1913 - Det danske Fredsakademi
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DIE FBIEDEN5-WADTE i@<br />
ja fast schroff ablehnend klang. Der Reichstag1<br />
hat sie damals trotzdem mit erdrückender<br />
Mehrheit angenommen, aber praktische Wirkung<br />
konnte sie nach der Bethmannschen<br />
Antwort nicht mehr haben.<br />
Heute ist die Situation schlimmer als je.<br />
Weder die Regierungen Rußlands noch<br />
Deutschlands, weder die Frankreichs noch<br />
Oesterreich-Ungarns, weder die Englands noch<br />
Italiens können in jetziger Lage mit einern<br />
Rüstungsbegrenzungsvorschlag herauskommen;<br />
bei den ersten fünf würde man daraus<br />
(nur allzu leicht ein Eingeständnis der<br />
Schwäche herauslesen l England gehört zur<br />
Tripelentente und würde den Staaten des<br />
Dreibundes nicht vorurteilsfrei erscheinen.<br />
Die „Frankfurter Zeitung" hat sich daher<br />
ein Verdienst erworben, als sie an den<br />
neuen Präsidenten der Vereinigten<br />
Staaten die Aufforderung richtete,<br />
seinerseits die Initiative<br />
asur Einberufung einer Abrüstungskonferenz<br />
zu ergreifen.<br />
\Herr Woodrow Wilson würde sich mit einem<br />
solchen Schritt das größte Verdienst um die<br />
Kulturentwicklung der Menschheit erwerben.<br />
Mehr als je ist heute die Stimmung in den<br />
beteüigten Völkern bereit, zur praktischen<br />
Verwirklichung dieses Gedankens zu schreiten.<br />
Es ist nicht zu befürchten, daß eine solche<br />
Konferenz diesmal wieder wie das Hornberger<br />
Schießen ausginge. Bei der Stimmung<br />
in Deutschland, speziell auch im<br />
Reichstag, könnte die deutsche<br />
Regierung sich diesmal nicht auf<br />
den ablehnenden Standpunkt<br />
Stellen. Frankreich würde aufatmen,<br />
wenn es von dem. Alp der<br />
dreijährigen Dienstzeit befreit<br />
würde. Und in Rußland könnte<br />
sich Kaiser Nikolaus nicht selbst<br />
desavouieren, wenn sein vor 15<br />
Jahren gefaßter Gedanke endlich<br />
realisiert würde.<br />
Reinste Vaterlandsliebe ist es, die sich<br />
in dem Wunsch nach internationalen Rüstungsbegrenzungen<br />
ausspricht; aber nicht minder<br />
ist er von realpolitischen Erwägungen diktiert.<br />
Denn die Exzesse des jetzigen Rüstungsfiebers<br />
sind vaterlandsgefährlich; sie<br />
schwächen die Kraft für den Ernstfall.<br />
Die Irrtümer des Militarismus.<br />
Von Richard Gädke,<br />
früher Oberst und Regimentskommandeur.<br />
So bedauerlich es ist, man darf sich keiner<br />
Täuschung darüber hingeben, daß wir einer<br />
neuen Hochflut der Rüstungen mit unwiderstehlicher<br />
Macht zusteuern. Wie einst die<br />
Epidemie des Geißlertüms ganz Europa in<br />
verheerendem Zuge durcheilte, bis endlich der<br />
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Wahnsinn in sich selbst hinstarb, so geht es<br />
jetzt mit der entfesselten Wut der Rüstungen.<br />
Keine menschliche Macht, keine sittliche<br />
Ueberlegung wird ihr Einhalt tun, bis endlich<br />
der Gipfelpunkt erreicht ist; bis alle Völker<br />
und alle Staaten die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit<br />
erreicht haben und dann auf einmal<br />
merken, daß sich in ihrem gegenseitigen<br />
Stärkeverhältnis nichts Wesentliches geändert<br />
hat.<br />
Die menschliche Entwicklung zeigt immer<br />
das gleiche Schauspiel. Wenn etwas Neues an<br />
die Tür des Bestehenden pocht, hat dieses<br />
gewöhnlich den Höhepunkt seiner eigenen<br />
Möglichkeiten noch nicht erreicht. Im Gegenteil!<br />
Das Neue ist notwendigerweise der Feind<br />
des Alten und pflegt dieses zu einer letzten<br />
gewaltigen Kraftanstrengung mit innerer Notwendigkeit<br />
zu zwingen. Ich darf ein nur naheliegendes<br />
Beispiel anführen. Als gegen den<br />
Ausgang des Mittelalters das Schießpulver<br />
seine siegreiche Kraft zu zeigen begann und<br />
der Waffentechnik neue Wege wies, war seine<br />
nächste Folge nicht die Beseitigung der stählernen<br />
Schutzrüstungen, durch die der Einzelkämpfer<br />
seine Unverwundbarkeit, mindestens<br />
seine Ueberlegenheit im Nahkampfe, zu sichern<br />
bestrebt war. Nein, gerade damals wurden<br />
die Panzer immer vollkommener, sie hüllten<br />
die Glieder des Mannes immer dichter und<br />
schwerer ein, sie bedeckten selbst den<br />
Körper des Schiachtrosses bis zu den Knien<br />
abwärts. Die Kunst der Waffenschmiede erreichte<br />
damals ihren Höhepunkt und schuf<br />
bewunderungswürdige Rüstungen, die wir<br />
heute in den Zeughäusern anstaunen als in<br />
ihrer Art herrliche Gebilde von Menschenhand.<br />
Bis sie dann auf einmal als überflüssig und<br />
hinderlich — wahrscheinlich sogar die körperliche<br />
Entwicklung der Menscheit schädigend —<br />
Stück für Stück sanken und schließlich nur<br />
noch stählerner Helm und Brustpanzer für<br />
die schwere Reiterei übrig blieben. Auch sie<br />
jetzt nur noch Prunkstücke für das militärischhöfische<br />
Schauspiel.<br />
In ähnlicher Weise schnüren sich in unseren<br />
Tagen die Völker-Individuen in immer gewaltigere<br />
Kriegsrüstungen ein und verwenden immer<br />
größere Mittel auf den Wettbewerb militärischer<br />
Stärke — Mittel, die sie in Verzweifelter<br />
Anstrengung den Kulturaufgaben und der<br />
friedlichen Behaglichkeit ihrer Einzelglieder<br />
entziehen. Je mehr der pazifistische Gedanke<br />
an Kraft gewinnt, je mehr die Ueberzeugung<br />
in unser sittliches Bewußtsein übergeht, daß<br />
die Einzelnation und der Partikularstaat nicht<br />
den Höhepunkt politischer Entwicklung bilden,<br />
sondern sich als dienende Glieder einzufügen<br />
haben in den lebensvollen Gesamtorganismus<br />
der Menschheit, um so erbitterter bäumt sich<br />
der alte, beschränkte Begriff des Patriotismus<br />
auf gegen den erhabenen Gedanken des Weltbürgertums.<br />
Um so mehr wird der Gedanke<br />
internationaler Solidarität der Kulturwelt als<br />
staatsfeindlich und antipatriotisch beschimpft.