1913 - Det danske Fredsakademi
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November <strong>1913</strong>.<br />
Verständigung ohne „Preisgabe der Idee".<br />
Zwei deutsche Fürstenhäuser, die durch<br />
die Entscheidung des Krieges fast ein<br />
halbes Jahrhundert lang in Feindseligkeit<br />
lebten, haben sich ausgesöhnt. .Was vor<br />
wenigen Monaten noch für unmöglich gehalten<br />
wurde, konnte sich erfüllen. Der<br />
Weifenherzog konnte den seinem Hause seit<br />
27 Jahren vorenthaltenen Thron besteigen,<br />
ohne vorerst jene Bedingungen erfüllt zu<br />
haben, die man die Jahrzehnte hindurch als<br />
Voraussetzung für die Uebernahme der Regierung<br />
im Herzogtum Braunschweig bezeichnet<br />
hat. Per direkte Verzicht auf<br />
Hannover erfolgte nicht. Die Zeit, die über<br />
die Ereignisse von 1866 hingegangen ist, hat<br />
es ermöglicht, daß der Bestand der Dinge<br />
durch einen ihnen anscheinend entgegenstehenden<br />
Grundsatz nicht mehr erschüttert<br />
werden kann.<br />
Das ist ein Ereignis von hoher Tragweite<br />
für die Technik des Weltfriedens.<br />
Zeigt es doch, daß alte, unversöhnlich<br />
scheinende Gegensätze auch in der Politik<br />
auf friedlichem Wege auszugleichen sind,<br />
wenn man sich dazu entschließt, sich über<br />
Formen hinwegzusetzen, die äußerlich noch ,<br />
drohend erscheinen, durch das Wirken der<br />
Zeit aber ihres Inhalts beraubt wurden.<br />
Solche Formen können oftmals nicht aufgegeben<br />
oder nur gewandelt werden, weil sich<br />
in ihnen Grundsätze, Ueberlieferungen, Ehrbegriffe<br />
und ähnliche Unwägbarkeiten verdichten,<br />
die mit dem Sein von ganzen<br />
Generationen auf das innigste verwachsen<br />
sind. Sie sind es, die gerade bei ernsten Konflikten<br />
der Aussöhnung und Verständigung<br />
unüberwindlich scheinende Hindernisse entgegenstellen.<br />
In dem Konflikte zwischen<br />
Weifen und Hohenzollera hat es sich gezeigt,<br />
daß man zur Verständigung gelangen<br />
kann, indem man über jene Hindernisse einfach<br />
hinwegschreitet und ihre völlige Erledigung<br />
weiter dem Wirken der Zeit über-<br />
läßt.<br />
Der konservative Politiker Prof. Delbrück,<br />
der seine Weltanschauung auf geschichtlicher<br />
Erkenntnis aufbaut, hat für die<br />
Unterlassung eines formellen Verzichtes auf<br />
Hannover seitens des jungen! Welfenherzogs<br />
eine Rechtfertigung gefunden. Er bezeichnet<br />
es als unmöglich, daß der Sohn den<br />
„mystischen Begriff des angeborenen<br />
Königsrechts", der den Großvater bereits<br />
erfüllt hatte und dem der Vater<br />
das Martyrium seines Lebens dargebracht<br />
hat, einfach verleugnen konnte. Die Rücksicht<br />
auf die treue Anhängerschaft in Hannover,<br />
die für den jungen Herzog eine Ehrenpflicht<br />
gewesen sei, die Rücksicht auf<br />
Männer, denen das Opfer, das die historische<br />
Entwicklung ihnen auferlegt hat,<br />
unendlich schwer geworden ist, und von<br />
denen noch heute viele unter uns leben, dies<br />
alles läßt er als ausreichende Erklärung für<br />
die Unterlassung des formellen Verzichts<br />
gelten. „Der Erbe" — so schreibt Delbrück<br />
in den „Preußischen Jahrbüchern" — ,<br />
„dem<br />
1<br />
all dieser Idealismus gewidmet war, kann<br />
wohl auf die praktische Verwirklichung der<br />
Restaurationspläne verzichten, aber die<br />
Preisgabe der Idee kann ihm nicht zugemutet<br />
.werden." Sollte in dieser die<br />
Schwerkraft der Unwägbarkeiten richtig<br />
einschätzenden Rechtfertigung laicht auch<br />
ein Schlüssel für die Ueberwindung zwischenstaatlicher<br />
Gegensätze, nicht ein Weg auch<br />
für die fernere Gestaltung des deutsch-französischen<br />
Verhältnisses zu finden sein? Sollte<br />
nicht, was den Fürsten recht war, den<br />
beiden großen Völkern billig1 sein können?<br />
Wie wäre es, wenn Deutschland von Frankreich<br />
„die Preisgabe der Idee" nicht mehr<br />
fordern und beide Staaten entschlossen danach<br />
trachten würden, nach' dem Muster von<br />
Weifen und Hohenzollern über das direkte<br />
Hindernis hinweg zu einem vernünftigen<br />
Verhältnis zu gelangen, das ihnen in wirtschaftlicher<br />
und kultureller Beziehung" un-<br />
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