1913 - Det danske Fredsakademi
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DIE FßlEDENS-^^BTE 3<br />
daß immer noch der Krieg als roher Zwang<br />
wütet, daß immer wieder Rückfälle eintreten.<br />
Diese kleinlichen Geister stellen sich wie blind<br />
gegen die Erwägung, daß der Aufstieg der<br />
Menschheit ein gar langsamer und mühsamer,<br />
von Rückfällen bedrohter gewesen ist. Aber<br />
gerade wer diesen ehrlich ins Auge faßt, der<br />
ist voller Genugtuung darüber, daß schon so<br />
Großes erreicht worden ist, Größeres bereits<br />
in die Wege geleitet wird. Wir befinden uns in<br />
einer neuen Phase der Menschheitsgeschichte;<br />
wir gehen einem neuen, einem Völkerfrühling<br />
entgegen.<br />
Frankreichs Großmachtsstellung<br />
und Kulturziele.<br />
Von Herrn. Fernau, Paris.<br />
Frankreich ist heute unbestreitbar die<br />
friedliebendste Großmacht in Europa geworden.<br />
Allerdings dürfen wir unsere Vogesennachbarn<br />
nicht mit den Wissenschaften und<br />
Beobachtungsfähigkeiten der „führenden"<br />
Tagespresse beurteilen, wenn wir ehrlich feststellen<br />
wollen, inwieweit die französische<br />
Nation seit etwa 40 Jahren ihre „glorreiche"<br />
napoleonische Tradition verleugnet. Alles zielt<br />
heute bei den Franzosen auf eine neue Kultur<br />
hin, die keinen Platz mehr hat für Waffenruhm<br />
und nationalen Eigensinn und in direktem<br />
Gegensatz zu jener „Großmachtpolitik" steht,<br />
von der seit Bismarck in Europa so viel geredet<br />
wird und die wie eine beständige Bediohung<br />
des Friedens über den Völkern Europas<br />
hängt.<br />
Für den denkenden Menschen gibt es nicht<br />
leicht einen sinnloseren Begriff als er in<br />
Worten wie Großmachtpolitik, Großmachtstellung<br />
usw. usw. zum Ausdruck kommt. Vergeblich<br />
bemühe ich mich seit Jahren, hinter<br />
das Geheimnis dieser und ähnlicher Worte<br />
unserer Diplomatensprache zu kommen. Ich<br />
bin ganz unfähig, zu verstehen, inwieweit die<br />
Großmachtpolitik zum menschlichen Glücke<br />
unentbehrlich ist. Mein Respekt vor den<br />
Diplomaten und Zeitungsschreibern, die seit<br />
Jahrzehnten mit dieser Ware so lärmend beim<br />
Volke hausieren gehen, ist darob nicht sonderlich<br />
gewachsen. Sie sind mir verdächtig<br />
und auch ein bißchen lächerlich die Leute,<br />
die mit einem Auge immer in China herumschielen,<br />
mit dem anderen „unsere Interessensphären"<br />
in Marokko und am Bosporus beobachten,<br />
die beständig von der Bedrohung<br />
„unseres Einflusses", „unserer Machtstellung"<br />
und anderer kostbarer Dinge reden, und deren<br />
Weisheit letzter Schluß immer derselbe ist:<br />
Wir müssen rüsten und wieder rüsten, zu<br />
Wasser und zu Lande, auf, unter und über<br />
der Erde, damit wir unsere Großmachtstellung<br />
erhalten, damit man uns nicht „einkreise",<br />
nicht erdrücke, sondern „im Konzert<br />
der Großmächte" respektiere, usw. usw.<br />
10<br />
Aber damit, daß uns Pazifisten die Großmachtpolitiker<br />
und Diplomaten allenthalben<br />
verdächtig und lächerlich zu werden beginnen,<br />
ist es nicht getan. Es gilt zu beweisen, daß<br />
sie überflüssig und schädlich in der moderne»<br />
Welt sind, daß wir, die Bürger der Kulturnationen,<br />
fähig und wülens sind, unsere Geschäfte<br />
fortan ohne diplomatische Vermittlung<br />
zu machen. Es gilt dem Volke klarzumachen,<br />
daß die „hohe" Diplomatie eine Gefahr für<br />
den Frieden und Fortschritt der Menschheit<br />
bildet. Wir müssen den Großmachtpolitikern<br />
und allen, die ihrer Art sind, endlich ein neues,<br />
vornehmeres und ehrlicheres Kulturideal entgegensetzen,<br />
eine KuUtur, in der man nicht<br />
mehr so balkenbrechend lügt, sondern in der<br />
man die geheimen Ursachen der sogenannten<br />
Großmachtpolitik beim richtigen Namen nennt,<br />
auf die Gefahr hin, einige patriotische Empfindlichkeiten<br />
zu verletzen. Wenn es uns<br />
nicht gelingt, den Diplomaten den Wind aus<br />
den Segeln zu nehmen, ihren Einfluß beständig<br />
zu schwächen und sie so allmählich überflüssig<br />
in der modernen Welt zu machen, dann werden<br />
wir noch auf lange hinaus ohnmächtig bleiben.<br />
Da ist nun Frankreich, das bekanntlich<br />
auch überall seinen „großen Stein im Weltschachbrett"<br />
hat. Prinzipiell sollte eine Republik<br />
mit dem hohlen Phrasengewirr der<br />
Diplomatie aufräumen und eine ehrlichere<br />
Sprache reden, als sie bisher in der internationalen<br />
Politik geführt wurde. Aber die<br />
Zeiten, wo wir nur noch sprechen werden, um<br />
verstanden zu werden, jenes goldene Zeitalter,<br />
wo die Bildung der Massen gebieterisch<br />
fordern wird, daß nur noch diejenigen reden<br />
und schreiben, die wirklich etwas zu sagen<br />
haben, ist trotz der republikanischen Etikette<br />
selbst in Frankreich noch nicht angebrochen.<br />
Auch in Frankreich regiert man noch mit<br />
hohlen Worten. Ganz ebenso wie anderswo<br />
redet man auch in Frankreich noch von der<br />
„nationalen Ehre", von der Schönheit und Notwendigkeit<br />
der kolonialen Expansion, der<br />
„friedlichen" Durchdringung Marokkos und<br />
ähnlichen Kinkerlitzchen mehr. Drei Viertel<br />
aller Leute, die täglich ihre Zeitung lesen, verstehen<br />
trotzdem nichts von dieser „hohen Politik",<br />
mit der man nichtsdestoweniger über<br />
das Wohl und Wehe, über Krieg und Frieden<br />
der Bürger entscheidet. Das letzte Viertel<br />
verhält sich dieser diplomatisch-finanziellen<br />
Metaphysik der Neuzeit gegenüber zwar mißtrauisch,<br />
aber es weiß trotz aller Aufklärung<br />
noch immer nicht recht, welche ureinfachen<br />
Dinge die Sprache der Diplomaten im Grunde<br />
verdeckt; sehr viele ahnen dunkel, daß es<br />
sich dabei um Geschäfte handelt, die nicht<br />
ihre Geschäfte sind, daß man ihre Haut verpfändet,<br />
um die Dividenden einer Bank zu<br />
erhöhen usw., aber . . sie sind in der Minderzahl.<br />
Ihre Proteste verhallen. Und darum<br />
regieren heute die Könige der Finanz in<br />
Frankreich mit einer Art moderner Metaphysik,<br />
die als Basis die Glaubhaftmachung von der