1913 - Det danske Fredsakademi
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DIE FBIEDENS -WARTE ;§><br />
Der allgemeine Gedanke aus dieser Schilderung<br />
anschaulicher Tatsachen ist so klar, daß<br />
es kaum nötig ist, ihn abstrakt auszusprechen,<br />
zumal er schon mehrmals angedeutet ist, nur<br />
eines zu bemerken kann ich nicht unterlassen,<br />
selbst auf die Gefahr hin, Gesagtes zu wiederholen,<br />
daß nämlich Goethe die Gedanken der<br />
Kriegsanbeter, explizierte wie unexplizierte, in<br />
Trugschlüsse aufgelöst hat, zumal die Radomontaden<br />
des Herrn von Treitschke, der sich<br />
mehr geeignet hätte, Hofhistoriograph bei<br />
Soliman II. zu sein, als in der Stadt der<br />
Intelligenz Professor und Lehrer der Geschichte.<br />
Flache Aufklärung zu sagen von einer<br />
Sache, die Kant vertreten hat! Doch die Geschichte<br />
ist das Weltgericht. In dieser Eigenschaft<br />
sitzt sie gegenwärtig, d. h. da ich dies<br />
schreibe, über Kant und Herrn von Treitschke<br />
zu Gericht.<br />
Kant hat bekannlich bei seinemt Streben<br />
nach dem ewigen Frieden, wenig Hoffnung<br />
auf den schwachen guten Willen des<br />
Menschen, dagegen desto mehr auf den<br />
Mechanismus seiner Taten gesetzt; er hat damit<br />
Herrn von Treitschke und allen seinen<br />
Eideshelfern das Argument von der Schlechtigkeit<br />
des Menschen gegen die Möglichkeit des<br />
Friedens vorweg anerkannt und ihnen die<br />
Arbeit mit diesem Argument aus der Debatte<br />
eliminiert, so daß sie eigentlich ihre Aufmerksamkeit<br />
auf das richten müßten, was Kant<br />
gelassen, ja eigentlich zur Grundlage seiner<br />
Hoffnung gemacht hatte, den Mechanismus<br />
der Geschichte*} ,in der Natur. Dieser Mechanismus<br />
kommt jetzt zu dem Resultat das Kant<br />
von ihm erwartet hat, in der Friedfertigung der<br />
Balkanvölker nach dem vor einigen Tagen<br />
erschienenen Manifest Rußlands, diesem<br />
Meisterstück kluger Erwägung und menschlicher<br />
Hochgedanken. Es ist nicht jedermanns<br />
Art, aus den Tatsachen der Geschichte die<br />
Arbeit der menschlichen Vernunft zu erkennen,<br />
ganz besonders nicht derer, die man<br />
Kleinmeister nennen kann, sondern es ist nur<br />
Sache weniger; diese wenigen werden mir<br />
zustimmen, daß der Schlußsatz dieses Manifestes<br />
in den beiden Grundsätzen für die Behandlung<br />
der Balkanwirren das enthält, was<br />
die Türken leisten können und ihre Gegner<br />
hoffen dürfen.<br />
Der Mechanismus in der Geschichte wirkt<br />
nicht überall auf der Erde gleichmäßig, denn<br />
die Massen sind nicht überall gleichmäßig, aber<br />
er wirkt und wirkt augenblicklich besonders<br />
auf der Balkanhalbinsel im Interesse der<br />
Humanität und des Friedens unter Rußlands<br />
Führung.<br />
Wird da nicht wiederum das Wort wahr,<br />
daß die letzten die ersten sein werden? Rußland<br />
ist zuletzt in den Weltzug der Kultur,<br />
der von Griechenland über Italien durch Frankreich,<br />
Deutschland und Polen nach Rußland<br />
104<br />
*) Kants Traktat zum Ewigen Frieden.<br />
mit Unterstützung aus Byzanz gegangen ist,<br />
eingetreten und hilft mit seiner Masse die<br />
Parallelkette dieses Zuges schließen, die von<br />
Westen nach Osten der Donau entlang liegt.<br />
Ihr Ziel ist Friedfertigung*).<br />
n RANDGLOSSEN U<br />
211/12 ZEITGESCHICHTE<br />
Von Bi e r t h a v. S u 1 1 n e r.<br />
Wien, 7. Februar <strong>1913</strong>.<br />
Es brodelt und kocht und gärt weiter<br />
im europäischen Hexenkessel. Es schäumt<br />
von Krieg und Kriegsvorbereitungen und tropft<br />
von Frieden und Friedensverhandlungen. An<br />
der österreichischen und russischen Grenze soll<br />
abgerüstet, die Truppen sollen zurückgezogen<br />
werden; aber wie langsam', zögernd, widerwillig<br />
geschieht das! Nur Mobilisierungsorders<br />
werden rasch, rücksichts- und rückhaltlos<br />
ausgeführt. Aber die Demobilisierung:<br />
welche Kautelen, welche Schwierigkeiten,<br />
welche Geheimniskrämerei: nur nichts<br />
Günstiges und Beruhigendes offiziell versprechen<br />
und verkünden. Freilich, es ist ja<br />
alles unentwirrt : Der<br />
König von Montenegro<br />
erklärt, er komme ohne Skutari nicht in<br />
seine Berge zurück; Rumänien kann nicht<br />
ohne Silistria sein; Bulgarien besteht auf<br />
Kriegsentschädigung — Mediation wird verlangt<br />
und angenommen, aber unter dem Vorbehalt,<br />
daß man sich vielleicht nicht danach<br />
richten wird; Janina ist gefallen — darüber<br />
der obligate Straßenjubel in Athen. Ein neuer<br />
Staat — Albanien — ist in Triest konstruiert<br />
worden, doch können dessen Abgrenzungen<br />
noch zu hundert Verwicklungen Anlaß geben.<br />
Wenn nicht bald ein neues strahlendes Prinzip<br />
alle diese Nebel verscheucht — was muß<br />
es da noch für Zusammenstöße und Vernichtungen<br />
geben<br />
MB<br />
Auch die Suffragettes in London führen<br />
Krieg. Man kennt ihre Taten. Die Öffentlichkeit<br />
fängt an, sich zu empören. Und mit<br />
Recht. In einem) Leitartikel über diesen<br />
Gegenstand fand ich folgenden Satz : „Soll<br />
man den Frauen jetzt das Stimmrecht geben ?<br />
Wäre das die einfachste Lösung der Frage ?<br />
Es wäre die gefährlichste, die sich denken<br />
ließe. Es wäre die Anerkennung der<br />
Gewalttätigkeit als zulässiges<br />
Instrument zur Durchsetzung politischer<br />
Wünsche." O, über deine<br />
Naivität, Zeitungsschreiber! Weißt du denn<br />
nicht, daß diese deine Worte die geltende<br />
Grundlage unserer großen heutigen diplomatischen<br />
und müitärischen Weltordnung<br />
*) Ritter. Weltzug der Kultur. In Kritik,<br />
Bd. XII, 1877.