1913 - Det danske Fredsakademi
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DJE FRIEDENS^VADTE = ©<br />
erweiterung und darum auch die böse Lust<br />
danach. Wenn man dort noch immer im<br />
trüben fischen kann, so ist es klar, daß niemand<br />
dem anderen den fetten Bissen gönnt.<br />
Man spricht von einem Gleichgewicht der<br />
Balkanstaatenwelt, das sich aus dem neuen<br />
Kriege ergeben solle und werde; aber gerade<br />
dies Gleichgewicht ist ihrer aller Schwäche,<br />
es eröffnet der Einmischung der Großmächte<br />
freie Bahn, und hält die Wunde offen, die<br />
sie sich jetzt gegenseitig schlagen.<br />
Schon, daß Bulgarien mit zäher Hartnäckigkeit<br />
auf den ungeteilten Besitz<br />
von Adrianopel bestand, das ihm die Türken<br />
bereits zur Hälfte abgetreten hatten, war ein<br />
schwerer Fehler. Es brachte ungeheure neue<br />
Opfer, sich der Festung zu bemächtigen,<br />
Während die anderen Verbündeten leichte<br />
Siege gewannen und ihre Heere reorganisieren<br />
und vermehren konnten. Nur eine<br />
außerordentliche Ueberschätzung der eigenen<br />
Kraft kann die Staatsmänner und Generale<br />
des Zaren Ferdinand zu dieser Verlängerung<br />
des Krieges bewogen haben. Wenn die<br />
Griechen sie in dieser kranken Staatskunst<br />
bestärkt haben sollten, so mag es nicht gerade<br />
machiavellistische Bosheit gewesen sein,<br />
sondern mehr der Wunsch mit der Uebergabe<br />
Adrianopels an Bulgarien für sich selbst<br />
Saloniki und vielleicht Kawala zu sichern.<br />
Jedenfalls stellte sich alsbald heraus, daß<br />
die Bulgaren gerade noch Adrianopel, mehr<br />
durch Aushungerung als durch Gewalt,<br />
nehmen, aber 'weiter nicht vorzudringen vermochten.<br />
Weder die Tschataldjastellung noch<br />
die heißersehnte Halbinsel Gallipoli waren<br />
sie imstande zu bezwingen, obwohl sie<br />
durch zwei serbische Divisionen, gut 30 000<br />
Mann, unterstützt waren. Wenn ihnen also<br />
das politische Ziel vorgeschwebt hatte, festen<br />
Fuß am Marmarameere und nahezu vor den<br />
Toren von Konstantinopel zu fassen, Adrianopel<br />
aber in umgekehrter Entwicklung der<br />
osmanischen Geschichte zur Hauptstadt von<br />
Groß-pBulgarien zu machen, ehe ihnen in<br />
einem späteren Feldzuge Konstantinopel als<br />
reife Frucht in die Hand fiel, so mußten<br />
sie dieser Sehnsucht entsagen. Schon hier<br />
bewies ihnen das Schicksal, daß ihre Kraft<br />
geringer war als ihr Wünschen und<br />
Hoffen, daß der zweite Feldzug politisch<br />
militärisch, finanziell, unnütze Opfer von ihrem<br />
Volke gefordert und nahezu ein leichtfertiges<br />
Verbrechen gewesen war.<br />
Sie zogen leider keine Lehre daraus für<br />
die Zukunft. Es ist fast ausnahmslos<br />
eine schlechte Politik, die die verlorenen<br />
Feldzüge im Gefolge hat. Weit inniger<br />
noch, als wir gewöhnlich träumen, betäubt<br />
von der blutigen Gewalt der Schlachtenschläge,<br />
hängen Politik und Erfolg eines<br />
Krieges, wie Ursache und Wirkung, miteinander<br />
zusammen. Die Bulgaren sind jetzt<br />
weniger, als die Menschen meinen, militärisch<br />
von ihren früheren Verbündeten über-<br />
308<br />
wunden worden. Sie haben sich durch ihre<br />
leichtfertige Politik selbst gemordet.<br />
Dem Fehler, den sie den Türken gegenüber<br />
begingen, fügten sie den zweiten, vielleicht<br />
noch schwereren hinzu, das mächtige<br />
und festgefügte Rumänien zu reizen und<br />
mittelbar auch Rußland zu verstimmen. Natürlich<br />
hat Rumänien ebenso wenig Anrecht<br />
auf bulgarisches Land, als dieses auf die<br />
Hadriansstadt und die Gestade der Marmara.<br />
Ist aber einmal eine Prestige- und Eroberungspolitik<br />
auf einer Stelle begonnen, so<br />
frißt sie wie ein Krebsgeschwür weiter und<br />
reizt die Begehrlichkeit der Nachbarn. Auch<br />
für Rumänien handelte es sich nicht um<br />
kulturelle Fragen, sondern um eine nackte<br />
Vergrößerungspolitik, um jenen Ehrgeiz des<br />
Staates, der mit dem Glücke der Menschen<br />
wenig gemein hat, um die berühmte Politik<br />
des Gleichgewichts, die in Wahrheit eine<br />
Politik mißtrauischer Räuberbanden ist. Aber<br />
da die Bulgaren glaubten, in Bukarest Türken<br />
vor sich zu haben und nicht ebenso geriebene<br />
und entschlossene Männer als sie selbst sind,<br />
so zerronn in diesem Augenblick der schöne<br />
Traum eines Balkanbundes, und der Krieg<br />
aller gegen lalle ward entfesselt. Der thrazische<br />
Krieg, der immerhin einen wirklichen<br />
Kulturfortschritt hätte anbahnen können,<br />
wenn er ein gemeinsames Werk höher gesitteter<br />
Völker gegen primitivere und unhaltbar<br />
gewordene Zustände geblieben wäre,<br />
ward nun ein Unternehmen sinnloser<br />
Menschenschlächterei, und brachte den unglücklichen,<br />
den „befreiten" Völkerschaften<br />
namenlose Leiden. Mehr wie in einem anderen<br />
Kriege ward hier die Wut der verschiedenen<br />
Nationalitäten zu Taten grausamster Niedertracht<br />
gegeneinander entflammt, und anstatt<br />
die Gesittung zu heben, ward die Bestie<br />
im Menschen freigemacht. Es ist sehr<br />
gleichgültig, wenn sie sich gegenseitig der<br />
Metzeleien beschuldigen, und jeder die eigenen<br />
Hände in Unschuld wäscht: sie sind alle in<br />
der gleichen Verdammnis, und auf allen<br />
Seiten sind zweifellos Taten geschehen, deren<br />
viehische Wollust zum Himmel stinkt. Das<br />
sind die Folgen des bulgarischen Großmachtsdünkels<br />
I<br />
Es wäre immer noch nicht so weit gekommen,<br />
wenn man nicht zugleich die beiden<br />
Verbündeten, Serbien und Griechenland, böse<br />
vor den Kopf gestoßen hätte. Der<br />
Beuteanteil, den ihnen Bulgarien zugestehen<br />
wollte, konnte weder das eine noch<br />
das andere zufrieden stellen. Nachdem<br />
man einmal den Weg des Krieges betreten<br />
hatte, durften hier nicht mehr formale Rechtsgründe<br />
entscheiden, sondern Grundsätze der<br />
Billigkeit und der Moral. Sie völlig<br />
außer acht gelassen zu haben, darin bestand<br />
der größte Frevel der bulgarischen Politik.<br />
Besonders Serbien war unzweifelhaft benachteiligt.<br />
Nachdem Oesterreich-Ungarn ihm<br />
den Ausgang zur Adria versperrt hatte, mußte