1913 - Det danske Fredsakademi
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€= DIE FRIEDENS-^M&BXE<br />
edler Krieg! — — Elender Phrasenschwall:<br />
ein Beutezug war's, weiter nichts. Das zeigt<br />
sich heute klar, da die siegenden Brüder sich<br />
um der Beute willen zerfleischen.<br />
Es ist also geschehen. Der dritte Balkankrieg<br />
ist nun ausgebrochen; es wird wieder<br />
gemordet, gesengt, verwüstet, massakriert, geschändet,<br />
gehaßt, getobt, und dem Zeitungsleser<br />
wird's als Weltgeschichte serviert. Noch<br />
ehe eine Kriegserklärung erlassen, stießen<br />
die an den Grenzen aufgehäuften Truppen aneinander<br />
(solches Gegenüberstellen bewaffneter<br />
Massen ist ja bekanntlich nur Vorsichtsmaßregel:<br />
si vis pacem); die Grenzen wurden<br />
überschritten, die Felder rasch mit Leichen<br />
bedeckt — aber Krieg war's noch nicht, es<br />
sollte für diesen Zustand eine neue „völkerrechtliche"<br />
Bezeichnung gefunden werden.<br />
Die Verantwortung für den Friedensbruch<br />
wälzt einer auf den andern — keiner hat angefangen<br />
— der andere war's, oder wenn<br />
man's doch selber war, so hatte der andere<br />
„provoziert".<br />
MB<br />
muß es uns er-<br />
1 Mit tiefstem<br />
füllen,<br />
Schmerz<br />
daß nun wieder dieses namenlose und<br />
verbrecherische Unglück losgebrochen ist.<br />
Würden diese sich überstürzenden Nachrichten<br />
von fünftägigen<br />
Mann, die sich auf<br />
Schlachten, von 600 000<br />
dem kleinen Raum bekämpfen<br />
und schon 20 000 Tote zu melden<br />
haben, nicht mit unsäglicher Trauer und Ekel<br />
füllen, so könnten wir eigentlich triumphieren<br />
und sagen : seht, das sind die Früchte des<br />
Krieges: neue Kriege; seht, das ist die Entlarvung<br />
all der Heucheleien, die ad absurdum-<br />
Führung der ganzen Mord- und Raubpolitik.<br />
Wer hat recht ? Ihr, die ihr behauptet, daß<br />
heute Kriege noch Ruhm, Ehre, Gewinn<br />
bringen können, oder wir, die wir den „modernen"<br />
Krieg als Anachronismus, den Krieg<br />
überhaupt als Hölle erkennen ? Und nun sind<br />
die Gefahren eines Weltbrandes wieder da.<br />
Sollte auch dieser, durch die berühmte „Lokalisierungs"-Formel<br />
abgewendet werden, unausbleiblich<br />
sind die wirtschaftlichen Schäden,<br />
die Handelsstockungen und die Seuchen.<br />
Jetzt in der Sonnenhitze die Tausende von<br />
Kadavern, denen ebenso mörderische Miasmen<br />
entsteigen, als den Kanonen mörderische<br />
Geschosse — nur daß sie noch weiter,<br />
über jede Grenze hinweg, ihren Wirkungsradius<br />
haben. Aber auch die Gefahr einer<br />
Verbreitung des Krieges selber ist wieder<br />
nahegerückt. Die seit Monaten mühsam<br />
zurückgehaltenen Kriegsparteien werden jetzt<br />
wieder hervortreten : „Endlich ist unser Tag<br />
gekommen."<br />
MR<br />
Knapp vor Ausbruch der überstürzten,<br />
ohne vorherigen Abbruch der diplomatischen<br />
Beziehungen losgelassenen Feindseligkeiten<br />
trat Zar Nikolaus hervor und telegraphierte<br />
an die Könige von Serbien und Bulgarien,<br />
sie mögen ihren Streit vor sein Schiedsgericht<br />
bringen (warum nicht vor den Haag ?, das<br />
wäre besser gewesen), und in seiner Depesche<br />
zitterte etwas von dem Pathos, das<br />
in seinem Manifest von 1898 lag: ein heftiger<br />
Wille, drohendes Unglück abzuwenden.<br />
Und er suchte — von aller üblichen offiziellen<br />
Winkelzügigkeit und Reserve frei — starke<br />
Akzente: „Der Bruderkrieg wäre ein Verbrechen,<br />
wäre ein Ruin der slawischen Sache",<br />
und dabei gab er seinem' Appell den Nachdruck<br />
einer leisen Drohung — er wies auf<br />
seine Macht hin, den Friedensbrecher zu<br />
strafen. Man atmete auf, durch diesen Schritt<br />
würde vielleicht der Krieg vermieden werden.<br />
Alle hätten (auch die Balkanvölker) dem<br />
Zaren dankbar sein, ihn unterstützen sollen.<br />
Esi kam anders. Graf Tisza erklärte: Die<br />
Balkanvölker dürften sich nicht von Rußland<br />
beeinflussen lassen ; sie müßten auf<br />
ihrem1 Rechte, Krieg zu führen, bestehen. —<br />
Frieden dürften sie schließen, wann sie wollten,<br />
aber nur nach eigenen Interessen und<br />
nach eigener Entschließung. Oesterreich<br />
würde nicht dulden, daß im Namen der slawischen<br />
Idee die Handlungsfreiheit der Bulgaren<br />
oder der Serben eingeschränkt würde.<br />
Ein oder zwei Tage dauerte noch das<br />
Schwanken; die Friedensparteien schlugen<br />
Demobilisierung vor, und es zeigte sich Geneigtheit,<br />
die vier Ministerpräsidenten nach<br />
Petersburg zu entsenden. Aber die Kriegsparteien<br />
waren flinker. Sie warteten nicht<br />
erst die Entscheidung ab — und ohne Kriegserklärung<br />
drangen die bereitstehenden<br />
Truppen über die Grenze, und die vollzogene<br />
Tatsache des Krieges war gegeben. — „Der<br />
Zar hat sich blamiert", hörte man von vielen<br />
Seiten sagen. Als ob, wenn einer etwas Ersprießliches<br />
vorschlägt, nicht diejenigen sich<br />
blamierten, die den Vorschlag unbeachtet<br />
lassen. Freilich, dann heißt es, der Vorschlag<br />
war nicht edel gemeint. Und zu dieser Stunde<br />
— ich mache darauf aufmerksam — ist hierzulande<br />
die Parole ausgegeben: „Rußland und<br />
Frankreich wollen die Serben unterstützen." Das<br />
famose Einkreisungsmärchen, das zur englischdeutschen<br />
Verhetzung so gute Dienste getan,<br />
das wird jetzt der neuen Situation an-<br />
gepaßt : „Die<br />
Triple-Entente will den Drei-<br />
bund einkreisen." Die Leute fangen schon<br />
an, es zu glauben und zu wiederholen. Täglich<br />
kehrt dies in verschiedenen Varianten<br />
in der offiziösen Presse wieder (die Melodie<br />
ist wahrscheinlich vom1 ministeriellen Bureau<br />
ausgegeben), und die öffentliche Kannegießerei<br />
gipfelt in der Weisheit: „Rußland<br />
ist der Feind — der Krieg mit Rußland ist<br />
unvermeidlich." Die ganze Schuld des neuen<br />
Balkankrieges1 wird auf Rußland geschoben.<br />
Und nun geschah das Allerunerwartetste<br />
Rumänien erklärte, daß es seine Neutralität<br />
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