1913 - Det danske Fredsakademi
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DIE Fß!EDENS-WAQTE<br />
gedanken vergessen und sich mit der Geschichte<br />
abfinden müsse.<br />
Ich werde gegen die neuen Vorlagen<br />
stimmen, weil eine Bedrohung in ihnen liegt.<br />
Jawohl, wir müssen den Mut haben, es<br />
klar auszusprechen : In der nimmersatten<br />
Rüstungspolitik des deutschen Kaiserreichs<br />
liegt eine Bedrohung der anderen Völker.<br />
Unter allen europäischen Großmächten hat<br />
Deutschland seine Rüstungen am herausforderndsten<br />
betrieben. Von 1883 bis 1912<br />
haben unsere Rüstungsausgaben um 1144<br />
Millionen zugenommen, das heißt um 227 o/o.<br />
Im' gleichen Zeitraum erhöhte England seine<br />
Rüstungen um 153 o/o, Rußland um 114,8 o/ ,<br />
Oesterreich-Ungarn um 111,9%, Italien um<br />
108,6 o/o und Frankreich<br />
Frankreich der Revanche)<br />
(das gefürchtete<br />
um 70,2 o/ . Diese<br />
Ziffern und Statistiken beweisen unwiderlegbar,<br />
daß wir den Rekord in der Erhöhung<br />
der Rüstungen besitzen, und ich finde nicht,<br />
daß dies unserem Volke zur Ehre gereicht.<br />
Im Gegenteil: Ich beklage diese zwecklose<br />
Kraftleistung aus ganzem Herzen, denn sie<br />
ist schuld daran, daß wir seit langem das<br />
Mißtrauen der ganzen Welt erregen, daß<br />
wir die anderen Völker immer wieder zu<br />
Gegenmaßregeln zwingen, daß der Chauvinismus<br />
hüben und drüben nicht sterben<br />
will und daß wir daher vorläufig noch immer<br />
nicht zu einer offenen und freien Aussprache<br />
mit unseren Nachbarn gelangen können.<br />
Ich werde keinen Pfennig für neue<br />
Rüstungsausgaben bewilligen, weil meine<br />
Vaterlandsliebe mehr als eine eingelernte<br />
Phrase ist. Die Gefahr ist nicht außerhalb,<br />
sie ist innerhalb. Nicht die Franzosen bedrohen<br />
uns, nicht die Russen und nicht die<br />
Engländer.<br />
zufriedene<br />
Uns bedroht unsere<br />
und hungrige Nation.<br />
eigene un-<br />
Denn die<br />
deutsche Nation hungert, bildlich und buchstäblich<br />
: Unser Volk beginnt Hundefleisch<br />
zu essen. Wir haben kein Geld für unsere<br />
Veteranen. Unsere Arbeiterschutzgesetzgebung<br />
ist ungenügend; im Vergleich zu<br />
dem, was andere Nationen geschaffen haben,<br />
ist sie eine Karikatur. Unsere Schulen sind<br />
teuer, unmodern und überfüllt. Mit einem<br />
Wort: Wir haben, trotzdem der deutsche<br />
Bürger die höchsten Steuern zahlt, kein Geld<br />
für Kulturaufgaben. Nein, protestieren Sie<br />
nicht : die Franzosen sind nicht mehr die<br />
höchstbelastete Nation. Mit dem1 Rekord<br />
der höchsten Rüstungsausgaben<br />
halten wir seit einigen<br />
Jahren auch den Rekord der höchsten<br />
Steuerbelastung pro Kopf<br />
der Bevölkerung. — Und welches Elend<br />
auch in unserem Volkshaushalt : Unsere Industrie,<br />
der Stolz unserer Nation, arbeitet<br />
allzu stark mit Kredit statt mit Geld. Der<br />
für den Handel so unentbehrliche Bankdiskont<br />
ist darum beständig teurer als<br />
anderswo. Unsere Staatspapiere sind billiger,<br />
