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soziologie und gesellschaftliche entwicklung (35 mb) - ISF München

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sich der Charakter des Berufs nicht gewandelt: Er steht nach wie vor für<br />

Lebenschancen.<br />

Der Wandel des Charakters der Bildung <strong>und</strong> die Konstanz des Charakters<br />

des Berufs legen es uns nahe, die Bildungsexpansion als einen Auslöser<br />

des Wertwandels zu sehen. Nicht nur ist der Anteil höherer Abschlüsse<br />

in der Bevölkerung gestiegen, sondern gerade in den besser ausgebildeten<br />

Bevölkerungsgruppen hat der Wert Leistung an Boden verloren. Die Beziehung<br />

zwischen Bildung <strong>und</strong> „Leben als Aufgabe" hat sich dadurch umgekehrt.<br />

Die Beziehung zwischen Beruf <strong>und</strong> „Leben als Aufgabe" über den<br />

gleichen Zeitraum ist jedoch konstant geblieben. Die Konkurrenz struktureller<br />

<strong>und</strong> kultureller Komponenten, die in Bildung immer enthalten ist,<br />

wird offenbar zunehmend zugunsten der kulturellen Komponenten aufgelöst.<br />

Die zweite Frage — „Leben ohne Arbeit" — wird zwischen 1952 <strong>und</strong><br />

1963 von etwa 12%, zwischen 1972 <strong>und</strong> 1981 von etwa 20% der Bevölkerung<br />

bejaht. Leistung als Lebenssinn geht also — da es sich um eine<br />

negativ formulierte Frage handelt — um etwa 8 Prozentpunkte zurück.<br />

Dieser Trend findet sich auch in beiden Bildungsgruppen. Wie bei „Leben<br />

4<br />

als Aufgabe" ist aber die Stärke der Entwicklung unterschiedlich: Wiederum<br />

ist der Rückgang des Wertes Leistung in der besser ausgebildeten<br />

Gruppe stärker. Allerdings gibt es nur eine Nivellierung der Unterschiede,<br />

kein Umschlagen der Beziehung: In der Periode vor 1963 sind die besser<br />

Ausgebildeten leistungsfre<strong>und</strong>licher, in der Periode nach 1972 gibt es nur<br />

noch minimale Unterschiede <strong>und</strong> einmal sogar ein Umschlagen der Beziehung.<br />

In der kritischen Periode zwischen 1963 <strong>und</strong> 1972 geht zwar in<br />

beiden Gruppen der Wert Leistung zurück, aber in der besser ausgebildeten<br />

Gruppe doch deutlich stärker. Die Ergebnisse bestätigen also nicht die<br />

Lebensstil-, sondern die Nivellierungshypothese. Die Nivellierung kann<br />

als ein Wandel von Lebenschancen zum Lebensstil verstanden werden,<br />

der nicht stark genug war, die Beziehung zwischen Bildung <strong>und</strong> Werten<br />

umzukehren.<br />

Auch in den meisten Berufsgruppen findet sich der globale Rückgang<br />

des Wertes Leistung wieder: „Leben ohne Arbeit" steigt bei Arbeitern,<br />

Angestellten <strong>und</strong> Beamten im Durchschnitt etwa 5 Prozentpunkte an,<br />

bei den Selbständigen <strong>und</strong> Landwirten ist die Entwicklung nicht einheitlich.<br />

Die Rangfolge aber, in der die Berufsgruppen sich ein Leben ohne<br />

Arbeit wünschen, bleibt — als eine Regel mit Ausnahmen — gleich. Die<br />

Regel ist, daß Arbeiter häufiger als Beamte <strong>und</strong> Angestellte <strong>und</strong> als Selbständige<br />

<strong>und</strong> Landwirte ein Leben ohne Arbeit wünschen. Interpretiert<br />

man die Berufsgruppen wiederum als ordinale Variable, so ist die Beziehung<br />

zwischen Beruf <strong>und</strong> „Leben ohne Arbeit" negativ, die Beziehung zwischen<br />

Beruf <strong>und</strong> dem Wert Leistung positiv. Die höheren Berufsgruppen<br />

identifizieren sich durchgängig mit dem Wert Leistung, so wie die höheren<br />

Bildungsgruppen zu Beginn der betrachteten Periode in starkem, zum<br />

Ende in sehr schwachem Maße. Der Charakter des Berufs hat sich nicht<br />

Lutz (1984): Soziologie <strong>und</strong> <strong>gesellschaftliche</strong> Entwicklung.<br />

URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100776

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