1913 - Det danske Fredsakademi
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September <strong>1913</strong>.<br />
Die vitale Frage.<br />
Zur Montreal-Rede des Lord- Kanzlers Haidane.<br />
In der Eröffnungsansprache, die N i -<br />
colas Murray Butler, der bekannte<br />
Präsident der Columbia-Universität, am<br />
15. Mai 1912 als Vorsitzender der Lake<br />
Mohonk-Konferenz gehalten hat*), sagte er<br />
unter anderem<br />
Die wirklich vitale Frage ist die, ob<br />
die Zeit jetzt gekommen ist, und wenn<br />
nicht, was wir tun können, um ihr<br />
Kommen zu beschleunigen, wo Rassen<br />
und Nationen in der Lage sein werden,<br />
aufzuhören mit dem gegenseitigen Berauben<br />
und gegenseitigen Bedrücken und<br />
miteinander leben als Mitglieder einer<br />
zivilisierten Welt. Mit anderen Worten,<br />
die vitale Frage ist die, wie weit die<br />
Grundprinzipien der Moral,<br />
die wir als Individuen so eifrig<br />
bekennen, auch in unserer korporativen<br />
Eigenschaft Besitz<br />
von uns ergriffen habe n."<br />
Mit dieser „vitalen Frage" hat sich<br />
eingehend der englische Lordkanzler, V i s -<br />
count Haidane, befaßt, als er Ende<br />
August im Auftrage des Königs in Montreal<br />
einen Kongreß amerikanischer und<br />
kanadischer Juristen begrüßte.<br />
Auf diese Rede, die mir eine der bedeutendsten<br />
Dokumente unserer Zeit !zu sein<br />
scheint, nicht nur, weil sie nachträglich<br />
als eine offizielle Kundgebung der Regierung<br />
Großbritanniens bezeichnet wurde,<br />
sondern auch, weil sie im Geiste der<br />
*) Die Rede erschien auch in deutscher<br />
Sprache unter dem, Titel „Der internationale<br />
Geist", Stuttgart 1912. W. Kohlhammer. Veröffentlichungen<br />
des Verbandes für internationale<br />
Verständigung. Heft 1.<br />
pazifistischen Weltbewegung gesprochen<br />
wurde, ist es notwendig, hier des näheren<br />
einzugehen.<br />
Viscount Haidane, der zu Juristen<br />
sprach, ging von der Bedeutung der<br />
Jurisprudenz für das Staatsleben aus. Er<br />
betonte, wie sehr die Entwicklung der Vereinigten<br />
Staaten, Kanadas und Großbritanniens<br />
gerade von hervorragenden Juristen<br />
beeinflußt wurde und wies anschließend<br />
darauf hin, daß dennoch das Gesetz<br />
nur den kleinsten Teil jenes Vorschriften-«<br />
Systems bildet, das das Verhalten des<br />
Staatsbürgers bedingt. In viel höherem<br />
Grade ist dies das Sittlichkeitsbewußtsein<br />
des einzelnen. Von dieser Feststellung<br />
gelangte Haidane zu dem Kernpunkt<br />
seiner Ausführungen durch die von<br />
ihm aufgeworfene Frage: „Wenn dies<br />
innerhalb der Staaten so ist, könnte es<br />
nicht auch zwischen den Staaten<br />
so sein? Können nicht Staaten eine<br />
Gruppe oder eine Gemeinschaft unter sich<br />
bilden, innerhalb welcher die Gewohnheit,<br />
gemeinsamen Idealen zuzustreben, so stark<br />
anwachsen könnte, daß sich ein gemeinsamer<br />
Wille daraus entwickelt, so daß sich<br />
durch die verbindende Macht dieser Ideale<br />
eine zuverlässige Sanktion für ihre gegenseitigen<br />
Verpflichtungen bildet?"<br />
Die günstigen Anzeichen, die zur Bejahung<br />
dieser Frage führen, setzte Haidane<br />
im weiteren Verlauf seiner Rede auseinander.<br />
Er sagte:<br />
1<br />
„Die Welt ist anscheinend noch weit<br />
entfernt von der Abschaffung der Rüstungen<br />
und des Krieges. Doch sind Anzeichen<br />
vorhanden,<br />
der besten<br />
daß bei<br />
Völker<br />
den besten Menschen<br />
allmählich das<br />
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