1913 - Det danske Fredsakademi
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Q== DIE FRI EDENS -^V&RXE<br />
denn wir haben Monate und Jahre dafür im<br />
Gefängnis gesessen.*)<br />
Wir fühlen ebenso wie irgend jemand<br />
für die europäischen Eroberer die Pflicht,<br />
die Eingeborenen mit Menschlichkeit zu behandeln,<br />
die Pflicht der Sozialisten, sie zu<br />
beschützen, gegen die Auswüchse der kapitalistischen<br />
Kolonisation zu protestieren,<br />
ihnen nach Maßgabe ihrer Fähigkeit ohne<br />
Schaden für sich und die Menschheit, die<br />
Autonomie zu bewilligen, die England allen<br />
seinen Kolonien europäischen Ursprungs bewilligt<br />
hat. Aber nicht wahr, wir erheben<br />
nicht den Anspruch, daß die uns regierende<br />
Kapitalistenklasse von heut auf morgen auf<br />
ihre Kolonien verzichte, unter dem Vorwande,<br />
daß es den Menschenrechten zuwiderläuft,<br />
selbst minderwertigere Völker zu unterjochen<br />
? Wo also ist vom sozialistischen und<br />
menschlichen Standpunkt aus das Uebel, an<br />
Deutschland, so wie man es in der Marokkoaffäre<br />
getan hat, ein weiteres Stück Kolonialbesitz<br />
abzugeben, wenn dies ein Mittel ist,<br />
den verderblichen Rüstungswahnsinn in<br />
Europa durch eine deutsch-französische Verständigung<br />
zu mildern ? Welches Unrecht<br />
würde man den Eingeborenen der abgetretenen<br />
Gebiete tun ? Ob die Kapitalisten,<br />
Beamten und sonstigen Heuschrecken, die<br />
auf ihrem Rücken leben, deutscher oder<br />
französischer Nationalität sind, was kann das'<br />
wohl den Kongonegern oder den Hovas von<br />
Madagaskar ausmachen ? Es handelt sich<br />
nicht darum, Bevölkerungen der Eroberung<br />
preiszugeben, es handelt sich<br />
darum, schon eroberte Länder, in denen die<br />
blutige Eroberung eine vollendete Tatsache<br />
ist, abzutreten. Was kann wohl die koloniale<br />
Doktrin der sozialistischen Partei, der deutschen<br />
oder der französischen, damit zu tun<br />
haben ?<br />
Die Einwände des Herrn von Pressense<br />
sind noch erstaunlicher.<br />
Man wendet ein, daß, wenn die französische<br />
Regierung, von uns aufgefordert,<br />
mit dem deutschen Kaiser zu verhandeln,<br />
ihm offiziell eine Annäherung auf der von<br />
den elsaß-lothringischen Sozialisten und von<br />
der Mülhauser Versammlung (wo die Vertreter<br />
aller elsaß4othringischen Parteien<br />
sprächen), vorgeschlagenen Basis .anböte, dies<br />
*) Nach dem Gemetzel von Casablanca (1907)<br />
veröffentlichte Gustave Herve eine Reihe von<br />
Aufsätzen, auf Grund deren er wegen „Schmähung"<br />
der französischen Armee zu einem Jahr<br />
Gefängnis verurteilt wurde. Im Januar 1912<br />
erntete er weitere drei Monate Gefängnis für<br />
einen Artikel, betitelt: „Attila in Marokko", der<br />
als beleidigend für die französische Armee angesehen<br />
wurde. Mehrere seiner Mitarbeiter<br />
wurden ebenfalls zu längeren Gefängnisstrafen<br />
verurteilt für Aufsätze, die sie gegen die „marokkanische<br />
Räuberei" veröffentlicht hatten.<br />
(Der Uebersetzer.)<br />
im Falle einer Weigerung der Berliner Regierung<br />
einen Krieg bedeuten würde.<br />
Aber wer hat denn jemals die abgeschmackte,<br />
wahnsinnige und verbrecherische<br />
Idee gehabt, dem deutschen Kaiser<br />
ein Ultimatum zu stellen ?<br />
Als wenn es keine diskreten diplomatischen<br />
Mittel gäbe, Verhandlungen über<br />
heiklige Dinge einzuleiten, ohne den Frieden<br />
zu gefährden. Ist es denn so kühn, zu<br />
glauben, daßi eine solche Unterhaltung<br />
zwischen Berlin und Paris sich durch Vermittlung<br />
eines Dritten einleiten ließe?<br />
Gustave Herve.<br />
Der Irrtum der Rüstungswut.<br />
Von Richard Gädke, Berlin-Steglitz,<br />
früher Oberst und Regimentskommandeur.<br />
Damit müssen wir uns leider abfinden,<br />
daß in allen Großmächten starke Teile<br />
gerade der besitzenden Klassen einem ausgesprochenen<br />
Imperialismus .verfallen sind.<br />
Der Gedanke beherrscht sie, daß eine Ausbreitung<br />
des eigenen Volkstums', eine Vergrößerung<br />
seines Landbesitzes ein großes<br />
Glück nicht nur ideeller, sondern materieller<br />
Art sei, daß es letzten Endes ein Glück für<br />
die Welt sei. Denn man kann nicht gerade<br />
sagen, daßi dasjenige, was der heranwachsenden<br />
Jugend aller Völker als Patriotismus gelehrt<br />
wird, an einem Uebermaß) von Bescheidenheit<br />
kranke. Engländer, Franzosen,<br />
Deutsche halten sich sämtlich für das auserwählte<br />
Volk Gottes, und sogar die Russen<br />
träumen davon, daßi am slawischen Wesen<br />
die Welt noch werde genesen. Einen Vorgeschmack<br />
davon haben wir in Mazedonien,<br />
Thrazien und Albanien bekommen.<br />
Mit unheimlicher Gewalt hat sich der<br />
Gedanke in die Köpfe eines großen Teils<br />
der gebildeten Jugend festgesetzt, daß<br />
Macht und Ruhm und Größe des Staates<br />
mit dem Glück und der Wohlfahrt des Volkes<br />
gleichbedeutend sei. Zum Teil ist es freilich<br />
auch Gedankenlosigkeit, Im übrigen<br />
entbehrt der Satz für diejenigen Schichten,<br />
die die Träger des Staatsgedankens — aber<br />
auch die Nutznießer des Staates — sind,<br />
nicht einer gewissen Wahrheit.<br />
Eine Vergrößerung des Staatsgebietes,<br />
eine Ausdehnung seines. Herrschaftsbereiches,<br />
eine Erweiterung seiner Machtstellung und<br />
seines Einflusses setzen sich für die<br />
herrschenden Kreise des Staates' allerdings<br />
leicht in sehr materielle Vorteile um,<br />
Beamte und Offiziere finden zahlreiche neue<br />
und gutbezahlte Stellen, die bewaffnete Macht<br />
wird vermehrt, der Bau von Kriegsschiffen<br />
beschäftigt die Werften, die Waffenrüstungen<br />
steigern Einkommen und Kapitalbesitz<br />
einiger Industriemagnaten ins Ungemessene*),<br />
*) Das Einkommen des Hauses Krupp erreicht<br />
zum mindesten das des deutschen Kaisers.<br />
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