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1913 - Det danske Fredsakademi

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Dezember <strong>1913</strong>.<br />

Der Balkankrieg als pazifistisches Dokument.<br />

Die Geschichte dieses letzten Balkankrieges,<br />

namentlich die seiner diplomatischen<br />

Vorbereitung wie seiner Nachwirkung, müßte<br />

im Auftrage einer pazifistischen Organisation<br />

geschrieben werden. Ein besseres Dokument<br />

^egen den Krieg dürfte sich sobald nicht finden.<br />

Alle Rechtfertigungen jenes Krieges<br />

durch die unbedingten Kriegsanhänger sind<br />

schon heute, wo der Schleier seiner Vorgeschichte<br />

erst ganz wenig gelüftet ist, zu<br />

Schanden geworden. Was wurde uns nicht<br />

alles von dem geschichtlichen Entwicklungsgang<br />

erzählt, der den endgültigen Zerfall der<br />

Türkei bedingte; und doch wissen wir jetzt,<br />

daß dieser angeblich historisch notwendig gewordene<br />

Krieg ursprünglich gar nicht gegen<br />

die Türkei unternommen werden sollte, sondern<br />

als ein Vorstoß Rußlands gegen Oesterreich-Ungarn<br />

geplant war, und daß die Türkei<br />

sogar Bundesgenosse bei jenem Unternehmen<br />

hätte sein sollen. Es ist dann anders gekommen.<br />

Die Einzelheiten über die Wendung fehlen<br />

uns noch. Doch steht fest, daß es in der<br />

Hand des Königs von Montenegro gelegen<br />

hat, dem vorhandenen Kriegswillen der Verbündeten<br />

die Richtung zu geben. Wir sahen<br />

sogar, wie der geschlagene Bundesgenosse der<br />

Balkanstaaten, der den Krieg pathetisch als<br />

einen Kreuzzug bezeichnet hatte, nach dem<br />

Gemetzel die Bundesgenossenschaft des Halbmonds<br />

anstrebte. Und als kürzlich ein während<br />

des Feldzuges der Selim Moschee in Adrianopel<br />

geraubtes Reliquienstück unter feierlichem<br />

Gepränge zurückerstattet wurde,<br />

war als Zeichen der Ehrerbietung und Freundschaft<br />

ein bulgarischer General in jene Stadt<br />

gesandt worden, ohne deren Besitz König<br />

Ferdinand einige Monate vorher glaubte, nicht<br />

auskommen zu können und zu deren Eroberung<br />

er Täusende von Menschenleben hingeopfert<br />

hat.<br />

Ja, die Geschichte dieses Balkankrieges<br />

als pazifistisches Dokument muß geschrieben<br />

werden. Es muß dargelegt werden, welch<br />

fragwürdige Arbeit die Diplomatie in diesem<br />

helleuchtenden 20. Jahrhundert sich noch zu<br />

leisten wagt. Wahrhaftig, die Gepflogenheiten<br />

der Stadtstaaten zur Zeit der italienischen Renaissance<br />

haben sich in mancher Beziehung<br />

auch in unserem Zeitalter noch nicht geän^<br />

dert. Es wird zwar nicht mehr mit Gift und<br />

Dolch operiert, aber mit derselben Niedertracht,<br />

die zur Benützung jener Mittel führte.<br />

In unserer unzulänglichen Terminologie sprechen<br />

wir immer noch von Gesamtheiten in<br />

der Politik, von „Rußland", „Oesterreich-<br />

Ungarn", „Serbien" oder „Bulgarien", während<br />

wir i n Wirklichkeit nur von einzelnen Personen<br />

sprechen sollten, die sich unter diesen<br />

pompösen Aushängeschildern verbergen. Der<br />

Krieg, den uns seine Anhänger gerne als<br />

eine Naturgewalt darstellen, zum mindesten<br />

aber als eine Explosion des Volkswillens, ist<br />

doch nichts weiter als das Privatunternehmen<br />

einiger Weniger. Was Jean Paul vor mehr<br />

als hundert Jahren geschrieben, trifft heute<br />

noch zu: „Das Unglück der Erde" — so<br />

schreibt der hervorragende Schriftsteller —<br />

„war bisher, daß zwei den Krieg beschlossen<br />

und Millionen ihn ausführten, indes es besser<br />

gewesen wäre, daß Millionen ihn beschlossen<br />

hätten und zwei gestritten." Nur daß man<br />

die Zahl der Arrangeure etwas erhöhen könnte;<br />

es müssen nicht gerade zwei, es können auch<br />

fünf oder sechs sein. Der Bälkankrieg ist<br />

entschieden nicht von „Rußland" gemacht<br />

worden, wie man gedankenlos immer behauptet,<br />

sondern von einem oder zwei russischen<br />

Diplomaten, die sich mit einer Handvoll<br />

Balkandiplomaten in Verbindung gesetzt hatten<br />

und bei genauer Kenntnis des Terrains<br />

ganz allein ihre Minen legten, die nachher auf<br />

Rechnung einer ganzen Nation in die Luft<br />

flogen. Das Forschen nach den Krankheitsierregern,<br />

wie es die moderne Medizin handhabt,<br />

muß auch auf das Kriegsübel übertragen<br />

werden, und wenn es> gelungen sein<br />

wird, die Krankheitserreger auch hier in Reinkultur<br />

darzustellen, wird die Ueberwindung<br />

des Uebels leichter sein. Erbringen wir erst<br />

den Nachweis, daß solch ein mörderischer<br />

Krieg nicht eine historische Entwicklungsnotwendigkeit,<br />

kein Naturereignis, keine so :<br />

ziale Explosion, sondern einfach das Arrangement<br />

einiger Herren ist, deren Namen,<br />

Adresse und Hausnummer man kennt, die<br />

man im schwarzen Rock und weißen Hemdkragen<br />

herumlaufen sehen kann, dann wird<br />

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