07.03.2014 Aufrufe

soziologie und gesellschaftliche entwicklung (35 mb) - ISF München

soziologie und gesellschaftliche entwicklung (35 mb) - ISF München

soziologie und gesellschaftliche entwicklung (35 mb) - ISF München

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

genden Thesen stellen selbstverständlich auch nur einen Ausschnitt des Gesamtergebnisses<br />

dar.<br />

Es ist genügend bekannt, daß Ehe <strong>und</strong> Familie historisch gesehen immer<br />

einen instrumenteilen Charakter für die Betroffenen hatten. Sie wurden<br />

eingegangen, um Vermögen, Namen, Rechte usw. weiterzuleiten, die eigene<br />

Versorgung zu garantieren usw. Je mehr die romantische Liebe zum Eheideal<br />

<strong>und</strong> zum einzigen legitimen Heiratsgr<strong>und</strong> sich ideell immer mehr durchsetzte,<br />

umso stärker wurde der Anspruch, den instrumentellen Charakter<br />

von Ehe <strong>und</strong> Familie einzutauschen gegen das Ideal von Partnerschaft, gegenseitiger<br />

emotionaler Beziehung usw. Interessant ist aber nun, daß Ehe<br />

<strong>und</strong> Familie — trotz dieses Anspruches — ihren instrumentellen Charakter<br />

bis heute nicht in dem erwarteten Umfang verloren zu haben scheinen.<br />

Auch heute führen überwiegend weiterhin bestimmte rationale Gründe<br />

letztlich zur Eheschließung. Die Art der Eheentscheidungsgründe haben sich<br />

allein im Zeitablauf verändert. 1950 waren es häufig mehrere Gründe zusammen<br />

(z.B. berufliche, partnerbezogene, sexuelle, wohnungsmäßige), die<br />

bei den einzelnen Paaren die Ehe-Entscheidung beeinflußten. Bis 1980<br />

wurde die Ehe nunmehr in zunehmendem Maße allein zum Instrument der<br />

Erfüllung des Kinderwunsches. Denn — da die emotionellen sexuellen Beziehungen<br />

heute keine öffentlich bek<strong>und</strong>ete Legitimation durch eine Eheschließung<br />

mehr benötigen, die materiellen <strong>und</strong> wohnungsmäßigen Bedingungen,<br />

die Selbständigkeit ermöglichen, liegt somit heute, wenn geheiratet<br />

wird — so zeigen unsere Daten —, überwiegend ein starker, zumindest bewußter<br />

kind- <strong>und</strong> familienzentrierter Entscheidungsgr<strong>und</strong> im Vergleich zu<br />

den Eheschließenden von 1970 <strong>und</strong> 1950 vor. Mit anderen Worten: Im Hinblick<br />

auf das Kind wird eine dem Anspruch nach auf Dauer zielende Beziehung,<br />

nämlich die Ehe mit ihrem gegenseitigen Verpflichtungscharakter, gewählt.<br />

Ehe <strong>und</strong> Famile werden damit überwiegend allein zur bewußten <strong>und</strong><br />

erklärten Sozialisationsinstanz für Kinder (wodurch sich auch ihre Konfliktanfälligkeit<br />

erhöht).<br />

Das von R. Vollmer in Anlehnung an Niklas Luhmann aufgestellte<br />

Postulat der Spezialisierung von Familie auf emotionale Bedürfnislagen ,<br />

2<br />

muß m.E. aufgr<strong>und</strong> unserer Daten weiter differenziert werden, indem zwischen<br />

der emotionellen Partnerbeziehung <strong>und</strong> der kindorientierten emotionellen<br />

Partnerbeziehung zu unterscheiden ist. Selbstverständlich sind zumeist<br />

beide Beziehungsaspekte miteinander verknüpft. Nur, es scheint sich<br />

insofern eine tendenzielle Veränderung anzubahnen, als die partnerbezogene<br />

Emotionalität immer stärker zum Anlaß der Gründung einer nicht-legalisierten<br />

Haushaltsgemeinschaft wird. Bei der Eheschließung dagegen tritt die<br />

kindorientierte Partnerbeziehung in den Vordergr<strong>und</strong>. Damit wird ferner<br />

deutlich, daß sich die Funktion von Kindern für die Eltern verändert hat.<br />

Die Veränderungen in den Außensystemen, vornehmlich dem Rechts<strong>und</strong><br />

Wirtschaftssystem, scheinen also in zunehmendem Maße eine weitere<br />

Ausdifferenzierung in zwei Lebensformen zu bewirken, an die jeweils spezifische<br />

Anforderungen, Bedürfnisse, Erwartungen gestellt werden: die<br />

Lutz (1984): Soziologie <strong>und</strong> <strong>gesellschaftliche</strong> Entwicklung.<br />

URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-100776

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!