1913 - Det danske Fredsakademi
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DIE FBIEDENS-^ÖJZTE<br />
als die sogenannten Großmächte. Die<br />
Schweizer zum Beispiel sind ohne Kolonien,<br />
Großmachtpolitik und anderen Djiplomatenunsinn<br />
glücklicher, vaterlandsstolzer und friedliebender<br />
als die Bürger jener Nationen, deren<br />
angeblich „große Ziele" sich für den einzelnen<br />
nur immer durch eine fortwährende Erhöhung<br />
der Steuern fühlbar machen. Was kümmert<br />
den Schweizer (den Norweger, Schweden,<br />
Holländer, Belgier usw.) die Marokkoaffäre,<br />
die Balkankrise und die sonstigen Hinterländer<br />
der Diplomaterei? Er ist frei von Befürchtungen.<br />
Er kann den zwecklosen Kämpfen<br />
der Großmachtfritzen mit glücklicher Verachtung<br />
zusehen. Und dabei entwickeln sich<br />
seine Industrien ebenso gut, seine Reichtümer<br />
nehmen ebenso schnell zu, ja seine Finanzen<br />
sind sogar in besserer Ordnung als die der<br />
Großmächte. Die Bürger dieser Länder sind<br />
ein für allemal frei vom Alpdruck der Großmachtpolitik,<br />
frei vom Alpdruck der Kriegsmöglichkeit.<br />
Ihr unaufhaltsamer Fortschritt<br />
in Industrie und Handel, insonderheit die Zunahme<br />
ihrer Exporttätigkeit, sollte doch nachgerade<br />
auch den Blindesten beweisen, daß<br />
man in unserer Zeit keiner Armeen und Flotten<br />
bedarf, um der Vorzüglichkeit seiner Produkte<br />
auf dem Weltmarkte zum Siege zu verhelfen.<br />
Wählen wir ein noch krasseres Beispiel für<br />
die Zwecklosigkeit der großmächtigen Kriegsrüstungen:<br />
Eben jetzt beklagen sich die Franzosen<br />
sehr lebhaft über die „deutsche Invasion",<br />
das heißt über den ständig zunehmenden<br />
Import deutscher Erzeugnisse. Und Gott weiß,<br />
daß man in Frankreich die „camelote allemande"<br />
nicht liebt. Wenn nun die deutsche<br />
Industrie die französische Konkurrenz im<br />
eigenen Lande trotz der hohen französischen<br />
Zollmauern für gewisse Artikel schlägt, welcher<br />
Esel möchte uns dann wohl beweisen, daß<br />
wir einer schlagfertigen Armee bedürfen als<br />
Voraussetzung und Garantie für die friedlichen<br />
Siege der deutschen Industrie in Frankreich?<br />
Wie, die Franzosen könnten (wenn keine<br />
deutsche Armee bereit stände) die deutsche<br />
Einfuhr einfach durch prohibitive Zölle vernichten<br />
? Und ihr eigener Export nach Deutschland?<br />
Und die im Hintergrund lauernde Revolte<br />
der Volksmassen gegen die dadurch bedingte<br />
Preissteigerung? Unsere Armee ist, wie<br />
gesagt, überflüssig zum Schutze unseres Exports<br />
nach Frankreich. Das gleiche läßt sich<br />
auch für andere Länder nachweisen, wo<br />
„unsere Interessensphären" und Absatzgebiete<br />
angeblich in Gefahr sind.<br />
Wir stolzen Bürger der Großmächte, die<br />
wir mit hohlen Phrasen und diplomatischer<br />
Verlogenheit unser Leben und unseren Geist<br />
vergiften in dem kindlichen Glauben, daß die<br />
Diplomaten einem Bedürfnis entsprechen und<br />
an unserem Glücke arbeiten, wir sollten die<br />
schweizerische Anspruchslosigkeit in Sachen<br />
der Großmachtpolitik als das höhere Glück,<br />
das heißt als die gesündere Kultur beneiden.<br />
