1913 - Det danske Fredsakademi
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@= DIE FßlEDEN5-^ARTE<br />
oben erwähnten Buche § 18 nach — , die<br />
die Strafbarkeit der Fruchtabtreibung in<br />
der Gefährdung des Nachwuchses, in der Gefährdung<br />
des „ planmäßigen Kulturlebens"<br />
sehen wollen.<br />
Kulturleben ! Wie sagte doch der „Arbeiterwille"<br />
(Graz, 2. 11. 1912) so richtig:<br />
..Der moderne Krieg versetzt die von ihm<br />
Betroffenen in einen<br />
dessen Furchtbarkeit<br />
Massenwahnsinn, für<br />
man vergebens nach<br />
einem Vergleich sucht. Ein normales Gehirn<br />
kann es unmöglich mit der Vernunft<br />
vereinbarlich finden, wenn Hunderttausende<br />
von Menschen einander gegenüberstehen,<br />
von dem einzigen Bestreben erfüllt, einander<br />
hinzumorden. Kann man von Vernunft<br />
und menschlicher Kultur noch sprechen, wenn<br />
Tag für Tag Berichte über die Abschlachtung<br />
Tausender von Menschen einlaufen,<br />
ohne daß die gesamte Menschheit vor Entsetzen<br />
aufschreit ? Kann von menschlicher<br />
Kultur die Rede sein, wenn die friedliche<br />
Bevölkerung großer Städte und zahlloser<br />
Dörfer, die notdürftigsten Habseligkeiten mitschleppend,<br />
in hastender Flucht die heimatliche<br />
Scholle verlassen muß, um den Schrecken<br />
des Krieges zu erteilen; wenn Ungezählte,<br />
vor namenlosem<br />
dunklen Schicksal<br />
Elend flüchtend, einem<br />
entgegengehen, von dem<br />
nur das eine sicher ist, daß es nicht minder<br />
namenloses Elend in seinem Schöße birgt ?"<br />
Aber nein ! Von menschlicher Kultur wird<br />
zwar allenthalben viel und laut ge— sprochen;<br />
doch es fällt der Menschheit gar nicht ein,<br />
vor Entsetzen aufzuschreien, wenn sie alle<br />
die Kriegsgreuel hört.<br />
Wenn bei einer Revolte, wie gewöhnlich<br />
(siehe schon die: „dames de la halle"),<br />
Weiber sich am rohesten benehmen, gegen<br />
die Wache oder das Militär Steine werfen<br />
usw., und der Kommandant endlich notgedrungen<br />
seiner Mannschaft den Befehl zum<br />
Vorgehen mit der Waffe gibt, dann ist das!<br />
Geschrei der „Kulturwelt" groß über den<br />
Frevel, daß „sogar schwache<br />
geschont" wurden. Ob wohl<br />
vor die Kanonen gezwungene<br />
Frauen nicht<br />
der schuldlos<br />
Mann gegen<br />
Schrapnells weniger schwach ist?<br />
Und noch in Kriegszeiten melden die<br />
Zeitungen von „grauenhaften Unglücksfällen",<br />
wenn irgendwo infolge eines Auto-<br />
Unfalles oder dergleichen zwei oder drei<br />
Menschen verletzt werden, während z. B. am<br />
16. 11. 1912 eine ganze Reihe von Blättern<br />
mit förmlich behaglichem Hohne meldeten,<br />
daß bei einer wenig „erfolgreichen türkischen<br />
Beschießung eines bulgarischen<br />
Lagers auch „eine Anzahl Bulgaren getötet<br />
worden" seien.<br />
Aber nicht nur das. Wie sorgten ihrerseits<br />
die Staaten<br />
vor die feindlichen<br />
für ihre Kinder, die sie<br />
Geschosse zwangen ? Wie<br />
stand es mit der Fürsorge für die gewiß<br />
nicht durch ihre Schuld und mit ihrem freien<br />
Willen Verwundeten ?<br />
