1913 - Det danske Fredsakademi
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DIE FRIEDENS -^kßTE §><br />
unseren Realpolitikern als Erbe einer besseren<br />
Vergangenheit noch nicht ganz ausgestorben<br />
sein. Aber selbst vorausgesetzt,<br />
die Ethik in der Politik wäre auf den Nullpunkt<br />
herabgesunken, so müßte doch schon<br />
die nüchterne Erwägung unsere Gegner von<br />
einem1 Angriff, selbst auf ein schwächeres<br />
Deutschland, abhalten, daß ein vernichtetes<br />
Deutschland alle Kaufkraft auf dem' Weltmarkt<br />
verlöre, und daß unsere Nachbarn<br />
also mit einer Zertrümmerung unserer Volkskraft<br />
sich ins eigene Fleisch schneiden würden.<br />
Es liegt mir ferne, den ganzen. Gedankengang<br />
der Rohrbachschen Schrift hier wiederzugeben;<br />
ich müßte sonst zeigen, wie er<br />
selbstverständlich immer noch die Revanchelust<br />
der Franzosen als einen schwerwiegenden<br />
Faktor in seine Rechnung einstellt,<br />
wie er die panslawistischen Aspiratio-<br />
nen nicht vergißt, und wie er andererseits<br />
auf die Erhaltung<br />
1 Gewicht ein viel zu großes<br />
der Türkei legt, die er sogar so hoch einschätzt,<br />
daß er meint, eine Zertrümmerung<br />
ihres europäischen Besitzstandes müsse für<br />
Deutschland und O esterreich den Kriegsfall<br />
bedeuten. Wohl aber muß ich zu zeigen<br />
versuchen, wie schroff der deutsch-englische<br />
Gegensatz von Rohrbach aufgefaßt wird, und<br />
wie unfähig er ist, die Entwicklung des britischen<br />
Imperiums mit Augen neidloser Objektivität<br />
zu beobachten. Eduard VII. — das<br />
ist etwa sein Gedankengang — sah, daß<br />
die deutsche Expansion in wirtschaftlicher<br />
wie in politischer Beziehung den englischen<br />
Weltherrschaftsplänen gefährlich werden<br />
mußte. Daher sein Bestreben, den deutschen<br />
Wettbewerb durch seine Einkreisungsbewewegungen<br />
so gut wie möglich auszuschalten.<br />
Fast in der Weise Hergeletts und Lookouts<br />
wird die r.eine Moritat von den schwarzen,<br />
Plänen des1 gekrönten Handlungsreisenden der<br />
englischen Politik entworfen. Er hat nicht<br />
nur Spanien durch eine dynastische Heirat<br />
dazu bewogen, den englischen Kriegsschiffen<br />
im! Bedarfsfall die Häfen zu öffnen, wie denn<br />
auch Portugal längst in Abhängigkeit von<br />
England geraten ist. Er hat nicht nur die<br />
Italiener, die schon durch die montenegrinische<br />
Heirat ihre Fühler auf die Ostküste<br />
der Adria hinüberstreckten, durch den<br />
albanischen Köder kirre gemacht, er hat den<br />
Russen zuerst die japanische Kur ( ) ver-<br />
!<br />
ordnet, um1 sie dadurch willig zu machen,<br />
ein Abkommen bezüglich einer Abgrenzung<br />
der asiatischen Interessensphären und einer<br />
Teilung) der Türkei zu treffen; er hat mit den<br />
Russen zusammen den schwarzen Plan eines<br />
mazedonischen Aufstandes entworfen, um dadurch<br />
den Stein der orientalischen Frage ins<br />
Rollen zu bringen, ja, er hat in Gemeinschaft<br />
mit seinen skrupellosen Staatsmännern den<br />
ungeheuren Plan eines englischen Weltreichs,<br />
von Afrika bis Australien, geschmiedet, eines<br />
Weltreichs, dessen Schlußstein die den Persischen<br />
