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1913 - Det danske Fredsakademi

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April <strong>1913</strong>.<br />

Seit meiner Kindheit heißt es: „Im<br />

Frühjahr geht's los!" Seit mehr als vierzig<br />

Jahren kartet die Menschheit von 1900<br />

auf den von den Priestern des Militarismus<br />

angekündigten europäischen Krieg nach<br />

der Schneeschmelze, wie die Menschheit um<br />

das Jahr 1000 auf den Weltuntergang. In<br />

diesem Winter unseres Mißvergnügens, der<br />

den Aufbruch jenes Geschwüres sah, auf<br />

den die hohe Politik und mit ihr die niedere<br />

öffentliche Meinung seit einem halben Jahrhundert<br />

mit Bangen wartete, glaubten die<br />

Feuerschlucker Europas, daß die Zeit wirklich<br />

schon gekommen sei, wo ihre Prophezeiung<br />

in Erfüllung gehen müsse. Die Heere<br />

zweier europäischer Großmächte standen<br />

sich kriegsbereit hart an den Grenzen<br />

gegenüber. Jeder Tage brachte neuen Zündstoff,<br />

neue Verwicklungen, neue Befürchtungen<br />

; aber die Millionen Gewehrläufe<br />

blieben ungeschwärzt. Für die überkommene<br />

politische Auffassung etwas ganz Unbegreifliches.<br />

Statt den Versuch zu machen,<br />

das Unbegreifliche zu ergründen, vertagte<br />

man Hoffnung und Befürchtung auf das<br />

Frühjahr, auf die Schneeschmelze. Das ist<br />

an sich ein altfränkischer Gedanke. In<br />

jenen Zeiten, wo kriegerische Auseinandersetzungen<br />

noch mit einer gewissen Eleganz<br />

ausgeführt werden konnten und mehr einer<br />

mit .Nachdruck ausgeführten politischen<br />

Demonstration glichen als einem Daseinsringen<br />

von Millionen, konnten Schnee imd<br />

Winterkälte noch ihre Ausführung beeinflussen.<br />

Die solches heute noch annehmen,<br />

sind sich nicht klar geworden, was ein<br />

moderner Krieg in Europa eigentlich bedeuten<br />

würde. Der deutsche Reichskanzler<br />

hat es am 7. April im Reichstag gesagt:<br />

,, Von den Dimensionen eines Weltbrandes,<br />

von -dem Elend und der Zerstörung, die er<br />

über die Völker bringen würde, macht sich<br />

kein Mensch eine Vorstellung. Alle bisherigen<br />

Kriege werden wahrscheinlich ein Kinder-<br />

Im Namen Europas.<br />

spiel dagegen sein." Und da sollten Schnee<br />

und Winterkälte eine aufschiebende Rolle<br />

spielen, wenn solch ein Krieg notwendig<br />

sein sollte, wenn er möglich wäre ? Dieser<br />

Gedanke an einen auf das Frühjahr vertagten<br />

Krieg ist nur ein unbeholfener Versuch,<br />

über das unbegriffene Neue mit<br />

einem bequemen Gedankensprung hinwegzukommen.<br />

Das unbegriffene Neue liegt eben darin,<br />

daß der Krieg aufgehört hat, „eine Fortsetzung<br />

der Politik nur mit anderen<br />

Mitteln" zu sein, wie man es sich heute<br />

noch nach Clausewitzschem Rezept einzureden<br />

beliebt. Diese „anderen Mittel" der<br />

Politik, die über jenen toten Punkt hinauswirken<br />

sollen, wo unsere Väter und<br />

Großväter nur den Krieg als einzige Möglichkeit<br />

erblickten, haben sich eben geändert.<br />

Das hat uns der Winter 1912/13<br />

wieder auf das deutlichste bewiesen.<br />

Dieses Neue ist in die Augen springend<br />

man will es nur nicht sehen. Es klebt<br />

noch zu viel historischer Staub in den<br />

Augen unserer Zeitgenossen, der ihnen das<br />

Sehen erschwert; ihr Blick ist noch zu<br />

sehr getrübt durch zu viel Interessen, zu<br />

viel Tradition, zu viel Routine. Und weil<br />

man es nicht sehen will, will man auch<br />

1<br />

nichts davon hören und vermeidet selbst<br />

die Benennung der neuen Dinge durch neue<br />

kennzeichnende Namen. Die sogenannte<br />

Botschafterkonferenz in London war ja<br />

doch etwas mehr, als der Name besagen<br />

durfte. War ja doch jenes Zentralorgan eines<br />

neuen Organismus, dem die Aufgabe oblag,<br />

in der Stunde ernster Bedrohung einer<br />

Gesamtheit und ihrem Willen Ausdruck<br />

zu verleihen. Und dieser neue Organismus<br />

ist ein Europa, das isich vom geographischen<br />

Begriff zu einelm politischen gewandelt hat.<br />

Man mag gegen diese Definition einwenden<br />

was man wolle, die Tatsache ist unerschütterlich.<br />

Freilich wer da glaubt, an diese<br />

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