das heißt wertloser als die anderer Staaten.<br />
130<br />
:3<br />
Die Aufnahme neuer Staatsanleihen ist<br />
außerordentlich schwierig. Unsere Banken<br />
bieten bis 8 o/ für bares Geld. Und so fort.<br />
— Ich sage nicht, daß Deutschland arm ist,.<br />
aber ich sage : Es hat Hunger und ist geniert<br />
in seiner Entwicklung. Unter dem<br />
Druck des Rüstungspanzers kann es nicht<br />
mehr recht Atem holen. — Und nun wollen<br />
Sie unserer Germania das beengende Eisenkorsett<br />
nicht nur nicht öffnen, sondern Sie<br />
wollen es noch fester schnüren ? Wenn ein-<br />
Arzt einen gesunden, entwicklungsfreudigen<br />
Menschen zu seinem Vergnügen zu.<br />
einer Operation überreden möchte, dann<br />
würden Sie gewiß sagen, er sei wahnsinnig<br />
oder übermütig. Unsere Regierung<br />
aber gleicht diesem Arzt, wenn sie<br />
mitten im Frieden, das heißt ohne zwingenden<br />
Grund, eine Milliarde von der Nation<br />
verlangt und sie mit einer Besitzsteuer zu<br />
decken vorschlägt. Selbst als Frankreich<br />
1871 fünf Milliarden an den deutschen Sieger<br />
zu zahlen hatte, war keine solche direkte<br />
Besteuerung notwendig. Ich sage: diese Besitzsteuer<br />
ist ein Frevel an der Vaterlandsliebe<br />
unseres Volkes, und wenn Sie diesen<br />
Frevel gutheißen, dann greifen Sie damit an><br />
die wichtigsten Atmungsorgane der Nation.<br />
Gewiß : sie würde diese schmerzhafte Operation<br />
überstehen, aber sie würde nachher<br />
noch kranker und kurzatmiger sein als heute.<br />
Denn mit einer solchen Steuer zwingen Sie die<br />
Industrie, den Handel t:nd unsere gesamte<br />
Volkswirtschaft zu einem immer gefährlicheren<br />
Kreditspiel; Sie untergraben die<br />
Unternehmungslust, denn wer will noch in<br />
einem Staate viel Geld verdienen, wo man<br />
um so mehr zahlt, je mehr man besitzt und<br />
verdient ? Sie treiben damit unsere ohnehin<br />
schon so spärlichen Kapitalverfügbarkeiten,<br />
unsere beweglichen Werte, unsere<br />
vitalsten Energien und Intelligenzen ins Ausland<br />
und entwerten den deutschen Kredit<br />
auf den Weltmärkten. Was aber wohl das<br />
gefährlichste dabei ist: Sie vergrößern den<br />
Abstand zwischen Volk und Regierung und<br />
erwecken die Gefahr, daß sich in einer nahen<br />
Zukunft die gärende tiefe Unzufriedenheit<br />
der Hundefleischesser und freudlosen Proletarier<br />
gewaltsam Luft macht.<br />
Ich werde niemals für neue Militärvorlagen<br />
stimmen, denn nach einem flüchtigen<br />
Studium der Börsenkurszettel habe ich festgestellt,<br />
daß in Wirklichkeit nur eine Handvoll<br />
mächtiger Kapitalisten aus diesen<br />
Rüstungsausgaben Gewinn zieht. Diese Kapitalisten,<br />
die kaltblütig bereit sind, ihre<br />
Dividenden mit dem Patriotismus der Massen<br />
zu erhöhen, besitzen die Mehrzahl der Aktien<br />
der Kanonenindustrie. Sie haben gut von<br />
einer Besitzsteuer reden, denn das, was sie<br />
auf der einen Seite ausgeben, wird auf der<br />
anderen doppelt und dreifach durch die Erhöhung<br />
ihrer Börsenwerte wieder hereingebracht.<br />
Vergleichen Sie, meine Herren.,