1913 - Det danske Fredsakademi
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de ßeaufort: Ich hoffe es!<br />
Frhr. v. Dungern: Ja — wenn auch kaum<br />
in viel stärkerem Maße als Lebens- und Ehrenfragen<br />
der Völker zunehmend in die Abhängigkeit<br />
internationaler ökonomischer Interessen geraten.<br />
Jedenfalls scheint es mir zweifellos,<br />
daß die Weltwirtschaft zunehmend internationales<br />
Recht und friedliche Durchführung<br />
solchen Rechts verlangt.<br />
Ebers: Ja, aber noch nicht so bald!<br />
Erich: Meiner Ueberzeugung nach werden<br />
ihr in einer nicht entfernten Zukunft auch<br />
manche als Ehren- und Interessenfragen zu<br />
bezeichnende Fragen überwiesen werden. Die<br />
Errichtung der Cour de justice arbitrale dürfte<br />
der Entwicklung in dieser Richtung "Vorschub<br />
leisten, ihre Existenz gewissermaßen einen<br />
moralischen Zwang auf die Regierungen ausüben.<br />
Jlir. van Eysinga: Ja, soweit es keine<br />
„unsettled" Teile der Erde mehr gibt, wie z. B.<br />
den Balkan, und verausgesetzt, daß die Schiedsgerichtsbarkeit<br />
immer erst in zweiter Linie<br />
kommt, also erst, wenn der diplomatische Weg<br />
versagt hat ; für viele Interessenfragen ist ja die<br />
diplomatische Lösung, so wie 1904 zwischen<br />
Frankreich und Großbritannien und 1911<br />
zwischen Frankreich und Deutschland, die beste.<br />
Giese: Nein! Das ist praktisch völlig undurchführbar.<br />
Mit welchen Mitteln soll das<br />
im konkreten Falle durchgesetzt werden?<br />
Heilborn: Ja, wenn man ausschließlich auf<br />
Staaten abstellt, welche ihrer geographischen<br />
Lage halber einen Krieg miteinander nicht<br />
führen können, wie Portugal und die Schweiz.<br />
Im übrigen wird es immer Völker geben, welche<br />
nach der Maxime handeln: „nichtswürdig ist<br />
die Nation, die nicht alles setzt an ihre Ehre."<br />
Frhr. Hold v. Ferneck: Ob es jemals dazu<br />
kommen wird, daß die Staaten über ihre Ehre<br />
und ihre Lebensinteressen Schiedsrichter urteilen<br />
lassen, ist eine Frage, welche die Wissenschaft<br />
heute nicht beantworten kann. Ich<br />
glaube nicht, daß sich eine internationale<br />
Organisation willkürlich schaffen läßt.<br />
Vielleicht ergibt sich einmal, in ferner Zukunft,<br />
eine auch das politische Gebiet erfassende<br />
Solidarität der Interessen der Staaten.<br />
Dann wird sich die Organisation wohl von<br />
selbst herausbilden. Ich halte es für müßig,<br />
sich heute darüber den Kopf zu zerbrechen.<br />
Huber : Wenn die Rechtsidee im Völkerleben<br />
weitere Fortschritte macht und namentlich das<br />
Gewissen der öffentlichen Meinung in internationalen<br />
Angelegenheiten geschärft wird, wird<br />
die sogenannte Interessen- und Ehrenklausel<br />
in den Verträgen nur da angerufen, wo wirkliche<br />
Lebensinteressen des Staates auf dem<br />
Spiele sind. Aber eine bedingungslose generelle<br />
Unterwerfung unter eine Gerichtsbarkeit ist für<br />
einen unabhängigen Staat weder rechtlich noch<br />
politisch möglich.<br />
de Jong: Mit dem Erstarken der internatonalen<br />
Organisation, und dem dadurch wachsenden<br />
gegenseitigen internationalen Zutrauen,<br />
werden Ehrenfragen selten oder nie vorkommen.<br />
Jede „Interessenfrage" ist immer auch einer<br />
Rechtsentscheidung fähig, wie ich auseinandergesetzt<br />
habe in „Die Fortbildung der internationalen<br />
Schiedsgerichtsbarkeit" („Jahrbuch<br />
des Völkerrechts <strong>1913</strong>). Wo es also keine reinen<br />
Interessenfragen gibt, wird in Zukunft, bei der<br />
