1913 - Det danske Fredsakademi
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@s DIE FRIEDENS -WARTE<br />
Adrianopel der Türkei oder dem Balkanbunde<br />
gebührt? Dieses „Recht" ist eben vielfacli<br />
heutzutage gleichzeitig eine Frage der in<br />
den Rüstungen angedeuteten, symbolisierten<br />
Machtstärke der sich um irgendein Recht<br />
streitenden Regierungen. Ergo mündet<br />
auch das Schiedsproblem letzten<br />
Endes wieder in die Frage: auf<br />
welcher Seite liegt die größere<br />
Machtanhäufung, woraus folgt, daß die<br />
Rüstungen keineswegs fortgeworfenes Geld<br />
sind."<br />
Hat, Naumann diese oder ähnliche Worte<br />
wirklich gesagt, dann haben wir ein Schulbeispiel<br />
dafür, wie politische Kreise über das<br />
Schiedsgerichtsproblem unterrichtet sind.<br />
Der große Fehler, den Naumann hier macht,<br />
besteht darin, das Schiedsgerichtsproblem als<br />
ein Allheilmittel zur friedlichen Erledigung von<br />
Streitigkeiten zu betrachten. Nach meiner<br />
festen Ueberzeugung, die ich am ausführlichsten<br />
in Nr. 1 des „American' Journal of international<br />
law" (<strong>1913</strong>, Nr. 1) begründet habe,<br />
kann nach dem heutigen Stande des Völkerrechts<br />
die Schiedsgerichtsbarkeit für solche<br />
Fragen nicht in Betracht kommen, die Lebensinteressen<br />
der Völker berühren. Das folgt<br />
aus der juristischen Konstruktion der Schiedsgerichtsbarkeit.<br />
Mit dem Schiedsverträge unterwerfen<br />
sich die Parteien jedem, auch dem<br />
ungünstigsten Spruche des Schiedsgerichts.<br />
Gehen also die Parteien nach dem Haag, dann<br />
erklären sie feierlich: Wir werden jedes Urteil,<br />
wenn es formell rechtmäßig ergangen, erfüllen,<br />
selbst wenn einer von uns mit jedem Ansprüche<br />
abgewiesen werden sollte. Kann sich<br />
aber ein Staat in einer Lebensfrage hierzu verpflichten?<br />
Eine Lebensfrage ist eine solche<br />
Frage, die die Existenz des Staates angeht.<br />
Bei solchen Fragen ist also begrifflich die<br />
Existenz des Staates gefährdet, wenn nicht<br />
mindestens ein Teil seiner Forderungen erfüllt<br />
wird. Seine Existenzi kann nun ein Staat selbst<br />
zugunsten der Völkerrechtsgemeinschaft nicht<br />
aufs Spiel setzen. Also darf er nur dann seine<br />
Forderung vor ein Schiedsgericht bringen, wenn<br />
mindestens ein Teil dieser Forderungen vom<br />
Schiedsgerichte als recht anerkannt würde. Da<br />
er sich aber durch den Schiedsvertrag von<br />
vornherein auch mit der evtl. völligen Abweisung<br />
seiner Forderungen einverstanden erklären<br />
muß, so ergibt sich die Unmöglichkeit<br />
einer schiedsrichterlichen Erledigung von<br />
T^ebensfragen.<br />
Lebensfragen können und sollen diplomatisch<br />
beigelegt werden. Für schiedsrichterliche<br />
Erledigung sind sie noch nicht geeignet.<br />
Daß in der Zeit der noch nicht vollendeten<br />
Organisation der Welt die Machtmittel, die ein<br />
Staat einwerfen kann, bei der diplomatischen<br />
Lösung der Frage eine Rolle spielen, mag<br />
richtig sein. Für das Schiedsgerichtsproblem<br />
aber haben die Rüstungen gar keine Bedeutung.<br />
Es ist somit ein völliges Mißverstehen<br />
der wahren Ziele der Schiedsgerichtsbarkeit,<br />
wenn Naumann meint, das Schiedsproblem<br />
münde in die Frage, auf welcher Seite die<br />
größere Machtanhäufung sei. Glaubt Naumann<br />
etwa, ein einziger Schiedsrichter im Haag<br />
habe bei der Lösung irgendeiner Frage die<br />
Machtmittel der Staaten gegeneinander abgewogen<br />
?<br />
Vielleicht ist doch die Mahnung' am<br />
Platze, daß sich unsere Politiker mehr- als<br />
bisher mit völkerrechtlichen Dingen befassen.<br />
Ob Naumann wohl je die beiden Bände des<br />
„Werks vom Haag" gelesen hat? Wir haben<br />
längst die Hoffnung aufgegeben, daß sich<br />
Keim und Genossen einmal das Problem der<br />
Schiedsgerichtsbarkeit klar machen. Von unseren<br />
berufenen Politikern aber dürfen wir etwas<br />
größere Kenntnisse auf dem Gebiete der Schiedsgerichtsbarkeit<br />
voraussetzen. Dr. H W.<br />
Verschiedenes.<br />
Die Greuel des Balkankrieges. :: :: :: :: :: :: :: S :: ::<br />
Dieses unerschöpfliche Thema ist neuerdings<br />
sogar Gegenstand der Debatte in einigen<br />
Parlamenten gewesen. Der „P o s t" werden am<br />
6. Januar aus Saloniki Einzelheiten mitgeteilt,<br />
die geradezu entsetzliche Szenen darstellen:<br />
Plünderung, Blutbad, Vergewaltigung<br />
von Mädchen und Frauen durch bulgarisch«<br />
Banden . . . Im Dorfe Pedro wo wurde ein<br />
junges Mädchen vor den Augen seiner Mutter<br />
vergewaltigt; diese ergreift eine Flinte und<br />
schießt, darauf werden zahlreiche Frauen und<br />
Mädchen in das Cafe des Dorfes eingeschlossen,<br />
das Gebäude wird angezündet, und alle kommen<br />
in den Flammen um. In einem anderen Dorf©<br />
wurden alle Bewohner, Männer, Frauen und<br />
Kinder, durch die Banden niedergemetzelt.<br />
Dem türkischen Dorfe Eschekli ging es<br />
ebenso; 13 junge Mädchen begrub man<br />
dort lebendig, nachdem man sie vergewaltigt<br />
hatte.<br />
Man könnte die Beispiele leicht durch Berichte<br />
aus deutschen, österreichischen, englischen,<br />
ja, selbst amerikanischen Zeitungen vermehren;<br />
so teilt z. B. die „V o s s i s c h e Z t g." vom<br />
23. Januar weitere Greuel aus Dedeagatsch,<br />
Kavalla, Drama und anderen Orten mit,<br />
so daß man also keineswegs von unzulässiger<br />
Verallgemeinerung sprechen kann. Diese Dinge<br />
bleiben ein unauslöschlicher Schandfleck für<br />
die Zivilisation des 20. Jahrhunderts und zeigen<br />
wieder so recht deutlich die „veredelnde Wirkung"<br />
der Kriegsinstitution. Die „D eutschasiatische<br />
Korres p." vom 12. Januar<br />
teilte den Text einer an den deutschen Kaiser<br />
gerichteten Bittschrift aus Konstantinopel<br />
mit, worin es heißt: „. . . Dieses<br />
Schlachten nimmt (trotz des Waffenstillstandes)<br />
einen so großen Umfang an, daß<br />
auch die ruhigsten Gemüter ein Entsetzen<br />
ergreift . . . Wir erleben die völlige Aus-<br />
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