1913 - Det danske Fredsakademi
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DIEFBIEDENS-^MÖßTE<br />
Höhe tatsächlich absolut nötig ist, darüber wird<br />
man schwerlich etwas aussagen können; aber<br />
mit den Klagen des Reichskanzlers über Luxus<br />
\ind Wohlleben wird man auch nicht auskommen.<br />
Tatsache ist, daß nach der Heimschen<br />
Enquete bei den bayerischen Bauern der<br />
Zuschuß in dieser Höhe als Regel anzusehen ist.<br />
Und Tatsache ist ferner, daß es in sehr vielen<br />
Fällen damit noch nicht getan ist: denn bei<br />
dem Dienstbotenmangel auf dem Lande muß<br />
der Bauer für jeden Sohn einen Knecht<br />
einstellen, der weniger leistet, mehr Verpflegung<br />
beansprucht und 300 bis 400 M. Barentlohnung<br />
fordert. Jeder Sohn in der Kaserne<br />
kostet also den Bauern mindestens jährlich<br />
500 M., bei der zweijährigen Dienstzeit 1000<br />
Mark, und wenn die neue Heeresvorlage dem<br />
flachen Lande, wie Dr. Heim annimmt, jährlich<br />
mindestens 40000 Mann entzieht, so bedeutet<br />
das eine neue Extralast von jährlich<br />
20 Millionen M.<br />
Aber erst die Zuschriften, die der Statistik<br />
beigegeben sind, lassen erkennen, was diese<br />
Lasten für die Bauerngemeinden bedeuten. Familien,<br />
die mit kräftigen Söhnen mehr als mit<br />
Geldgütern gesegnet sind, gehen mit jedem<br />
Sohn, der wieder zum Militär einrücken muß,<br />
wirtschaftlich zurück. Hunderte und hunderte<br />
von Familien sind durch die Opfer, die sie für<br />
ihre Söhne beim Militär bringen mußten, ins<br />
Abhausen gekommen; aus manchem Bauern ist<br />
ein Knecht, aus manchen Eigenbesitzern arme<br />
Logisleute geworden; unter den Familien, die<br />
vier und mehr Söhne beim Militär hatten, ist<br />
eine große Zahl von solchen, die trotz Fleiß<br />
und Sparsamkeit an der Blutsteuer zugrunde<br />
gegangen sind. Nur wenige charakteristische<br />
Zuschriften seien hier wiedergegeben. Da<br />
schreibt ein Obmann aus Oberbayern, der fünf<br />
Söhne beim Militär hat: „Jch hätte schon<br />
längst ein paar in die Schule geschickt, aber<br />
ich brauchte die ganze Zeit nur alles Geld<br />
für das Militär." Ein anderer Obmann schreibt:<br />
.,. . . daß diesem Bauern für Zeitverlust, Ausgaben<br />
für fremde Arbeitskräfte, Reserveübungen<br />
usw. ein Schaden von 3000 bis 6060 M. erwächst.<br />
Da sind gleich in unserer Gemeinde<br />
zwei Bauern, die sich noch dazu in sehr mißlichen<br />
Verhältnissen befinden, die werden sich<br />
von solchen Schlägen nicht mehr erholen." Ein<br />
Bericht aus Schwalm lautet: „Fünf Söhne, zehn<br />
Kinder, zehn Tagwerk, Anwesen verschuldet,<br />
verkauft." Ein Taglöhner und Bauer aus Unterfranken<br />
hatte fünf Tagwerk, stellte vier Soldaten<br />
und schreibt: „Das ohnehin geringe Vermögen<br />
ist durch die Militärpflicht aufgebraucht<br />
worden." Und so geht es immer weiter.<br />
Am schlimmsten aber ist es dann, wenn Witwen<br />
diese Lasten tragen sollen oder wenn der Sohn,<br />
als der einzige Ernährer einer ganzen Familie<br />
nach dem Wegsterben des Vaters trotz aller<br />
Vorstellungen vom Militär nicht freigegeben<br />
