungen derer, die in die Untersuchung einbezogen sind.<br />

Zu 1: Vergleichende Analyse<br />

Der Vergleich spielt in dem Bericht in verschiedenen Varianten eine Rolle,<br />

wobei für die Unterstützung der kausalen Deutung wohl am wichtigsten der<br />

Vergleich mit dem Ort Marienthal vor Schließung der für den Ort zentralen<br />

Fabrik ist. Auch wenn die Marienthal-Untersuchung keine Längsschnitt-Studie<br />

ist, haben die Autoren durch die Art ihres Forschungszugangs doch die<br />

Möglichkeit, die Vergangenheit des Ortes zu rekonstruieren. Hierzu ziehen<br />

sie schriftliche Quellen ebenso heran wie mündliche Quellen — die biographischen<br />

Interviews, Interviews mit Partei- <strong>und</strong> Vereinsfunktionären, dem<br />

Bibliothekar Marienthals, dem Lehrer etc. Es ergibt sich bei dem Versuch<br />

der historischen Rekonstruktion ein Bild der Vergangenheit, welches der<br />

„einförmigen, bewegungsarmen" (Jahoda u.a., 1975, S. 55) <strong>und</strong> durch Resignation<br />

gekennzeichneten Gegenwart diametral entgegengesetzt ist. Marienthal<br />

war vor Schließung der Fabrik ein kulturell <strong>und</strong> politisch lebendiger<br />

Ort (vgl. S. 55 ff.), von dem die Autoren schreiben, er sei ein „politisch<br />

heißer Boden" gewesen (S. 36). Zum Zeitpunkt der Untersuchung ist hiervon<br />

wenig geblieben. Politische Beteiligung <strong>und</strong> politische Aktivitäten sind<br />

deutlich zurückgegangen (vgl. S. 58 ff.) wie ebenso auch andere Aktivitäten<br />

(vgl. z.B. den Rückgang der Leseaktivitäten <strong>und</strong> der Ausleihzahlen in der<br />

Bibliothek; S. 57 f.).<br />

Eine andere Variante der vergleichenden Analyse, die für die Unterstützung<br />

der kausalen Deutung gleichfalls von Bedeutung ist, <strong>und</strong> die zum festen<br />

Bestandteil der Argumentation in vielen quantitativen Untersuchungen<br />

gehört (vgl. zur Relevanz des Vergleichs für die Hypothesenbildung auf<br />

der Basis qualitativer Studien auch Glaser <strong>und</strong> Strauss, 1968, S. 45 ff.), ist<br />

der Querschnittsvergleich. Es werden in diesem Fall Aufsätze von Kindern,<br />

die in Marienthal leben, mit solchen verglichen, die von Kindern aus Orten<br />

der Umgebung geschrieben wurden, die nicht von Arbeitslosigkeit betroffen<br />

sind (vgl. Jahoda, 1975, S. 75 ff.). An der Analyse dieser Aufsätze läßt<br />

sich zeigen, daß die Marienthaler Kinder in die resignative Gr<strong>und</strong>haltung des<br />

Ortes einbezogen sind <strong>und</strong> sich hierin — im Durchschnitt betrachtet — von<br />

den Kindern der Umgebung unterscheiden.<br />

Lutz (1984): Soziologie <strong>und</strong> <strong>gesellschaftliche</strong> Entwicklung.<br />

URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100776

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