1913 - Det danske Fredsakademi
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@s DIE FRIEDEN5 -WARTE<br />
jeder andere menschliche Fortschritt, der<br />
Weg zum internationalen Fortschritt ein dornenvoller<br />
und mühseliger sei. Man benötigt<br />
Mut, Geduld und vor allen Dingen viel Klugheit,<br />
um ihn bis ans Ende zu gehen.<br />
Daher das kluge Mißtrauen des Gelehrten<br />
gegen absolute Doktrinen, die, weil sie sich<br />
allzusehr von der Wirklichkeit entfernen, Gefahr<br />
laufen, die Ueberzeugung zu erschüttern<br />
und dem Geist eine falsche Richtung geben.<br />
Daher der große Sinn für Versöhnlichkeit<br />
des offiziellen Ratgebers und Vertragsbevollmächtigten,<br />
der stets bereit ist, die verschiedensten<br />
Meinungen gelten zu lassen,<br />
sie ohne Vorurteil zu prüfen, ihnen — nötigenfalls<br />
— das notwendige Verständnis entgegenzubringen,<br />
um wünschenswerte Uebereinstimmung<br />
zu ermöglichen. Daher endlich<br />
die Sorge des Richters, der berufen wird,<br />
leidenschaftliche Konflikte zu lösen, die<br />
Schärfe des Rechts durch die Empfindlichkeit<br />
schonende Konzessionen zu mildern, um<br />
die Beziehungen harmonischer zu gestalten.<br />
Die Ideologen sind vielleicht versucht,<br />
diese Klugheit für Lauheit anzusehen, die<br />
den Fortschritt aufhält oder verlangsamt. In<br />
Wirklichkeit ist aber diese Klugheit die<br />
sicherste Gewähr des Fortschritts in einer<br />
aus Nationen verschiedener Rasse, Zivilisation<br />
und Gebräuche gebildeten Gesellschaft.<br />
Die Dauer eines zu errichtenden<br />
Baues hängt vor allem von dem Umfang und<br />
der Solidität ihrer Fundamente ab ; die an<br />
ihrer Legung arbeiten, verdienen daher die<br />
Dankbarkeit der Menschheit.<br />
Von diesem Geiste durchdrungen, verurteilt<br />
Prof. Renault die gefährlichen Uebertreibungen<br />
einzelner Pazifisten : so die voreilige<br />
Kodifikation des Völkerrechts, weil die<br />
Sitten der Völker ohne eine eingehende <strong>Det</strong><br />
eilarbeit zweckmäßig nicht textlich festgelegt<br />
werden könnten; so das integrale und<br />
obligatorische Schiedsgericht, weil diese Einrichtung,<br />
deren Anwendung durch die Domäne<br />
des Rechts selbst geboten erscheint,<br />
kein Zweck, sondern ein Mittel ist; so<br />
die Abrüstung, weil, so wünschenswert diese<br />
Maßnahme auch sei, sie nur die Folge einer<br />
auf Recht gegründeten internationalen Organisation<br />
sein könnte; so endlich und hauptsächlich<br />
den Antipatriotismus, weil durch die<br />
Konstruierung eines Widerspruches zwischen<br />
der internationalen Idee und der des Vaterlandes,<br />
von der ersten alle jene entfernt<br />
werden, die am Vaterlande mit ganzer Seele<br />
hängen. Da der Internationalismus auf der<br />
Achtung vor der Freiheit und der Würde<br />
jedes Staates beruht, so ist derjenige unwürdig,<br />
sich internationaler Bürger zu nennen,<br />
der damit beginnt, seinem eigenen Lande<br />
diese Achtung zu versagen.<br />
Viel mehr aber als alle Worte predigt<br />
das Beispiel Prof. Renaults selbst diese<br />
Wahrheit: indem er Frankreich diente, hat<br />
er am' besten allen anderen Nationen s:e-<br />
dient, und seine Hingebung an dieses Land<br />
war immer um so größer, als er wußte, daß<br />
im letzten Grunde auch die anderen Völker<br />
daran teilhaben würden.<br />
Das ist sicher nicht das geringste seiner<br />
Verdienste, die ihm die Verehrung der ganzen<br />
Welt einbrachten. Seine Rüstigkeit läßt uns<br />
hoffen, daß er noch lange Jahre seine<br />
ausgezeichnete Tätigkeit zugunsten der<br />
Wissenschaft und der Menschheit wird weiter<br />
entfalten können. Dies ist — zu seinem<br />
70. Geburtstag — der herzliche Wunsch<br />
aller, die das Höchste darin erblicken, Beziehungen<br />
der Gerechtigkeit und des Friedens<br />
zwischen den Nationen sich entwickeln zu<br />
sehen.<br />
IL<br />
Albert Gobat.<br />
1843 - 21. Mai — <strong>1913</strong><br />
Von Chr. L. Lange,<br />
Generalsekretär der Interparlamentarischen Union<br />
in Brüssel.<br />
Es wird allen, die ihn kennen, unglaublich<br />
scheinen, daß Albert Gobat jetzt<br />
die „Jahre des Staubes" erreicht: es ist an<br />
ihm so wenig Verstaubtes; er hat so gar<br />
nicht das Gepräge des alternden Mannes.<br />
Seine rüstige Gestalt, sein kräftig gebauter<br />
Körper, der nichts Schwerfälliges an sich hat,<br />
sein noch schwarzes Haar, das von der Stirn<br />
wie eine \Flamme emporstrebt — das alles<br />
widerspricht dem Zeugnis seines Geburtsscheines.<br />
Es läßt uns auch hoffen, daß Gobat<br />
zu der schon stattlichen Reihe von Friedensfreunden<br />
gehören wird, die uns bis an die<br />
achtziger und neunziger Jahre erhalten geblieben<br />
sind, wie die abgeschiedenen Passy,<br />
Hodgson, Pratt, Cremer und Beernaert<br />
oder die uns noch erhaltenen Labiche und<br />
Houzeau de Lehaie.<br />
Albert Gobat hatte schon eine rege öffentliche<br />
Tätigkeit hinter sich, als er im Jahre<br />
1891, 48 Jahre alt, sich der Friedensbewegung<br />
anschloß. Als ganz junger Advokat<br />
hatte er sich in seiner Heimat, dem bernischen<br />
Jura, besonders der Entwicklung des<br />
Unterrichtswesens gewidmet. Noch nicht 40<br />
Jahre alt, war er in den Großen Rat des<br />
Kantons Bern gewählt worden, und übernahm<br />
gleichzeitig auch hier die Leitung des Unterrichtsdepartements.<br />
Schwere Kämpfe hatte er<br />
hier zu bestehen wider eingewurzelten Konservatismus<br />
und faule Trägheit. Aber der Widerstand<br />
steigerte nur seine rücksichtslose Energie<br />
und er konnte, als er nach fünfundzwanzig Jahren<br />
die Leitung des Unterrichtswesens niederlegte,<br />
stolz auf die Ergebnisse seines Wirkens<br />
sein. Die Berner Universität hat während<br />
dieser Jahre ihren hohen wissenschaftlichen<br />
Ruf, namentlich auf dem medizinischen Gebiete,<br />
erworben, und die Primärschule hat<br />
namhafte Fortschritte gemacht, besonders<br />
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