Golf umlagernden Ländermassen zu<br />
302<br />
bilden hätten, ein Meisterstück weltumspannender<br />
Diplomatie, die ihre Fäden<br />
durch das Projekt einer deutschen Bagdadbahn<br />
sich nicht zerreißen lassen konnte.<br />
Rohrbach verschmäht es nicht, in diesem<br />
Zusammenhang allerlei sensationelle Kleinigkeiten<br />
beizubringen, so die berühmt gewordene,<br />
aber verfängliche Frage des Engländers<br />
Wilcock, ob der zwischen Euphrath<br />
und Tigris neu zu erbauende Königskanal<br />
wohl den Namen des Kaisers von Deutschland<br />
oder des Kaisers von Indien tragen<br />
werde, sowie die Rede Curtsons, des Vizekönigs<br />
von Indien, daß jene Gegenden am<br />
Persischen Meerbusen von indischen und<br />
ägyptischen Bauern, d. h. von englischen<br />
Untertanen, zu besiedeln sein dürften. Ich<br />
will dieses Riesenprojekt englischer Weltpolitik<br />
zunächst dahingestellt sein lassen; wogegen<br />
ich aber energisch protestieren muß,<br />
das ist die systematische Züchtung des Mißtrauens<br />
gegen England, die sich Rohrbach<br />
angelegen sein läßt. Er verschmäht es dabei<br />
nicht, olle Kamellen zu wiederholen, wie die<br />
Geschichte des Admirals Monk, der im<br />
17. Jahrhundert ( ! ) die Zerstörung der<br />
holländischen Kriegsflotte verlangte, weil<br />
die holländische Handelskonkurrenz den Engländern<br />
gefährlich werden könnte, oder wie<br />
den Ausspruch des jüngeren Pitt, der ein Jahrhundert<br />
später, zur Zeit des Hubertusburger<br />
Friedens ( 1 ), erklärte : „Frankreich ist uns<br />
hauptsächlich als See- und Handelsmacht gefährlich.<br />
Was' wir in dieser Hinsicht gewinnen,<br />
ist uns vor allem wertvoll durch<br />
den Schaden, den Frankreich dadurch erleidet."<br />
In Ewigkeit unverzeihlich ist es<br />
natürlich auch, daß Lord Palmerstone im<br />
Jahre 1861<br />
sollen den<br />
( ) sagen konnte, die Deutschen<br />
!<br />
Acker pflügen und Luftschlösser<br />
bauen, aber sich nicht einfallen lassen, die<br />
See zu befahren, und daß die Saturday-Review<br />
zu einer Zeit höchster Spannung behaupten<br />
konnte: Wenn der deutsche Handel<br />
vernichtet würde, so wäre kein Engländer,<br />
der dadurch nicht reicher würde. Unvergeßlich<br />
für Rohrbach ist natürlich auch die in<br />
Champagnerstimmung erfolgte Drohung des<br />
Admirals Lee, daß die englische Flotte den<br />
Angriff<br />
müßte<br />
auf die deutschen Küsten<br />
unternehmen können, daß<br />
so rasch<br />
man in<br />
Deutschland die ersten Schüsse hören würde,<br />
ehe man die Kriegserklärung zu lesen bekäme.<br />
Daß es natürlich auch in England<br />
Leute gibt, mit denen man Riegelwände einschlagen<br />
könnte,<br />
das Mundwerk<br />
Leute, mit deren Verstand<br />
durchzugehen pflegt, soll<br />
nicht . geleugnet werden. Aber so wenig wir<br />
die Herren Keim, Reichenau, Reventlow und<br />
Hasse als die maßgebenden Träger deutscher<br />
Politik betrachten dürfen,<br />
dürfen wir die Schreier an der<br />
ebensowenig<br />
Themse mit<br />
den verantwortlichen Leitern<br />
Staatsschiffes verwechseln.<br />
des<br />
Der<br />
britischen<br />
Merkantilismus<br />
aber, der noch Staatsmänner wie