1913 - Det danske Fredsakademi
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same Meinung nicht empfänglich ist, kein<br />
Land, welches gewillt ist, sich selber dem<br />
üblen Ruf auszusetzen, daß es in brutaler<br />
Weise auf seiner Macht besteht, anderen<br />
Ländern die Wohltat von anerkannten<br />
Hegeln redlichen Verhaltens streitig zu<br />
machen. Die Ehrerbietung, welche dieser<br />
allgemeinen internationalen öffentlichen<br />
Meinung bezeugt wird, steht in geradem<br />
Verhältnis zu der Größe und der Zivilisationsstufe<br />
einer Nation Nationale<br />
Hochachtung für die internationale<br />
öffentliche Meinung<br />
wird nicht lediglich von der Eigenliebe<br />
eingegeben, auch nicht bloß von dem Verlangen<br />
nach Zustimmung und guter Meinung<br />
der Menschheit. Zugrunde liegt dem<br />
Verlangen nach Zustimmung und der Scheu<br />
vor allgemeiner Verurteilung, bei den Nationen<br />
wie bei den Personen, ein tiefes<br />
Gefühl von Interesse, Welches zum<br />
Teil auf der Erkenntnis beruht, daß die<br />
Menschheit ihre Meinung durch Verhalten<br />
unterstützt, und daß die Nichtübereinstimmung<br />
mit den Grundsätzen der Nationen<br />
Verurteilung und Isolierung bedeutet; zum<br />
anderen Teil auf der Erkenntnis, d a ß e s<br />
bei dem Geben und Nehmen in<br />
internationalen Angel egenheitcn<br />
für jede Nation besser ist,<br />
sich den Schutz des Rech'tes zu<br />
sichern, indem man sich unterwirft,<br />
statt seiner Wohltaten verlustig zu gehen,<br />
indem man dasselbe ignoriert."<br />
Man merkt die Uebereinstimmung.<br />
Beide Staatsmänner gehen von der Tatsache<br />
aus, daß im Innern der Staaten nicht<br />
die Gesetze, sondern in der Hauptsache das<br />
Streben nach Achtung seitens der Staatsgenossen<br />
die Ordnung garantieren, und sie<br />
kommen beide zu dem gleichen Schluß, daß<br />
dieses Streben nach der Achtung der anderen,<br />
sich auch' auf die Beziehungen der<br />
Staaten zu übertragen beginnt und so zur<br />
Sanktion der zwischenstaatlichen<br />
Verpflichtungen Wird,<br />
deren Gültigkeit von kurzsichtigen Juristen<br />
und Staatsmännern wegen des fehlenden<br />
körperlichen Zwanges sehr oft überhaupt<br />
bestritten wurde. Was Haidane „Sittlichkeit"<br />
im internationalen Verkehr und<br />
Iloot „nationale Hochachtung für die<br />
internationale öffentliche Meinung" nernt,<br />
ist im Grunde genommen ein und dasselbe.<br />
Diese hochbedeutsamen Aeußerungen<br />
des englischen Lordkanzlers- gewinnen nur<br />
noch an Bedeutung durch ihre Uebereinstimmung<br />
mit den Aeußerungen eines der<br />
= DIE FRIEDENS-^M&RXE<br />
hervorragendsten amerikanischen Staatsmänner.<br />
„Durch zweier Zeugen Mund<br />
wird allerwärts die Wahrheit kund," wie<br />
das deutsche Sprichwort lautet. Wir können<br />
die Skepsis, mit der, namentlich in<br />
den deutschsprechenden Ländern, die Rede<br />
Haldanes seitens der Presse begrüßt wurde,<br />
nicht teilen. Gewiß, die Vorgänge der<br />
letzten Zeit lassen diese Skepsis begreiflich<br />
erscheinen. Aber trotz der Vertragsbrüche,<br />
der skrupellosen Annexionen, der<br />
kriegerischen Ueberfälle ohne vorhergehende<br />
Kriegserklärung, der schändlichen Kriegsgreuel,<br />
von denen wir erfahren, weisen die<br />
übereinstimmenden Aeußerungen der beiden<br />
Staatsmänner dennoch auf die Entwicklung<br />
zum Besseren hin.<br />
Der Machiavellismus ist in der internationalen<br />
Politik noch lange nicht überwunden;<br />
aber daß er nicht mehr allein<br />
herrscht, daß die Erkenntnis anfängt, sich<br />
Bahn zu brechen, auch das moralische Handeln<br />
zeitige Vorteile, ist schon ein Erfolg.<br />
Und die Symptome dieser aufdämmernden<br />
Erkenntnis sind gar nicht zu übersehen ; die<br />
Anzeichen mehren sich, daß die Staaten<br />
bestrebt sind, ihren moralischen Kredit in<br />
der Welt möglichst hochzuhalten. Man<br />
braucht nur zu beobachten, wie die Balkanstaaten<br />
bestrebt sind, die vorgekommenen<br />
Greueltaten von sich abzuwälzen und den<br />
anderen zuzuschreiben, wie sie sich die Verantwortung<br />
für den zweiten Krieg einander<br />
zuzuschieben suchen. Und waren sie nicht<br />
bedacht dem ersten Krieg, der sich als<br />
offener Raubkrieg darstellt, ein sittliches<br />
Motiv zugrunde zu legen, wonach sie ihn<br />
zur Befreiung ihrer angeblich bedrückten<br />
Religions- und Stammesgenossen unternahmen<br />
? Sind das nicht Symptome dafür,<br />
daß die internationale öffentliche Meinung<br />
bereits als Wert empfunden wird. Ja,<br />
selbst die bei unserer heutigen Diplomatie<br />
übliche Heuchelei scheint nur, so traurig<br />
sie an sich ist, ein Beweis für den Umschwung<br />
der Ideen zu sein. Ueberall suchen<br />
die Verantwortlichen die „böse Tat" zu<br />
rechtfertigen, und wenn dies nicht angeht,<br />
doch zu verkleiden. Das ist verwerflich;<br />
aber in dieser Verwerflichkeit liegt der Beginn<br />
zu einem Wandel. Es beweist, daß<br />
die Sittlichkeit bereits ein Faktor in der<br />
Politik geworden ist, den man zwar zu<br />
umgehen bereit ist, mit dem man aber, solange<br />
es angeht, doch zu rechnen versucht.<br />
Und !wenn die Völker erst reifer sein werden,<br />
wird es ihnen nicht schwer fallen<br />
nachzurechnen, wieviel ein gehaltener Ver-<br />
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