1913 - Det danske Fredsakademi
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Ungarn annektierte nun in diesen Tagen ganz<br />
plötzlich dieses Stückchen Land. Die Türkei<br />
verliert wohl nichts daran, und Europa wird?<br />
dadurch nicht erschüttert. Aber ein Gewaltakt<br />
bleibt diese Handlung dennoch. Er ist um<br />
so bedauerlicher, als die Annexion nach den<br />
gegenwärtigen Verhältnissen sicherlich in einer<br />
dem Kechtsbewußtsein mehr entsprechenden<br />
Weise hätte durchgeführt werden können.<br />
Diese bereits in Bosnien und in Tripolis geübte<br />
Methode schlägt dem Zeitgeist ins Gesicht,<br />
denn jede Regierung, der das Wohl ihres Landes<br />
am Herzen liegt, müßte es vermeiden, derartige<br />
Verfahren einzuschlagen, auch selbst<br />
wenn es sich nur um einen Ziegelstein handelt.<br />
Verschiedenes.<br />
Der Tag von Bern. :: :: :: :: :: :: :: :: :: :: :: :: ::<br />
Der Tag von Bern hat die Erwartungen,<br />
die wir in der vorhergehenden Nummer der<br />
Friedens-Warte zum Ausdruck brachten, nicht<br />
getäuscht. Die von 34 Mitgliedern des Deutschen<br />
Reichstags und von 124 Mitgliedern der<br />
französischen Deputiertenkammer und des Senats<br />
beschickte Konferenz einigte sich auf eine gemeinsame<br />
Resolution, die ohne Debatte und<br />
unter großem Beifall zur Annahme gelangte.<br />
Sie hat folgenden Wortlaut:<br />
„Die erste Konferenz der deutschen und<br />
französischen Parlamentarier, versammelt zu<br />
Bern am 11. Mai <strong>1913</strong>, wendet sich mit aller<br />
Entschlossenheit gegen die verwerflichen chauvinistischen<br />
Hetzereien jeder Art und gegen die<br />
sträflichen Treibereien, die auf beiden Seiten<br />
der Grenze den gesunden Sinn und die Liebe<br />
der Bevölkerung zum Vaterlande irre zu führen<br />
drohen. Sie weiß und verkündet, daß die beiden<br />
Völker in ihrer ungeheuren Mehrheit<br />
den Frieden wollen, diese oberste Bedingung<br />
jedes Fortschrittes. Sie verpflichtet<br />
sich, unermüdlich daran zu arbeiten, daß Mißverständnisse<br />
zerstreut und Konflikte vermieden<br />
werden, und sie dankt von Herzen der vom<br />
Volke gewählten Vertretung Elsaß-Lothringens,<br />
daß sie durch ihre hochherzigen Erklärungen<br />
die Annäherung beider Länder zu einer werktätigen<br />
Gemeinschaft der Zivilisation erleichtert<br />
hat.<br />
Sie lädt ihre Mitglieder ein, mit aller Kraft<br />
auf die Regierungen der Großmächte zu wirken,<br />
daß sie eine Beschränkung der Ausgaben<br />
fürHeerundFlotte herbeiführen.<br />
Die Konferenz tritt warm ein für den von dem<br />
Staatssekretär der Vereinigten Staaten B r y a n<br />
in der Schiedsgerichtsfrage gemachten Vorschlag.<br />
Sie fordert demgemäß, daß Konflikte,<br />
die zwischen den beiden Staaten entstehen<br />
könnten und die auf diplomatischem Wege nicht<br />
zu schlichten sein sollten, dem H a a g e r<br />
Schiedsgericht unterbreitet werden. Sie<br />
zählt auf ihre Mitglieder, daß sie in diesem<br />
Sinne eine takräftige und nachhaltige Wirk-<br />
= DIE FRIEDEN5->M&RXE<br />
samkeit entfalten werden. Sie ist überzeugt,<br />
daß eine Annäherung zwischen Deutschland und<br />
Frankreich, die Verständigung zwischen den<br />
großen Mächtegruppen erleichtern und damit<br />
die Grundlage für einen dauernden Frieden<br />
schaffen werde.<br />
Sie beschließt, daß ihr Präsidium sich als<br />
ständiges Komitee konstituiert mit dem<br />
Recht beiderseitiger Kooptation. Sie gibt dem<br />
Komitee zugleich den Auftrag, neue Konferenzen<br />
periodisch oder je nach den Umständen unverzüglich<br />
einzuberufen."<br />
Das ständige Komitee, das eingesetzt wurde,<br />
besteht deutscherseits aus den Reichstagsabgeordneten<br />
Haase, Haußmann und Rick-<br />
1 i n , französischerseits aus den Senatoren<br />
d'Estournelles de Constant, Gaston<br />
Meunier und dem Deputierten<br />
Jaures.<br />
1<br />
Ueber die große Bedeutung dieses Ereignisses<br />
hier ,ein Wort zu verlieren, erscheint überflüssig.<br />
Nur darauf sei hingewiesen, daß die<br />
Wichtigkeit des Vorganges nicht nur darin lag,<br />
daß sich deutsche und französische Volksvertreter<br />
zu gemeinsamer Arbeit zusammenfanden,<br />
sondern auch darin, daß, für Deutschland<br />
wenigstens, zum erstenmal Bürgerliche und<br />
Sozialdemokraten<br />
eint wirkten.<br />
bei einer Friedensaktion ver-<br />
Aber noch eine andere franco-deutsche<br />
Verständigung trat anläßlich jener Berner Zusammenkunft<br />
zutage. Die deutsche und die<br />
französische Chauvinistenpresse war wieder<br />
einmal eines Sinnes. Sie triumphierte in<br />
beiden Ländern über die angebliche Ergebnislosigkeit<br />
der Zusammenarbeit und stellte dort<br />
die Franzosen, hier die Deutschen als Verräter<br />
an ihren respektiven Vaterländern hin.<br />
Man hat die verhältnismäßig geringe Beteiligung<br />
der deutschen Abgeordneten bemängelt.<br />
Aber die Masse macht es nicht in solchen<br />
Dingen. Mit nur 9 Mitgliedern des englischen<br />
Unterhauses kam Randal Cremer 1888 zur<br />
franco-englischen Zusammenkunft nach Paris,<br />
aus der die Interparlamentarische Union hervorgegangen<br />
ist. • Mit 90 französischen Deputierten<br />
(Kammer und Senat weisen über 1000<br />
Abgeordnete auf!) ging d'Estournelles 1903 zu<br />
jener Parlamentsentrevue nach London, aus der<br />
die „Entente cordiale" entstand. Das in Bern<br />
eingesetzte Reis wird trotz der numerisch geringen<br />
Beteiligung der Deutschen dennoch die<br />
schönsten Früchte tragen.<br />
Aus diesem Grunde ist es vielleicht angebracht,<br />
authentische Daten über die Vorgeschichte<br />
der Berner Zusammenkunft hier festzuhalten,<br />
um späterer Legendenbildung vorzubeugen.<br />
Der Plan stammt von dem deutschen<br />
Reichstagsabgeordneten Dr. Ludwig Frank<br />
in Mannheim, der ihn am 13. März in einer<br />
Versammlung der sozialdemokratischen Partei<br />
in Mannheim zum erstenmal vorbrachte. Nach<br />
dem Bericht der Mannheimer „Volksstimme"<br />
vom 14. März sagte Frank damals:<br />
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