1913 - Det danske Fredsakademi
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setzen, man müsse vielmehr diesen letzteren<br />
häufig die endgültige Lösimg der größten politischen<br />
Probleme überlassen ? Wir Laien<br />
hatten geglaubt, daß die Diplomatie Geschichte<br />
mache, hatte uns doch Naumann erst<br />
beim Ausbruch des tripolitanischen Krieges<br />
bemerkt, Italien gehe nach Tripolis, weil es<br />
ein Geschichtsvolk sein wolle. Wir hatten<br />
also angenommen, es liege in der Hand der<br />
Diplomatie, über Krieg und Frieden zu entscheiden^<br />
und waren auch durch den Ausbruch<br />
des Balkankrieges, dessen diplomatische<br />
Vorbereitung wir mit Händen greifen<br />
konnten, keines anderen belehrt worden.<br />
Nun aber will uns San Giuliano weis machen,<br />
daß gewisse geheimnisvolle Mächte in der<br />
Weltgeschichte walten, welche die Diplomatie<br />
zwingen könnten, halb widerwillig einzugreifen.<br />
Setzen wir den Fall, auch die<br />
asiatische Türkei zerfällt oder eine zusammengeleimte<br />
europäische Großmacht, deren Namen<br />
ich nicht nennen will, geht aus dem Leim,<br />
so würden auch dadurch nicht von selbst<br />
territoriale Veränderungen am Mittelmeer entstehen,<br />
wohl aber könnten solche Veränderungen<br />
durch das gewaltsame Eingreifen der<br />
gesunden Großmächte in die Sphären der<br />
kranken Mitglieder der europäischen Staatenfamilie<br />
herbeigeführt werden. San Giuliano<br />
würde djann versuchen, uns glauben zu machen,<br />
daß sich hier einfach geschichtliche Notwendigkeiten<br />
vollziehen, deren Zwang sich auch in<br />
einem sonst ganz schuldlosen Staat fühlbar<br />
machen würde.<br />
Auf diese Weise, wie San Giuliano sich<br />
die Zukunft unseres Weltteils denkt, werden<br />
wir nie zu einem dauernden Frieden kommen.<br />
Denn absterbende Völker wird es immer wieder<br />
geben, und wenn dann die aufstrebenden Nationen<br />
berechtigt sein sollen, sich gewaltsam<br />
in das zur Liquidation kommende Erbe zu<br />
teilen, so werden wir immer und immer wieder<br />
den Krieg haben. Es gibt keinen anderen<br />
Weg, als den so oft beschriebenen, wonach<br />
auch in Fällen des Zusammenbruchs einer<br />
geschichtlichen Macht, abgesehen von dem<br />
dann in Kraft tretenden Selbstbestimmungsrecht<br />
der Völker, der herrenlos werdende<br />
Boden nur von solchen besetzt werden darf,<br />
die nachweislich einem zu eng beisammen wohnenden<br />
Volke angehören. Das allein ist der<br />
W r eg des Rechts und des Friedens. Um aber<br />
doch auch dem italienischen Minister gerecht<br />
zu werden, so will ich gern zugestehen, daß<br />
eine Stelle seiner Rede mir nicht übel gefallen<br />
hat, es sind dies die klassischen Ausführungen<br />
über das Verhältnis der Territorien<br />
auf dem Balkan. Die „Wunsche und Interessen<br />
der Bevölkerung", sagt er in diesem<br />
Zusammenhang, „müssen versöhnt und in gewissen<br />
Fällen dem höchsten Ziel der Zivilisation<br />
und des Friedens untergeordnet werden<br />
in einer Krisis^ wo so viele entgegengesetzte<br />
Interessen im Spiel sind, kann keine große<br />
oder kleine; Macht verlangen, daß alle, ihre<br />
= DIE FRIEDEN5-^ABT£<br />
Wünsche vollständig befriedigt werden. Es<br />
ist vielmehr notwendig, daß jede einige Opfer<br />
bringt, und daß die auseinandergehenden Interessen<br />
durch eine Reihe gegenseitiger Transaktionen<br />
ausgeglichen werden.'' Wenn die<br />
Diplomatie stets nach diesen Grundsätzen gehandelt<br />
hätte, so hätte sie manchen Kriegsausbruch<br />
verhindert.<br />
Der Fall Maurenbrecher.<br />
Der bekannte Sozialdemokrat<br />
Maurenbrecher trat anfangs<br />
Dr. M a x<br />
Januar im<br />
„Freien Wort" (erstes Januarheft <strong>1913</strong>) in<br />
einem „Die Demokratie und der Krieg" betitelten<br />
Artikel, ausgehend von einer Besprechimg<br />
der<br />
dafür ein,<br />
Schrift von Wilhelm Lamszus,<br />
„daß für Staaten und Staatsformen, die noch nicht<br />
zur Vollendung gekommen sind, die den natürlichen<br />
Grad ihrer Ausreifung noch nicht erreicht<br />
haben, der Krieg und auch der Eroberungskrieg<br />
eine unbedingte Not'<br />
wendigkeit ist. .<br />
. . Der Krieg ist nicht nur<br />
Schrecken und Tod. Er ist oft genug auch die<br />
Ermöglichung einer höheren Organisationsform der<br />
Menschheit und ist damit gut und liegt<br />
in der Linie des menschlichen Fortschrittes.<br />
Und wenn dem so ist, so<br />
muß er gewollt werden! So muß man<br />
auch innerhalb der nachchristlichen Kulturperiode<br />
der Menschheit den Willen und die Entschlußfähigkeit<br />
in der Jugend erziehen, unter Umständen<br />
auch das eigene Leben wegwerfen zu<br />
können um der weltgeschichtli c h, e n Zukunft<br />
willen, die eben durch einen<br />
solchen Krieg möglich gemacht werden<br />
soll."<br />
Im weiteren Verlauf des Artikels billigt<br />
der Autor nicht nur den Verteidigungskrieg,<br />
was man immerhin gelten lassen kann, sondern<br />
auch den Präventivkrieg, indem er<br />
sagt<br />
„Es muß vorbehalten werden, daß der Staatsmann<br />
unter Umständen die feineren Zusammenhänge<br />
des Werdens und der Möglichkeit der Zukunft weit<br />
umfassender überschaut als der Bauer oder Ar<br />
beiter, der rein aus seiner täglichen Arbeit heraus<br />
von geographischen und wirtschaftlichen Zusam<br />
menhängen nur wenig weiß. Der Staatsmann kann<br />
unter Umständen den Fall des notwendigen Verteidigungskrieges<br />
schon damit gekommen sehen,<br />
daß eine Verschiebung im Weltverkehr oder in den<br />
Machtverhältnissen der andern Staaten eintritt, die<br />
die Wirtschaftserhaltung der Zukunft für die eigene<br />
Nation aufs schwerste gefährdet. Soll dann die<br />
Demokratie erklären, daß sie in einen solchen<br />
Krieg nicht mitziehen wolle, weil der Boden des<br />
Vaterlandes in körperlichem und handgreiflichem<br />
Sinne noch nicht verletzt ist? Muß dann nicht<br />
unter Umständen gerade vom demokratischen<br />
Standpunkte aus ein Krieg als notwendig<br />
gewollt werden, auch wenn er äußerlich<br />
als Angriffskrieg oder als Krieg um<br />
ganz fernliegende Objekte erscheint?"<br />
Diesen Standpunkt habe ich im ersten<br />
Februarheft des Freien Worts in einein Artikel<br />
zu widerlegen versucht, indem ich u. .a.'<br />
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