1913 - Det danske Fredsakademi
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DIEFßlEDENS-^ARTE = 3<br />
eingeschränkte Zusammenarbeit gestatten<br />
würde.<br />
Man Iweüde mir nicht ein, daß eine<br />
solche, die Zusammenarbeit ermöglichende<br />
Aussöhnung undurchführbar ist, so lange<br />
bei den Franzosen gerade jene nicht preiszugebende<br />
„Idee" darauf hinausgeht,<br />
deutsche Gebietsteile, die ehedem französisch<br />
;waren, ihrem Staate wieder einzufügen,<br />
und so lange der Gedanke an eine<br />
gewaltsame Wiederherstellung des früheren<br />
Standes der J)jjige jenseits1 der Vogesen<br />
nicht erloschen ist. So liegen ja die Dinge<br />
doch nicht mehr. Frankreich als Ganzes genommen,<br />
nicht als ein unter besonderen politischen<br />
Einflüssen stehendes Segment,<br />
Frankreich nicht nach den Bewegungen be-<br />
urteilt, die gerade der Tag mit sich bringt,<br />
sondern, zusammenfassend betrachtet, niach<br />
seiner 42 Jahre hindurch beobachteten Währung<br />
des Friedens, hat, ebenso wie Dielbrück<br />
es richtig von demj Weifenprinzen voraussetzt,<br />
„auf die praktische Verwirklichung<br />
der Restaurationspläne" seit langem verzichtet.<br />
Nicht auf die Idee; wohl aber auf<br />
ihre Verwirklichung durch die Gewalt. Wer<br />
die letzten zehn bis fünfzehn Jahre des französischen<br />
öffentlichen Lebens in Presse, Literatur<br />
und im Parlament verfolgt hat, wird<br />
dies nicht bestreiten können. Von jedem<br />
ernsthaften französischen Politiker wird es<br />
unumwunden ausgesprochen, daß man an<br />
eine kriegerische Lösung des Konfliktes<br />
nicht mehr denkt, nicht denken kann; weil<br />
man mittlerweile erkannt hat, daß ein Krieg<br />
im modernen Europa, selbst wenn er siegreich<br />
wäre, in solchem! Konflikte keine<br />
Lösung, höchstens eine Verschiebung bringen<br />
würde. Diese Anschauung haben 42<br />
Jahre deutsch-französischer Geschichte und<br />
letzten Endes die Entwicklung der Dinge<br />
in Elsaß-Lothringen selbst bestätigt.<br />
Wenn die Haltung Frankreichs Deutschland<br />
gegenüber noch immer gegnerisch ist,<br />
wean der Rüstungswettbewerb zwischen<br />
beiden Staaten auf der französischen Seite<br />
den Anschein erweckt, als rechnete man<br />
dort doch noch mit einer gewaltsamen<br />
Restauration, so liegt dieser Anschauung<br />
eine Verkennung der wirklichen Ursachen<br />
zugrunde. Die Gegnerschaft zwischen den<br />
beiden Völkern ist nämlich geblieben und<br />
nährt sich dauernd aus den wechselseitigen<br />
gegnerischen Handlungen, während die Ursache<br />
der Gegnerschaft schon längst durch<br />
den Einfluß der Zeit stark verblaßt ist.<br />
Wie das Licht mancher Sterne Jahrtausende<br />
braucht, bis es unseren Planeten erreicht,<br />
402<br />
so daß es vorkommen kann, daß unser Auge<br />
das glänzende Funkeln ferner Welten erst<br />
wahrnimmt, wenn diese schon längst erloschen<br />
sein mögen, so wirkt die längst in<br />
ihrer Wirklichkeit abgeschwächte Ursache<br />
jener Gegnerschaft noch immer auf das<br />
heutige deutsch-französische Verhältnis ein,<br />
wo durch den unversöhnlichen Schein und<br />
nicht mehr durch das reale Sein der Dingo<br />
das Schicksal zweier Völker bestimmt wird.<br />
Jahrzehntelang hat man sich auf beiden<br />
Seiten der Vogesen die Köpfe darüber<br />
zerbrochen, wie es möglich wäre, die<br />
trennende Kernfrage zwischen den beiden<br />
Völkern zu lösen, um zu einer Arbeitsgemeinschaft<br />
zu gelangen. Schon vor zwanzig<br />
Jahren habe ich meiner Schrift über<br />
„Elsaß-Lothringen und der Krieg" ein Wort<br />
Renans als Motto vorangesetzt, das da<br />
lautet: „Wie viele Fragen der Geschichte<br />
des armen, Menschengeschlechts wollen dadurch<br />
gelöst sein, daß man sie nicht löst.<br />
Nach Verlauf von etlichen Jahren ist man<br />
ganz überrascht, daß die Frage gar nicht<br />
mehr vorhanden ist." Meine Ueberzeugung<br />
Ivon der Richtigkeit dieses Satzes hat sich<br />
in den Jahrzehnten nicht geändert. Sie ist<br />
durch die Entwicklung, die die Dinge<br />
zwischen Frankreich und Deutschland genommen<br />
haben, nur gestärkt worden. Sie<br />
hat sich in der Weifenfrage neuerdings als<br />
wahr erwiesen. Die trennende Frage steht<br />
Zwar noch immer zwischen Deutschland und<br />
Frankreich, aber die Zeit hat sichtlich ihr<br />
Wesen geändert, und wahrscheinlich wäre<br />
sie überhaupt schon ganz verschwunden,<br />
wenn man nicht auf beiden Seiten den<br />
Fehler begangen hätte, sie — jeder Staat)<br />
in seiner Art — „lösen" zu wollen. Das<br />
• Programm der Zukunft muß darin bestehen,<br />
jenen Fehler zu vermeiden. Man<br />
muß aufhören, dem konkreten Streit direkt<br />
zu Leibe gehen' zu wollen. Solange dies<br />
nicht geschieht, kommen wir aus dem fehler^<br />
haften Zirkel nicht heraus. Es ist nicht<br />
möglich, über einen Konflikt hinwegzukommen,<br />
solange die feindselige Gegnerschaft<br />
besteht, die aus jenem Konflikt<br />
hervorgegangen ist, und solange diese<br />
Gegnerschaft aus den täglichen Reibereien<br />
heraus sich fortwährend erneuert.<br />
Der konkrete Konflikt wird sich<br />
ganz von selbst lösen, wenn man über ihn<br />
hinweg zu der oben bereits angedeuteten<br />
Zusammenarbeit auf wirtschaftlichem und<br />
kulturellem Gebiete gelangt. Die Atmosphäre<br />
der Verständigung, die aus solcher<br />
Gemeinschaft entstehen muß, wird selbst-