fortschreitenden Entwicklung des interna-<br />
DIE FRI EDENS -WARTE<br />
tionalen Rechtsempfindens, jede Meinungsverschiedenheit,<br />
die nicht auf diplomatischem<br />
Wege gelöst werden kann, der Schiedsgerichtsbarkeit<br />
unterworfen werden.<br />
Kaufmann: Für die friedliche Entwicklung<br />
der internationalen Beziehungen der Völker ist<br />
insbesondere erforderlich, entsprechend der Entwicklung<br />
und den Bedürfnissen der weltwirtschaftlichen,<br />
Weltverkehrs- und weltsozialen<br />
Verhältnisse die Völkerrechtsordnung auszubauen<br />
und zu vertiefen, wobei dieselbe<br />
nicht mehr vor den Staaten als geschlossenes<br />
Ganzes halt machen kann, sondern immer<br />
häufiger und vielfältiger mit ihren Regelungen<br />
in dieselben hinein unmittelbar auf die Verhältnisse<br />
der Individuen und auf funktionelle<br />
Betätigungen<br />
strecken muß.<br />
von Staatsorganen usw. sich er-<br />
In organisatorischer Hinsicht halte ich für<br />
die friedliche Entwicklung die Ausbildung und<br />
Kräftigung der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit<br />
hochwichtig. Aber auch mancherlei<br />
andere Verfahrensweisen, Organisierungen und<br />
Organbildungen werden dem Zwecke dienstbar<br />
femacht werden können und müssen, die großen<br />
nteressenkonflikte, welche von Zeit zu Zeit<br />
im Leben der Völker auftauchen, je länger<br />
je mehr in friedlichem Wege zu einem gerechten,<br />
auch der Entwicklung Rechnung tragenden<br />
Ausgleich zu bringen. Ob dafür immer<br />
gerade ein Verfahren vor einem internationalen<br />
Schiedsgericht sich als am geeignetsten erweisen<br />
wird, erscheint mir problematisch.<br />
Kohler: Ja!<br />
Laband: Man kann nicht sagen, daß dies<br />
ausgeschlossen ist. Aber ich halte es für lange<br />
Zeit noch für unwahrscheinlich.<br />
La Fontaine: Meiner Ansicht nach können<br />
alle Fragen der Ehre (soweit solche überhaupt<br />
bestehen) und der Lebensinteressen dem Urteil<br />
von Schiedsrichtern urterworfen werden, und<br />
zwar unter ähnlichen Bedingungen wie die<br />
zwischen Privatpersonen entstehenden Streitigkeiten.<br />
Ich bin also überzeugt, daß die Anrufung<br />
der Schiedsrichter sich auf diese Fragen<br />
ebenso wie auf alle anderen erstrecken wird.<br />
Lammasch : Regelmäßig<br />
ja! Gewisse<br />
Ausnahmen werden aber wohl stets bleiben.<br />
de Louter: Nein!<br />
Marburg: Der Haager Hof hat sich mit<br />
politischen und rechtlichen Streitigkeiten beschäftigt.<br />
Er ist berechtigt, sich mit jeder<br />
Frage zu befassen, die ihm die Streitteile unterbreiten.<br />
Meurer: Nein. Die Fragen der Selbsterhaltung<br />
nie. In Fragen der Ehre kann man<br />
sich zwar vor dem Urteilspruch der Gerechtigkeit<br />
beugen. Aber man schädigt nur den<br />
Friedensgedanken, wenn man in aufdringlicher<br />
Weise schlechthin jeden Ausweg versperren<br />
will. Das sind besonders heikle Fragen, die<br />
keine allgemeine Lösung vertragen und besser<br />
frei von Obligationen bleiben.<br />
Neubecker: Das scheint mir das Ziel der<br />
Entwicklung zu sein.<br />
Nippold: Regelmäßig wohl kaum, aber dies<br />
ist auch nicht nötig, da wir neben der Schiedssprechung<br />
noch die Vermittlung und die Untersuchungskommissionen<br />
haben.<br />
Odier: Ich bin davon überzeugt, daß sich<br />
im Laufe der Jahre das Tätigkeitsfeld des<br />
Haager Hofes immer mehr ausbreiten, und daß<br />
er ganz von selbst Fragen der Ehre und der<br />
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