1913 - Det danske Fredsakademi
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DIE FRIEDENS -WARTE 3<br />
von einer geradezu unfaßbaren Ruchlosigkeit?<br />
Man wird gewiß in späteren Zeiten auf<br />
solche Anschauungen und unsere heutige<br />
„Sittlichkeit" ebenso verständnislos herunterschauen,<br />
wie wir auf die Weisheit der Hexenverfolger.<br />
Dieses Wort „unsere" bezieht sich selbstverständlich<br />
nicht auf Oesterreich und<br />
Deutschland und jene anderen Staaten,<br />
die sich infolge des energischen Willens ihrer<br />
Herrscher mit ihren militärischen Machtmitteln<br />
als feste Bollwerke des Friedens erwiesen<br />
haben.<br />
Was für eine unfaßbare Konsequenz darin<br />
liegt, je nach Bedarf die Elternliebe zu verherrlichen<br />
und dann wieder Zumutungen wie<br />
die obigen an eben jene verherrlichten Eltern<br />
zu stellen, darüber sind wohl besondere Ausführungen<br />
überflüssig.<br />
Aber die Idee! Die Idee des großen,<br />
mächtigen Vaterlandes! höre ich einwenden.<br />
Der Begriff des Einzelnen tritt zurück hinter<br />
den Begriff der Gesamtheit. Was! will das<br />
Glück des Einzelnen gegenüber dem Ruhme<br />
des Vaterlandes<br />
Gewiß, diese Idee hat ihren Zauber. Wobei<br />
ich übrigens die Begriffe „Glück" und „Ruhm"<br />
nach ihrem inneren Gehalt nicht miteinander<br />
vergleichen und ebensowenig die Beziehungen<br />
vonEinzelmensch, Gesellschaft und Staat zueinander<br />
untersuchen will, du Moriez leugnet<br />
(S. 103) den Unterschied zwischen Staat und<br />
Gesellschaft. Ich verweise diesbezüglich auf<br />
§ 18 meiner Arbeit. Jedenfalls geht es nicht<br />
an, in einem von Menschen gebildeten Staate<br />
eben diese Menschen nur als Mittel für die<br />
Zwecke dies Staates zu betrachten.<br />
Andrerseits sollte man beim Aufschwünge<br />
vom Egoismus nicht auf dem halben Wege<br />
stehen bleiben.<br />
Wer nur das Interesse seines armseligen<br />
„Ich" als entscheidend ansieht, den nennen<br />
wir verächtlich einen Egoisten. Wer einen<br />
Schritt nach oben macht, aber doch noch<br />
immer das Wohl seiner Familie dem der Allgemeinheit<br />
ungebührlich vorsetzt, dem legen<br />
wir Nepotismus zur Last. (Die Sorge bloß<br />
um die Mitglieder der alten Stammes verbände<br />
erscheint uns heute als überlebt.) Wer noch<br />
höher steigt, aber bei der Sorge um seine<br />
engste Heimat stehen bleibt, für den haben<br />
wir das Spottwort „L okalpatr io t". Mit<br />
ähnlichen Gefühlen betrachten wir den, der<br />
etwa im großen Reiche nur für die Provinz<br />
fühlt, die ihn geboren hat. Auch wer nur<br />
den einen Weltteil gelten lassen will, der ihn<br />
hervorbrachte, würde uns als in seinen Begriffen<br />
beengt erscheinen. Aber ausgerechnet<br />
der, der neben seinem Vaterland jedes andere<br />
Land und dessen Bewohner verachtet, soll<br />
das richtige und allein ehrenwerte Empfinden<br />
haben . . .<br />
Ich wäre wohl der letzte, der die Liebe<br />
zum Vaterhaus, zur Heimat, zum Vaterland<br />
herabsetzen wollte. Das Vaterland groß und<br />
54<br />
glücklich zu machen, ist die Lebensarbeit der<br />
Tüchtigsten wert. Aber ich sehe nicht ein,<br />
weshalb meine Liebe zu den Mitmenschen<br />
(unter „Vaterland" ist doch sicher nicht nur<br />
eine Bodenfläche mit totem Zugehör zu verstehen),<br />
mein Mitleid mit den Leidenden, an<br />
den Grenzen meines Vaterlandes haltmachen<br />
und nicht zur Allgemeinheit fortschreiten<br />
sollten. Sie lassen sich das einfach nicht gebieten.<br />
Fühle ich warm für meine Mitmenschen<br />
i m Vaterlande, so können mir jene nicht<br />
gleichgültig sein, die außerhalb desselben<br />
leben.<br />
Ist es ein Beweis von Kultur oder von<br />
Brutalität, lärmende Freudenfeste zu veranstalten<br />
zur Feier des Ereignisses, daß auf<br />
Seite der Gegner Tausende von schuldlosen<br />
blühenden Menschen — zum Teil unter<br />
schweren Qualen — getötet, zu siechen<br />
Krüppeln gemacht, ihre Angehörigen in<br />
Jammer und Elend gestürzt wurden? Und<br />
ist es nicht eine doppelte Blasphemie, mit dem<br />
Rufe „für Gott" das Schwert zu ziehen?<br />
Nach diesen Betrachtungen ist es gewiß<br />
entbehrlich, noch davon zu sprechen, daß<br />
auch dem Einzelmenschen eine gewisse Freiheitssphäre<br />
zustehen muß (vgl. darüber S. 43<br />
meiner „Kriminellen Fruchtabtreibung") und<br />
daß die Begründung der du Moriezschen Ansichten<br />
durch den Satz: „si vis pacem, para<br />
bellum" doch wohl eine von recht weit hergeholte<br />
wäre. Abgesehen davon, daß die<br />
großen Rüstungen an sich allein (siehe<br />
oben) den Frieden gar nicht sichern,<br />
wie Alfred H. Fried („Der Weg<br />
zum Weltfrieden 1912", S. o) gezeigt hat.<br />
Abgesehen ferner davon, daß die Beurteilung<br />
von Taten wie Tötung und Abtreibung seitens<br />
der Kulturwelt unmöglich nach der geographischen<br />
Lage des Begehungsortes grundsätzlich<br />
verschieden sein kann.<br />
Der dritte Teil von du Moriez' Buch1 behandelt<br />
l'avortement thörapeutique. Da meiner<br />
oben mehrfach erwähnten Arbeit noch besondere<br />
Ausführungen über dieses Spezialthema<br />
folgen sollen, so darf ich wohl die<br />
Stellungnahme zu du Moriez' darauf bezüglichen<br />
Ansichten bis zu ihrer Herausgabe<br />
verschieben.<br />
Ein offener Brief an die Kriegs-<br />
und Friedensgesellschaft an der<br />
Universität Cambridge*).<br />
Von Norman Angell, London.<br />
Sämtliche Fragen über den Einfluß, den<br />
militärische Macht zugunsten sozialer und wirt-<br />
*) Studenten an der Universität Cambridge<br />
haben die „Cambridge University War and<br />
Peace Society" begründet, mit dem Zweck,<br />
„die überraschenden volkswirtschaftlichen Tatsachen<br />
zu erforschen, auf die Normann Angell<br />
in seinem Buch ,Die große Täuschung* aufmerksam<br />
gemacht hat".