wird. Eine Witwe in Oberbayern hat fünf<br />
Söhne beim Militär gehabt, zweimal zwei zu<br />
gleicher Zeit, Ausgaben 1500 M., „für die Witwe<br />
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ist das eine fast unerschwingliche Last",<br />
schreibt der Obmann. Eine andere Witwe hatte<br />
fünf Söhne beim Militär, jeder erhielt mindestens<br />
100 M., „was die Mutter als Taglöhnerin,<br />
Verdingerin, Gräberrichterin verdiente, mußte<br />
sie größtenteils ihren Söhnen opfern". So klagt<br />
es aus all den Zuschriften. Da ist der Vater<br />
gestorben, der älteste Sohn von den sechs Kindern<br />
hat das Anwesen übernommen, aber nachdem<br />
er eine Weile zurückgestellt worden ist,<br />
bekommt er doch die Einberufungsorder und<br />
muß einrücken, während das Anwesen verfällt.<br />
Da hat ein Sohn die Hufschmiede, aber er<br />
muß zum Militär und eine unerfahrene Frau,<br />
die Mutter, muß inzwischen mit einem Gesellen<br />
die Schmiede führen. Da hat der Sohn<br />
die alten Eltern allein zu ernähren, aber es<br />
hilft ihm alles nichts. „Die Fälle, wo ganze<br />
Familien daran wirtschaftlich zugrunde gegangen<br />
sind, sind nicht selten," resümiert Dr.<br />
Heim. Und seufzend fügt er im Hinblick auf<br />
die jetzt geplante furchtbare Heeresvermehrung<br />
hinzu: „Wie wird das erst in Zukunft werden!"<br />
MB<br />
Der gemeinsame deutsch-französische<br />
Rufruf gegen das Wettrüsten.<br />
Die deutsche Friedensgesellschait und die<br />
ständige Vertretung der französischen Friedens r<br />
gesellschaften haben einen gemeinsamen Protest<br />
gegen das Wettrüsten verfaßt, der an ungeiähr<br />
1000 deutsche und französische Zeitungen versandt<br />
und in ca. 100 deutschen und französischen<br />
Städten (dort in beiden Sprachen) afi'ichiert<br />
wurde.<br />
Das wichtige Dokument sei hier im Wortlaut<br />
wiedergegeben<br />
Aufruf!<br />
'Das Internationale Friedensbureau in Bern<br />
hat sich mit einem Aufruf an die Regierungen,<br />
die Parlamente und die Völker gewendet, um<br />
die unheilvolle Steigerung des Rüstungswettkampfes,<br />
die gegenwärtig die ganze Welt bedroht,<br />
abzuwenden.<br />
Die Entscheidung liegt bei Deutschland und<br />
Frankreich. Deshalb wenden wir deutsche und<br />
französische Friedensfreunde uns gemeinsam an<br />
unsere Landsleute.<br />
Enorm ist seit Jahrzehnten die Steigerung<br />
der Rüstungslasten. Die fünf Mächte, die heute<br />
im Dreibund und im Zweibund gruppiert sind,<br />
hatten im Jahre 1896/97, zur Zeit, da der Zweibund<br />
abgeschlossen wurde, Militärr und Marinebudgets<br />
in der Höhe von reichlich £1/2 Milliarden<br />
Mark, fast gleichmäßig auf beide Mächtegruppen<br />
verteilt, Schuldzinsen und andere<br />
Nebenetats nicht gerechnet. Heute, nach 16<br />
Jahren, ist diese Rüstungslast auf nahezu fünf<br />
Milliarden jährlich angewachsen; die Verteilung<br />
auf Dreibund und Zweibund ist die gleiche<br />
geblieben.<br />
Die weitere RüstungsVermehrung, die heute<br />
den Völkern zugemutet wird, ist so ungeheuerlich<br />
wie noch niemals irgendeine zuvor. Noch<br />
niemals ist es aber auch so einleuchtend ge-