1913 - Det danske Fredsakademi
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DIE FRIEDENS -WAGTE 3<br />
Anfänge Forderungen stellen zu dürfen,<br />
die nur das Vollkommene erfüllen kann,<br />
der wird enttäuscht sein. Er wird aber<br />
nicht das Recht haben, zu behaupten, daß<br />
etwas deshalb nicht ist, weil es noch nicht<br />
vollkommen ist. Nein, dieses politische<br />
Europa ist, und die Einrichtung, die man<br />
aus Angst, diese Tatsache zugeben zu<br />
müssen, bloß als Botschafterkonferenz etikettierte,<br />
ist ein wichtiges und wirkliches<br />
Organ dieses neuen politischen Gebildes gewesen.<br />
Ein Organ, das einen Gemeinsamkeitswillen<br />
anscheinend heterogener Teile<br />
erzeugte, das aus den noch widerstrebenden<br />
Willensäußerungen eine Willenseinheit herauskristallisierte.<br />
Und kein ohnmächtiges<br />
Organ war es mehr, bloß zu theoretischen<br />
Aeußerungen geschaffen. Haben die geschichtsverklebten<br />
Augen der Rückwärtsgewandten,<br />
ihre allem beglückenden Neuen<br />
abgewandten Ohren jenes Dokument nicht gesehen<br />
noch von ihm gehört, das am 10. April<br />
in der Adria verkündigt wurde? Jenes Dokument,<br />
das mit den Worten anhebt:<br />
„Im Namen der internationalen<br />
Flotte, welche die Großmächte<br />
Europas vertritt", und das mit den<br />
Worten schließt : „C e c i 1 Burney,<br />
Vizeadmiral und Kommandier ender<br />
der internationalen Flotte."<br />
„Internationale Flotte, welche die Großmächte<br />
vertritt" ! Und<br />
zwischen diesen An-<br />
fangs- und Endworten stand ein Wille<br />
dekretiert, ein einheitlicher Wille, ein Befehl<br />
im Namen Europas. Sieht man noch<br />
immer nichts? Freilich, den Rückwärtsgewandten<br />
wird dieses Sehen nicht leicht.<br />
Aber für uns, die wir die Kausalität dieses<br />
Dokuments kennen, die wir wissen, wie<br />
sieh der darin ausgedrückte Gedanke, der<br />
darin zutage tretende Wille, die darin verkörperte<br />
Aktion allmählich und naturnotwendig<br />
aus den Einzelgeschehnissen des<br />
letzten Menschenalters herausentwickelten,<br />
für uns ist dieses Dokument ein hohes<br />
Zeichen von erlösender Bedeutung, ein erneuter<br />
Lebensschrei des werdenden „Staatentrüstes<br />
unseres von den Rudimenten der<br />
Vergangenheit noch immer überwucherten<br />
alten Erdteils.<br />
Mögen die Skeptiker, die Zweifler und<br />
Spötter, die um die Vergangenheit sich<br />
Aengstigenden noch so sehr den Wert dieses<br />
Dokumentes herabzusetzen suchen, daß es<br />
ist, können sie nicht bestreiten, .und dadurch,<br />
daß es ist, daß es sein konnte, ist<br />
es etwas Großes. Als wir auf unseren Kongressen<br />
von einer aus den Flotten der<br />
122<br />
europäischen Mächte gebildeten internationalen<br />
Polizei sprachen, galten wir als die<br />
Utopisten und Schwärmer. Als selbst ein<br />
Carnegie diese Forderung aufstellte, ein<br />
Roosevelt sie 1910 in Kristiania wiederholte,<br />
gab es nur ein Lächeln bei den P^wiggestrigen.<br />
Und doch sind in einem (schweren<br />
Augenblicke diese Utopien Wirklichkeit geworden,<br />
haben die Ereignisse ganz genau<br />
den Weg genommen, den wir für sie theoretisch<br />
skizziert hatten. Dabei muß noch<br />
betont werden, daß es sich nicht einmal<br />
mehr um eine Ausnahmeerscheinung handelt.<br />
Denn wir hatten schon einmal eine<br />
internationale Flotte, wir hatten schon ein<br />
internationales Landheer und wissen, daß<br />
der englische Weltadmiral nur der Nachfolger<br />
des deutschen Weltfeldmarschalls ist.<br />
Und gerade diese Wiederholung bestätigt<br />
die Annahme, daß es sich hierbei um eine<br />
Umwälzung der politischen Methoden handelt,<br />
die der alten Routine Hohn spricht.<br />
Vergessen wir es nicht: Der gemeinsame<br />
Wille Europas, — wenn es auch schwer gewesen<br />
sein mag, ihn zu konzentrieren — die<br />
gemeinsame Handlung Europas haben die<br />
Staaten vor gegenseitiger Vernichtung bewahrt.<br />
Nur in dieser Gemeinsamkeit liegt<br />
das Heil dieses Erdteils. Solange jeder<br />
einzelne Staat nur seinen eigenen Frieden<br />
zu wahren sucht, treibt er dem Ruin zu.<br />
Ein teilweises Einbekenntnis hierzu liegt<br />
in der Formierung der beiden Staatengruppen,<br />
die wir in Europa haben. Nicht<br />
aus Liebe, sondern aus der erkannten Ohnmacht<br />
des Isoliertseins sind sie erstanden.<br />
Eine Organisierung dieser Gruppen brächte<br />
das Ziel näher. Was während des Balkankonfliktes<br />
vorübergehend notwendig und<br />
möglich wurde, müßte zu einer dauernden<br />
Einrichtung werden. Dann könnte Europa<br />
wirklich zu einem Frieden kommen, der<br />
von dem Zustand des bloß vermiedenen<br />
Krieges grundsätzlich verschieden wäre.<br />
Dann könnte Europa zu einer Lähmung des<br />
Rüstungswettbewerbes, ja zu einer Verminderung<br />
seines erdrückenden Panzers<br />
kommen. Denn nur durch' gemeinsames Zusammenwirken<br />
aller Nationen, zum mindesten<br />
der größeren führenden, ist das<br />
Rüstungsproblem zu lösen. Es ißt ein<br />
inte r n ationales Problem und<br />
kann nur international gelöst<br />
w e r de n. Der Versuch, durch isolierte<br />
nationale Handlungen mit ihm fertig zu<br />
werden, führt zu jenen aller Vernunft Hohn<br />
sprechenden Methoden des gegenseitigen<br />
Ueberbietens ohne Ende.