1913 - Det danske Fredsakademi
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DIE FRIEDENS -NVABTE 5<br />
sei den Staatsmännern und den hinter ihnen<br />
stehenden Staatsoberhäuptern, die diesen,<br />
wenn auch nur ad hoc geltenden Zusammenschluß<br />
bewerkstelligt haben.<br />
Zu beklagen ist es, daß die einmütige<br />
Aktion der Mächte, die dem Balkankrieg ein<br />
Ende gebietet, nicht viel früher eingesetzt hat<br />
und so das Tod- und Zerstörungswerk überhaupt<br />
verhindert hätte, das nun über ein halbes<br />
Jahr den Balkan verwüstet und Europa in<br />
Mitleidenschaft gezogen hat. Ich rnuß immer<br />
wieder an das Wort Tafts denken, das er<br />
bei der Einweihung des Palastes der Panamerican<br />
Union gesprochen hat: „Wir wollen<br />
nicht eher ruhen, wir 21 Republiken, als bis<br />
wenn zwei davon miteinander raufen wollen,<br />
die 19 anderen sie daran verhindern." Wenn<br />
Europa es will, es fest und ernstiich will, so<br />
wird der Balkankrieg der letzte Krieg auf<br />
europäischem Boden gewesen sein. Daß es jedoch<br />
noch Viele gibt in Europa, die den Krieg<br />
wollen, ihn fest und ernstlich wollen, das<br />
wissen wir Pazifisten nur zu gut.<br />
Und nun, während so eifrig in allen Staatsämtern<br />
und Botschafterreunionen daran gearbeitet<br />
wurde, den Frieden zu retten, während<br />
überall Entspannungen sich fühlbar machten,<br />
Vorschläge zu Verständigungen auftauchten,<br />
Kundgebungen gegen den Krieg — darunter<br />
eine höchst bedeutungsvolle im Elsaß — stattfanden,<br />
während noch hundert Schwierigkeiten<br />
überwunden werden mußten, man alle Hände,<br />
alle Köpfe und alle Herzen voll zu tun hatte,<br />
um die balkanischen Wirren zu klären und die<br />
europäischen Gefahren abzuwenden, platzte<br />
plötzlich die deutsche Milliardenwehrvorlage<br />
herein — augenblicklich beantwortet mit der<br />
französischen Wiederaufnahme der dreijährigen<br />
Dienstzeit. Als ob Hannibal schon vor den<br />
Toren stände! Ein paroxistischer Anfall des<br />
noch immer zunehmenden epidemischen Wahnsinns.<br />
Die große Rede, mit der der deutsche<br />
Reichskanzler die neue Vorlage begründet hat,<br />
eröffnet ganz merkwürdige und für uns Pazifisten<br />
sogar erfreuliche Ausblicke. Vor allem<br />
ist der Ton zu loben, der keine trotzige<br />
Drohung enthält. Dann wird konstatiert, daß<br />
zwischen England und Deutschland die Beziehungen<br />
sich vertrauensvoll und freundlich<br />
gestalten; ferner, daß die Gefahren gegen die<br />
man sich vorsehen muß, nicht von der französischen<br />
Regierung und nicht vom französischen<br />
Volke, auch nicht von der russischen<br />
Regierung noch dem russischen Volke zu gewärtigen<br />
seien, sondern von dem in französischen<br />
Chauvinistenkreisen verstärkt hervorbrechenden<br />
Revanchelärm und von der leidenschaftlichen<br />
panslawistischen Agitation, die in<br />
Rußland offen verkündet, daß die slawische<br />
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Rasse gegen die germanische Rasse den Kampf<br />
aufnehmen will. (Daß es auch alldeutsche<br />
Kriegshetzer gibt, vergaß der Herr Kanzler zu<br />
erwähnen); deutlich und klar ist also hier<br />
der Herd der Kriegsgefahr angegeben: die<br />
chauvinistisch-nationalistischen Hetzer allerorten.<br />
Und diese sollten Regierungen und<br />
Völker nicht abwehren können? Weil diese<br />
Mißtrauen säen, prahlen und drohen, sollen<br />
die Regierungen sich auf den Krieg vorbereiten<br />
und damit den Chauvinisten der<br />
andern Völker wieder Nahrung zu neuer Haßund<br />
Mißtrauensverbreitung geben? Darum<br />
sollen die Völker — die ja den Krieg nicht<br />
wollen — sich in Rüstungen verbluten ? Nein,<br />
was not tut, um den Kriegsparteien entgegenzutreten,<br />
ist in jedem Lande die Bildung einer<br />
Friedenspartei, die auch offen und laut für<br />
die Verständigung und Verbündung der Staaten<br />
eintritt, und die Regierungen müssen (wenn<br />
ihr so oft verkündeter Friedenswille aufrichtig<br />
ist) diese Partei als Regierungspartei<br />
anerkennen und womöglich zu ihrer Unterstützung<br />
— Friedensministerien schaffen. Die<br />
Sozialisten sind Kriegsgegner ; sie demonstrieren<br />
und handeln zugunsten der Völkerverbrüderung,<br />
haben auch gegen die neuen<br />
Forderungen in Deutschland und Frankreich<br />
tapfer protestiert, aber weil sie zugleich andere<br />
Ziele verfolgen, hält man ihren Pazifismus<br />
nur für ein Mittel zum Zweck. Ihre Stimme<br />
ist im Parlament nicht ausschlaggebend. Aber<br />
ihr Einfluß zur Dämpfung der Kriegstreibereien<br />
ist doch gewaltig. Ihr Verhalten<br />
gibt den Beweis, daß im Volke Millionen<br />
von Menschen leben, die von Massenschlächtereien<br />
nichts mehr wissen wollen, die gegen<br />
die anderen Völker keinerlei Haß mehr aufbringen<br />
können.<br />
Noch ist das Wehrgesetz nicht an<br />
genommen. Es wird noch darüber verhandelt<br />
und zugleich wird schon die Deckungsfrage<br />
erörtert. Das sollten diejenigen, die gegen das<br />
Gesetz selber sind, gar nicht tun. Kaninchen,<br />
die den Mut fänden, dagegen zu protestieren,<br />
daß sie verspeist werden, müßten sich nicht<br />
in Verhandlungen darüber einlassen, in welcher<br />
Sauce sie eventuell zubereitet sein wollen.<br />
im<br />
Marineminister Churchill hat den Vorschlag<br />
gemacht, die englische und deutsche Marine<br />
mögen ein Jahr im Weiterbau pausieren. Die<br />
Sache wurde als „nicht konkret" beiseite geschoben.<br />
Nun wird, wie es heißt, Mr. Churchill<br />
nach Berlin reisen und „Konkretes" vorbringen.<br />
Der Widerstand der Rüstungsinteressenten<br />
wird sicher sich fühlbar machen. Im<br />
Wettlauf ist auch nur eine Minute stillestehen<br />
unangebracht. Es könnten zwei oder<br />
drei Minuten draus werden, oder gar eine<br />
Verminderung der Schrittlänge aufkommen.<br />
Nur weiter, weiter, weiter, nur immer schneller,<br />
schneller — der Abgrund lockt zu sehr.