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soziologie und gesellschaftliche entwicklung (35 mb) - ISF München

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len Kapitals zielt immer darauf, die Produktivität lebendiger Arbeit zu<br />

erhöhen. Es kann daher überhaupt nur einen Formenwandel geben. Anderenfalls<br />

hätten wir es mit dem sozialen Wandel zu philanthropischen<br />

Stiftungen zu tun. Schließlich heißt es auch ausdrücklich bei Kern <strong>und</strong><br />

Schumann: „Bei unveränderter Logik der Rationalisierung bilden sich<br />

doch gr<strong>und</strong>legend neue Formen aus."<br />

Andererseits wäre eine präzisere Begrifflichkeit bei der Beschreibung<br />

der neuen Phänomene wünschenswert gewesen. Trotz des wohl unvermeidlichen<br />

Höhenwinds im Ausguck der Visionäre — eine Wendung wie diese<br />

provoziert vermeidbare Mißverständnisse: im Begriff der „Neoindustrialisierung",<br />

heißt es in der Buchfassung, drücke sich „eine an die Substanz gehende<br />

Neufassung des Begriffs kapitalistischer Rationalisierung" aus.<br />

(a.a.O., S. 24)<br />

Wenn ich es recht sehe, treffen auch Dülls kritische Anmerkungen zur<br />

phänomenologischen Methode bei Kern <strong>und</strong> Schumann nicht deren wirkliches<br />

Vorgehen. Ich glaube nicht, daß sie hierdurch einer ganzheitlichen<br />

Methode in der Industrie<strong>soziologie</strong> das Wort reden wollten, die am Ende die<br />

f<strong>und</strong>amentale Widerspruchsstruktur ihres Gegenstands eskamotiert. Der bei<br />

ihnen neue Gedanke ist doch nur, den Betrieb stärker als sozialen Wirkungszusammenhang,<br />

als „Sozialsystem" (34) zu sehen <strong>und</strong> die beteiligten Gruppen<br />

entsprechend ihrer Funktion, Lage <strong>und</strong> ihren Interessen durch die jeweilige<br />

Selbstdarstellung hindurch möglichst umfassend <strong>und</strong> differenziert<br />

auch unter der Perspektive zu beschreiben, daß in ihnen Subjekte im Rahmen<br />

bestimmter, gestaltbarer Spielräume agieren.<br />

Ich finde dies Verfahren legitim <strong>und</strong> meine deshalb, daß Kritik daran<br />

sich nur am Resultat festmachen sollte. In dem damit erzielbaren Ergebnis<br />

sehe ich eher einen Gewinn: denn es verstellt doch den Zugang zu konkreten<br />

Analysen der Konzepte <strong>und</strong> Strategien des Managements, wenn dessen<br />

Vertreter — wie lange Zeit in der polit-ökonomisch verkürzten Diskussion<br />

üblich — bloß als Charaktermasken <strong>und</strong> blinde Exekutoren des Rentabilitätsprinzips<br />

verstanden werden <strong>und</strong> man sie nicht vielmehr als individuelle<br />

Funktionsträger begreift, die angesichts der prinzipiellen Anarchie des<br />

Marktes die Antizipation einer sich als profitabel erweisenden Produktionsgestaltung<br />

aus einer Fülle historisch disparaten, auch spekulativen <strong>und</strong> ideologisch<br />

gefärbten Erfahrungswissens heraus zu treffen haben <strong>und</strong> nicht allein<br />

auf der Basis wissenschaftlicher Erkenntnis, welcher Provenienz auch<br />

immer. Folglich wird es stets unterschiedliche Vorstellungen im Management<br />

darüber geben, wie die notwendigen Anpassungen der Produktionsstruktur<br />

an geänderte ökonomische Erfordernisse vorzunehmen seien. Je<br />

komplexer <strong>und</strong> differenzierter die dem Flexibilitätsgebot folgenden neuen<br />

Produktionsstrukturen gestalten werden, umso weniger kann von einem einheitlichen,<br />

konsistenten Rationalisierungsmuster gesprochen werden; damit<br />

wachsen — zumindest potentiell — auch die arbeitspolitischen Modifikationschancen.<br />

(Vgl. hierzu das Referat von Krohn/Rammert „Technik<strong>entwicklung</strong>:<br />

Autonomer Prozeß oder industrielle Strategie"?, hier S. 411 ff.)<br />

Lutz (1984): Soziologie <strong>und</strong> <strong>gesellschaftliche</strong> Entwicklung.<br />

URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100776

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