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soziologie und gesellschaftliche entwicklung (35 mb) - ISF München

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Stadtsoziologe Pahl wies darauf hin, daß vor allem die produktiven Aspekte<br />

innerhalb der Prozesse der kollektiven Konsumtion über Jahrzehnte hinweg<br />

ignoriert worden seien (Pahl 1983, 377 ff.). Der sog. informelle Sektor<br />

müsse thematisiert, <strong>und</strong> die falsche Trennung der Domänen zwischen Mann<br />

<strong>und</strong> Frau müsse bereits in den Untersuchungsansätzen überw<strong>und</strong>en werden.<br />

— Die „basispolitische Interessendurchsetzung"<br />

Die Eigenart <strong>und</strong> die Widersprüchlichkeit der kollektiven Konsumtion haben<br />

wesentlich dazu beigetragen, daß besondere städtische Konflikte <strong>und</strong><br />

besondere städtische Formen der Konfliktaustragung entstanden sind. Das<br />

bedeutet nicht einfach eine Wiederbelebung lokaler, eng begrenzter Interessenwahrnehmung.<br />

Die allgemein dominierenden Zentralisierungsprozesse,<br />

die zu korporatistisch verfaßten, relativ starren Formen der Interessenorganisation<br />

geführt haben, geben zwangsläufig auch der basispolitischen Auseinandersetzung<br />

ihr Gepräge. In den zahllosen Studien über Probleme der<br />

Stadterneuerung, der Wohnungspolitik, der Verkehrspolitik oder einzelner<br />

sozialer Dienste konnte jedoch nachgewiesen werden, daß Partizipationsforderungen<br />

<strong>und</strong> Konfliktaustragungen einen relativ starken städtischen Bezug<br />

aufweisen. Nicht nur bieten Praktiken der Stadtpolitik häufig den Anlaß;<br />

in den sozialen Aktionen <strong>und</strong> in den Definitionsprozessen von „unten"<br />

kommen auch Vorstellungen von überschaubaren städtischen Einheiten<br />

zum Tragen. Es werden vielfältige, spontane <strong>und</strong> punktuelle Formen der<br />

direkten Interessendurchsetzung gesucht, die freilich häufig einen rein defensiven<br />

Charakter aufweisen. Die von dem Engländer Sa<strong>und</strong>ers wie von<br />

Castells betonten städtischen Konflikte <strong>und</strong> Kämpfe können bereits in ihrer<br />

defensiven Variante ein Potential für Prozesse sozialer Mobilisierung darstellen,<br />

indem kollektive Erfahrungen organisiert <strong>und</strong> alternative Relevanzstrukturen<br />

entwickelt werden. Dies gilt um so mehr dann, wenn die Interessenwahrnehmungen<br />

vereinzelt den Charakter städtischer sozialer Bewegungen<br />

annehmen. Sie sind durchaus — wollen wir Castells weiter folgen — als<br />

reaktiv anzusehen, als Signal, als Symptom dafür, daß mit den Modernisierungsprozessen<br />

auch deren soziale Grenzen aktualisiert werden <strong>und</strong> daß in<br />

den zentralen <strong>gesellschaftliche</strong>n Bereichen der Produktion, der Kultur <strong>und</strong><br />

der politischen Macht notwendige soziale Veränderungen unterbleiben<br />

(Castells 1983, 326 ff.). Städtische soziale Bewegungen transformieren die<br />

Rolle <strong>und</strong> die Bedeutung der Stadt, sie können aber nicht aus ihrer Kraft<br />

<strong>gesellschaftliche</strong> Veränderungen bewirken.<br />

Diejenigen Aspekte städtischen Lebens, die mit den beiden Konzepten<br />

der „kollektiven Konsumtion" <strong>und</strong> der „basispolitischen Interessendurchsetzung"<br />

ins Blickfeld rücken, bilden wichtige Felder der „Urbanen Praxis".<br />

Die Dynamik dieser Prozesse verkörpert zwar weiterhin die industriell-moderne<br />

Rationalität einer urbanistischen Denkweise, aber sie hat offenk<strong>und</strong>ig<br />

auch andersartige, lebenspraktische Handlungsweisen hervorgebracht. Sie<br />

Lutz (1984): Soziologie <strong>und</strong> <strong>gesellschaftliche</strong> Entwicklung.<br />

URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100776

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