Ueber die Schlacht bei Lüle Burgas z. B.<br />
schrieb der Berichterstatter des<br />
Telegraph" am Tage nach dieser:<br />
„ Daily<br />
„Man<br />
begab sich in eine der grössten Schlachten<br />
der Neuzeit unter diesen Verhältnissen mit<br />
frevelhafter Außerachtlassung der Folgen.<br />
Die Opfer wurden zur Schlachtbank geführt,<br />
ohne daß man die geringsten Vorbereitungen<br />
zur Rettung der Verwundeten gemacht hatte.<br />
Es gab nicht eine Feldverbandstation, nicht<br />
ein Feldspital wurde errichtet, und die wenigen<br />
Aerzte an der Front waren aller notwendigen<br />
Dinge entblößt und mußten zusehen,<br />
ohne einen Finger rühren zu können,<br />
wie Tausende der Verwundeten dem' Tode<br />
geweiht wurden, die sonst hätten gerettet<br />
werden können."<br />
Das „Grazer Tagblatt" vom 22. 11. 1912<br />
veröffentlichte eine Zuschrift, der ich fol-<br />
gende Stelle entnehme :<br />
„Wiederholt und<br />
nachdrücklich muß ich betonen, daß die<br />
Verwundeten in einem geradezu bejammernswerten<br />
Zustande eintreffen .... Auch merkt<br />
man, daß die bulgarischen Offiziere die ihnen<br />
unterstellten Mannschaften, wie aus den Berichten<br />
und Aeußerungen der gewiß nicht<br />
feigen verwundeten Soldaten hervorgeht,<br />
häufig<br />
opfern,<br />
in der schonungslosesten<br />
um nur für ihren Teil<br />
Weise auf-<br />
irgendeinen<br />
Augenblickserfolg melden zu können, der<br />
dann später preisgegeben werden muß."<br />
Kulturleben ! In anderer Beziehung freilich<br />
sorgten die kriegführenden Staaten schon<br />
für das, was die Ordnung verlangt.<br />
Betreffs der Zurückgebliebenen meldete<br />
der Korrespondent des „Grazer Tagblatt"<br />
diesem zum 20. 11. 1912: „Die Mütter dürfen<br />
jetzt, wo ihr 17 jähriger Sohn, die Gattinnen<br />
und Kinder, denen der bereits altersschwach<br />
werdende fünfzigjährige Vater entrissen und<br />
auf die Schlachtbank geführt wird, öffentlich<br />
keine Tränen vergießen, da in diesem Falle<br />
Geldstrafe oder 25 Stockprügel drohen."<br />
Ist gegen alles das nicht das Zuchthaus<br />
ein ruhiges Elysium ? Und ist ein<br />
solches „planmäßiges Kulturleben" — man<br />
entsinne sich, daß speziell dieser Krieg<br />
unter marktschreierischer Berufung auf christliche<br />
Kultur eröffnet wurde — es wirklich<br />
wert, auch nur durch eine einzige Geburt<br />
gefördert<br />
Und<br />
zu werden ?<br />
nun knüpfen wir wieder bei . du<br />
Moriez an : Um<br />
dieses schöne Resultat zu<br />
erreichen, sollen Menschen verpflichtet sein,<br />
Kinder zur Welt zu bringen. Wer es nicht<br />
tut, der zeigt nach Montier („De l'avortement<br />
criminel", 1894, S. 17) „une profondeur<br />
d'immoralite et une absence de conscience,<br />
qui eronne et d^courage". Ich frage<br />
im Gegenteil: Ist nicht der Gedanke, der<br />
fühlenden Menschen die Idee zumuten will,<br />
zur besseren Ermöglichung solcher Massengreuel<br />
schuldlose Wesen nicht nur herzugeben,<br />
sondern sogar erst in die Welt zu<br />
setzen und das Glück ihrer Familie zu opfern,<br />
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