An der Schweiz und einigen anderen Klein- m<br />
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Staaten seilen wir sehr deutlich, daß sich die<br />
Lebenskraft, Gesundheit und Entwickiungsfreudigkeit<br />
der Nationen in Wirklichkeit an<br />
ganz anderen Dingen mißt als an Kolonialpolitik<br />
und hochtönendem Geschwätz über<br />
Großmachtstellung, nationale Wehrkraft und<br />
dergleichen. — Ich begehe wahrscheinlich eine<br />
Ketzerei wider den heiligen Geist des Patriotismus,<br />
aber ich sage es offen: Für die Großmachtstellung<br />
Deutschlands bin ich (als guter<br />
Deutscher, wenn ich bitten darf) nicht einmal<br />
bereit, meinen kleinen Finger zu opfern,<br />
denn mein kleiner Finger dient mir zum Abstäuben<br />
der Asche, wenn ich Zigaretten rauche<br />
und ist mir darum dienlicher als Deutschlands<br />
Großmachtstellung.<br />
Ich komme auf mein Thema zurück :<br />
Auch<br />
Frankreich beginnt zu begreifen, was hier<br />
eigentlich Kultur ist: nämlich das Fallenlassen<br />
jenes kostspieligen, verlogenen und gefährlichen<br />
„Bluffs", den wir Großmachtpolitik<br />
nennen. Die wahre Republik, die ehrlich auf<br />
das Allgemeinwohl bedachte Demokratie<br />
braucht weder stehende Heere noch diplomatische<br />
Schwere um ihre Lebenskraft zu beweisen<br />
und ihr Ideal zu verwirklichen. — Das<br />
so überaus fragwürdige und gefährliche Ding,<br />
das wir zum Beispiel heute noch „nationale<br />
Ehre" nennen, wird in einer nahen Zukunft<br />
jeden kriegerischen Eigensinn verlieren müssen.<br />
In dem Maße nämlich, als der einzelne Bürger<br />
zum Verständnis dessen erwacht, was die Dynastien<br />
oder Finanzmenschen eigentlich nationale<br />
Ehre nennen, in dem Maße auch, als die<br />
Beziehungen der Menschen immer internationaler<br />
werden und die Staatsgrenzen immer<br />
stärker im Handel und Wandel der Zeit verwischen,<br />
wird es allmählich unmöglich, sich<br />
dieses Dinges als einer Kriegsursache oder als<br />
Kriterium der menschlichen Glückseligkeit zu<br />
bedienen. Die Republik wird darum aufhören<br />
müssen, mit den im neunzehnten Jahrhundert<br />
geschaffenen Dreipfennigsweisheiten<br />
der Diplomaten noch länger beim Volke hausieren<br />
zu gehen. Heute besteht im französischen<br />
Volke bereits ein instinktiver Wille<br />
zum Frieden und zur Einfachheit der guten<br />
Nachbarschaft, den nur noch die „führende"<br />
Presse zu leugnen wagt und den alle jene<br />
Chauvinisten totschweigen, die mit Patriotismus<br />
und Armeelieferungen ihr Geld verdienen.<br />
Die verjüngte französische Demokratie<br />
wird im zwanzigsten Jahrhundert auf den<br />
Blödsinn der Großmachtpolitik, auf den Wortschwall<br />
der Diplomaten und auf die Fiktion<br />
von der „biologischen" Feindseligkeit der<br />
Rassen verzichten; sie wird als erste Großmacht<br />
ihren „Feinden" die versöhnende Hand<br />
bieten zur gemeinsamen Weiterarbeit an den<br />
Schicksalen der Menschheit.<br />
An uns ist es, den herrschenden deutschen<br />
Imperialismus so zu schwächen, daß er diese<br />
versöhnende Hand annehmen muß. Das ist<br />
keine leichte Aufgabe. Sehr viele Aktienkurse<br />
werden nämlich mit diesem Händedruck herab-