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soziologie und gesellschaftliche entwicklung (35 mb) - ISF München

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seiner sozialen <strong>und</strong> natürlichen Umwelt darf nicht mit Entdifferenzierung<br />

vermengt werden. Entdifferenzierung läge vor, wenn z.B. die Wirtschaft<br />

andere als wirtschaftliche Funktionen z.B. Bildung, Rechtsprechung etc.<br />

ausübte. Hingegen wäre bei der Einbeziehung der Auswirkungen des Wirtschaftens<br />

in die wirtschaftlichen Entscheidungen nicht die funktionale Spezifizierung,<br />

sondern die Autonomisierung des Wirtschaftssystems betroffen.<br />

Das Vorbild für derartige Prozesse der „relativen Heteronomisierung" (Buß<br />

1983) bildet die Sozialpolitik. Heimann (1980) hat ihr Prinzip als Verwirklichung<br />

der sozialen Idee im Kapitalismus gegen den Kapitalismus<br />

beschrieben. Analog hierzu ließe sich von dem Programm der Verwirklichung<br />

der ökologischen Idee im Kapitalismus gegen den Kapitalismus<br />

sprechen. Seine Realisierung käme einer Transformation kapitalistischer Gesellschaftssysteme<br />

gleich, insofern der fortgesetzten Kommodifizierung, der<br />

Auflösung aller übrigen Lebenssphären <strong>und</strong> der Bedrohung der natürlichen<br />

Umwelt durch die ungebrochene Expansion des Wirtschaftssystems ein<br />

Ende gesetzt würde. Eine Relativierung der Wirtschaft hingegen hätte zum<br />

Ergebnis, daß Raum geschaffen würde dafür, die Sphäre der Geldwirtschaft<br />

mit den übrigen Lebensbereichen in ein neues Verhältnis zu setzen.<br />

Was bedeutet nun eine solche Relativierung für unsere Ausgangsfrage:<br />

kann der Kapitalismus weiterleben, <strong>und</strong>: auf welchem Weg ist eine als Relativierung<br />

beschreibbare Transformation kapitalistischer Systeme erreichbar?<br />

Das Gr<strong>und</strong>problem einer selbstbezüglichen, schrankenlosen Produktionsweise<br />

ist, wie sie „gezügelt" werden kann. Diese Zügelung kann entweder<br />

von außen oder von innen geschehen. Ein möglicher Ansatz zu einer solchen<br />

Selbstbeschränkung wird in der jüngeren, steuerungstheoretischen Literatur<br />

unter dem Titel der „Selbststeuerung" diskutiert. Die ältere Literatur<br />

hatte von Selbstbindung gesprochen. Selbstbindung unterscheidet sich<br />

von Fremdbindung sei es durch staatliche Politik, sei es durch soziale Bewegungen.<br />

Beide intervenieren in den Selbstlauf der Wirtschaft, entweder<br />

durch Implementation politischer Programme, oder durch Entzug der Folgebereitschaft<br />

<strong>und</strong> „Delegitimierung". Zur Selbstbindung hingegen kommt<br />

es durch „Rücksichtnahme". Luhmann hat diesen Steuerungsmodus 'Reflexion'<br />

genannt. Dessen Prinzip besteht darin, daß ein System gerade dadurch,<br />

daß es seine Differenz zur Umwelt thematisiert, Distanz zu sich<br />

selbst gewinnt. Die Durchsetzung solcher reflexiver Steuerungsformen<br />

würde keine neue R<strong>und</strong>e im Streit zwischen Privatisierung <strong>und</strong> Etatisierung<br />

bedeuten. Sie antwortet vielmehr auf das Gr<strong>und</strong>problem funktional differenzierter<br />

Systeme, die Reintegration der interdependenten Teile. Willke/<br />

Teubner (1984) haben den Gr<strong>und</strong>zug reflexiver Selbststeuerung im Anschluß<br />

an Luhmann so zusammengefaßt: „Die Leistungssteigerung der Teilsysteme<br />

durch Spezialisierung darf nicht voll ausgefahren, nicht maximiert<br />

werden, weil diese Rücksichtslosigkeit jedes einzelnen Teils dieses zur bedrohlichen<br />

Umwelt jedes anderen Teils machte" (S. 14). Damit antwortet<br />

Selbststeuerung auf einen Gesellschaftszustand, der durch die Freisetzung<br />

des Wirtschaftssystems geprägt ist. In dieser Selbstbezüglichkeit liegt der<br />

Lutz (1984): Soziologie <strong>und</strong> <strong>gesellschaftliche</strong> Entwicklung.<br />

URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100776

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