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soziologie und gesellschaftliche entwicklung (35 mb) - ISF München

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dere Art der Verknüpfung verschiedener Rationalitätsmuster charakterisiert.<br />

Reflexive Strategien der Akteure vermitteln zwischen ihnen. Die<br />

strategische Umwandlung externer Herausforderungen in interne Organisationsstrukturen<br />

schlägt sich in historisch-situativen Lernprozessen nieder<br />

(Vgl. Rammert/Projektgruppe Technikforschung 1985).<br />

Es entsteht zum Beispiel ein schiefes <strong>und</strong> zudem historisch falsches<br />

Bild, wenn der Taylorismus nur als „adäquate Form der Arbeitsorganisation"<br />

aus der Logik des Kapitals (vgl. für viele andere Mendner 1975) oder<br />

wenn er anschließend aus der Logik der Beherrschung <strong>und</strong> Kontrolle der<br />

Arbeitskraft hergeleitet wird (Braverman 1977). Taylorismus als eine reflexive<br />

Strategie begreifen heißt, ihn als historische Ko<strong>mb</strong>ination von Ökonomisierungszielen<br />

<strong>und</strong> Beherrschungsabsichten <strong>und</strong> als situativ herausgebildete<br />

Antwort der Unternehmen auf bestimmte ökonomische <strong>und</strong> politische<br />

Herausforderungen zu untersuchen. Nur so kann die mögliche Vielfalt strategischer<br />

Lösungsversuche (vgl. Littler/Salomon 1983, Wood 1982) erklärt<br />

<strong>und</strong> das Entstehen neuer Strategien in einigen Bereichen, wie das von Horst<br />

Kern <strong>und</strong> Michael Schuman referierte „neue Produktionskonzept" (1984)<br />

oder das von Michael Burawoy nachgezeichnete Konzept der Einbindung<br />

der Arbeiter durch strategisch gewährte Spielräume (Burawoy 1983) entdeckt<br />

werden.<br />

Wenden wir den reflexiven Strategiebegriff auf unsere Problemstellung,<br />

der Analyse der Vergesellschaftung moderner Technologie<strong>entwicklung</strong>, an,<br />

kommen wir auch hier zu anderen Einsichten <strong>und</strong> Ergebnissen als z.B. der<br />

Subsumtions-Ansatz. Dort wird die Entstehung der „science-based industries"<br />

fast ausschließlich als erweiterter Zugriff des Kapitals auf die Forschung<br />

gesehen. Dabei wird die relative Autonomie der Forschung als auf<br />

Dauer vernachlässigbare Widerständigkeit behandelt. Konzeptualisieren wir<br />

den Prozeß als Umorganisation eines Interdependenzverhältnisses zwischen<br />

Forschung <strong>und</strong> Ökonomie, so fällt uns die seit 1890 ansteigende Abhängigkeit<br />

der Unternehmen der elektrotechnischen <strong>und</strong> chemischen Industrie<br />

vom wissenschaftlich induzierten Prozeß der Technologie<strong>entwicklung</strong> auf.<br />

Die rasante Dynamik der Erfindungen, die gesteigerte Konkurrenz um die<br />

Patente <strong>und</strong> die mit der Innovationskonkurrenz beschleunigte Produktveraltung<br />

bedrohte auch die Handlungsfreiheit, vor allem die Berechenbarkeit<br />

<strong>und</strong> Sicherstellung des ökonomischen Erfolgs der Unternehmen. Die<br />

Herausbildung industrieeigener Forschungs- <strong>und</strong> Entwicklungsabteilungen<br />

kann daher auch als unternehmerische Strategie interpretiert werden, die<br />

aus der Wissenschaftsdynamik erwachsenden Einschränkungen seiner Autonomie<br />

zu begrenzen. Die Gründung eigener Industrieforschungslabors bedeutete<br />

nicht nur die organisatorische Kontrolle über einen beschränkten<br />

Ausschnitt des gesamten Forschungssystems, sondern auch die Sicherung<br />

des Anschlusses der Industrie an die Entwicklungen im Wissenschaftssystem,<br />

war also auch Ausdruck der strategisch organisierten Interdependenz.<br />

Ein zweiter wesentlicher Gesichtspunkt, der häufig übersehen oder unterschätzt<br />

wird, ist die Tatsache, daß mit der Hereinnahme der Forschung<br />

Lutz (1984): Soziologie <strong>und</strong> <strong>gesellschaftliche</strong> Entwicklung.<br />

URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100776

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