1913 - Det danske Fredsakademi
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DIE FRIEDENS -^MMiTE<br />
1<br />
Verlangen nachläßt, in einer lediglich,<br />
von egoistischen Forderungen erfüllten<br />
Welt zu leben und bei jeder Gelegenheit<br />
das Dictum „Alles eins , ob Recht oder Unrecht,<br />
es ist mein Vaterland", zu verkünden.<br />
Die Grausamkeiten des Krieges sind<br />
gemildert worden, und wenn die Praxis<br />
auch der Theorie nicht immer entspricht,<br />
so begegnet der große Grundsatz, daß die<br />
Staaten ihren Nachbarn gegenüber Pflichten<br />
sowohl wie Rechte haben, keinerlei<br />
ernstere Widerlegung. Dies aber ist<br />
der Geist, der sich mit der Zeit<br />
zu einer vollen internationalen<br />
Sittlichkeit entwickeln dürfte."<br />
Auf die verschiedenen europäischen<br />
Gruppensysteme näher eingehend, wies Paldane<br />
auf die letzten Ereignisse in Europa<br />
hin. ,,Die Weise," fuhr er fort, „in der<br />
die Großmächte zur Erhaltung des Friedens<br />
zusammengewirkt haben, als ob sie eine<br />
Gemeinschaft bildeten, deutet<br />
auf die ethischen Möglichkeiten<br />
des Gruppensystems hin, das deshalb<br />
eines ernsten Studiums der Staatsmänner<br />
wie der Gelehrten wohl wert wäre.<br />
Jene Sittlichkeit, die sich zwischen den<br />
Völkern oder zwischen einer nur locker<br />
verbundenen Gruppe entwickeln kann,<br />
scheint mir eine Sanktion für<br />
internationale Verpflichtungen<br />
in Aussicht zu stellen, die, soweit<br />
mir bekannt, bisher die Aufmerksamkeit in<br />
Verbindung mit dem Völkerrecht nicht auf<br />
sich gezogen hat."<br />
Diese letzte Bemerkung läßt erkennen,<br />
daß dem englischen Staatsmann, als<br />
er jene Rede hielt, die Aeußerungen seines<br />
großen amerikanischen Kollegen, des ehemaligen<br />
Staatssekretärs Eli hu Root,<br />
nicht bekannt waren, der in seiner denkwürdigen<br />
Rede vom Jahre 1908 über „Die<br />
Sanktion des internationalen Rechts"*) die<br />
gleiche Auffassung zum Ausdruck brachte.<br />
Auch er führt den Gedanken aus, daß das<br />
sittliche Verhalten der Bürger im Staate<br />
nicht in erster Linie durch das Gesetz bewirkt<br />
wird. „Es ist ein Irrtum," heißt<br />
es dort, „zu behaupten, daß die Sanktion,<br />
welche den Gesetzen des Staates die Befolgung<br />
sichert, ausschließlich oder hauptsächlich<br />
in den Bußen oder Strafen besteht,<br />
welche vom Gesetz selber für seine Ver-<br />
*) Präsidial-Ansprache vor der Amerikanischen<br />
Gesellschaft für Völkerrecht. Deutsche<br />
Uebersetzung. Berlin 1908. Verlag von Bernhard<br />
Sinnon Nf.<br />
322<br />
letzungen vorgesehen sind. Es sind nur<br />
Ausnahmefälle, in denen die Menschen vor<br />
dem Verbrechen zurückschrecken aus<br />
Furcht vor Geld- oder Gefängnisstrafe. In<br />
der großen Mehrzahl der Fälle scheuen<br />
die Menschen ein kriminelles Verhalten,<br />
weil sie in der Gemeinschaft, in der sie<br />
leben, nicht die öffentliche Beurteilung oder<br />
Schande erleiden wollen, welche auf eine<br />
Nichtachtung der Grundsätze des von dieser<br />
Gemeinschaft für ihre Mitglieder vorgeschriebenen<br />
Verhaltens folgen würden."<br />
Und auch Elihü Root gelangt von<br />
dieser Erkenntnis zu Schlüssen für die<br />
internationale Moral, indem er weiter ausführt:<br />
„Für die große Masse der Menschheit<br />
empfangen die von der bürgerlichen<br />
Gesellschaft geschaffenen Gesetze ihre<br />
Wirksamkeit direkt durch die Macht der<br />
öffentlichen Meinung, welche als die Sanktion<br />
für ihre Urteile die Verweigerung<br />
alles dessen in der Hand hat, was die<br />
Menschen im Leben erstreben. Und die<br />
Regeln des Völkerrechts empfangen<br />
ihre Wirksamkeit durch<br />
ganz dieselbe Art von Sanktion,<br />
die allerdings weniger sicherer und gebieterisch,<br />
aber in beständigem Wachstum<br />
wirkungsvoller Kontrolle begriffen ist..."<br />
Man sieht, hier ist der gleiche Gedanke<br />
ausgedrückt wie bei Haldane, und<br />
es ist daher nicht uninteressant, die Begründungen<br />
des Amerikaners weiter zu verfolgen<br />
: „Früher begnügte sich jede einzelne<br />
Nation," so fährt er fort,, „mit ihrer eigenen<br />
1<br />
Meinung von sich selber und war gleich-<br />
gültig gegen die Meinung der anderen. Getrennt<br />
von allen anderen durch gegenseitige<br />
Unkenntnis und Mißbeurteilung zog sie nur<br />
die physische Macht der anderen Nationen<br />
in Betracht. . . . Gegenwärtig<br />
jedoch' kann<br />
man klar die Dauerwirkungen eines Entwicklungsprozesses<br />
erkennen, welcher der<br />
Isolierung der Nationen ein Ende macht.<br />
Indem er jedes Land mit besserer Erkenntnis<br />
und besserem Verständnis von jedem<br />
•anderen Lande durchdringt und durch die<br />
ganze Welt die Kenntnis des Verhaltens<br />
jeder Regierung als eine Grundlage für<br />
Kritik und Urteil verbreitet, wird allmählich<br />
eine Gemeinschaft von Nationen<br />
geschaffen, in Welcher Grundsätze<br />
des Verhaltens aufgestellt werden und eine<br />
weltweite öffentliche Meinung die Nationen<br />
in Uebereinstimmung erhält oder Wegen<br />
Mißachtung der festgestellten Grundsätze<br />
verurteilt. ... Es gibt zurzeit kein zivilisiertes<br />
Land, welches für diese gemein-