1913 - Det danske Fredsakademi
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DIEFBIEDEN5-VVADTE =<br />
MinisterRsserf ; ein Bahnbrecher<br />
der Völkerverständigung.<br />
Mit dem am 29. Juli im Haag verstorbenen<br />
holländischen Staatsminister Asser ist einer<br />
der schärfsten Denker auf völkerrechtlichem<br />
und international-privatrechtlichem Gebiete dahingegangen,<br />
ein hochstrebender, ideal gesinnter<br />
Mann, der sich von kleinen Anfängen<br />
zu höchstem Ruhme emporgearbeitet und<br />
immerfort seine ganze Kraft der Menschheit<br />
dienstbar gemacht hat. Er ging vom Handelsrechte<br />
aus und erkannte, wie sehr die Menschheit<br />
statt der vielen nationalen Rechte ein<br />
Weltrecht nötig hatte. Von den Tagen an,<br />
wo er als 24jähriger Professor an der Universität<br />
Amsterdam dozierte, verließ ihn nie<br />
der Glaube an die Vereinheitlichung der verschiedenen<br />
Rechtssysteme, und er kämpfte<br />
heiß für die Verwirklichung dieses Gedankens.<br />
Ihn zeichnete besonders aus, daß er trotz<br />
seiner idealen Gesinnung niemals Utopien<br />
nachlief. Er dachte niemals daran, mit einem<br />
Schlage dieses Weltrecht herbeizaubern zu<br />
können und ging deshalb lediglich darauf<br />
hinaus, den Grundstein zu legen. Und dies<br />
ist ihm in vollstem Maße gelungen. Die vier<br />
Konferenzen, die in den letzten zwanzig Jahren<br />
im Haag über internationales Privatrecht abgehalten<br />
wurden, sind Assers Werk.. Er hat<br />
ihre Organisation in die Hände genommen<br />
und sie erfolgreich durchgeführt. Kein<br />
Wunder, daß er in Anerkennung dieser Verdienste<br />
auf allen diesen StaatenVersammlungen<br />
ebenso wie auf den Konferenzen für das Weltwechselrecht<br />
zum Vorsitzenden ernannt wurde.<br />
Ein hervorragender Delegierter zur zweiten<br />
Haager Friedenskonferenz erklärte mir einmal,<br />
wenn man auf den Konferenzen für internationales<br />
Privatrecht nicht mehr weiter gekonnt<br />
habe, dann habe man Asser in die<br />
Kommission geholt, und der habe den Knoten<br />
schnell durchhauen. Assers Werk über internationales<br />
Privatrecht ist auch in fremde<br />
Sprachen übersetzt worden.<br />
Nicht minder bedeutsam war die Rolle<br />
des holländischen Staatsministers auf völkerrechtlichem<br />
Gebiete. Bereits im Jahre 1869<br />
begründete er zusammen mit seinen Freunden<br />
Westlake und Rolin-Jaequemyns die Revue de<br />
droit international et de 16gislation comparee,<br />
die heute noch besteht und lange Zeit die<br />
einzige völkerrechtliche Zeitschrift blieb, ferner<br />
das berühmte Institut für Völkerrecht. Schon<br />
bald wurde man in den Kreisen der holländischen<br />
Regierung auf ihn aufmerksam, berief<br />
ihn in den Staatsrat und delegierte ihn<br />
auf zahlreiche Konferenzen, so in die K©nferenz<br />
zur Vereinheitlichung des Eisenbahnfrachtverkehrs,<br />
zum, ßchutze der unterseeischen<br />
Kabel, zur Neutralisierung des Suezkanals und<br />
zur Regelung der Kongofrage. Besonderen<br />
Ruhm hat sich Asser durch seine Verdienste<br />
306<br />
auf den Haager Friedenskonferenzen erworben.<br />
Hier spielte er eine entscheidende<br />
Rolle, und namentlich in dem Schiedsgerichtsausschusse<br />
der ersten Haager Konferenz hat<br />
er segensvoll gewirkt. Als der deutsche Delegierte<br />
Zorn im Juni 1899 den ständigen<br />
Schiedshof ablehnte, da stand Asser als erster<br />
auf und bat Zorn, in seiner Schlußfolgerung<br />
weniger bestimmt zu sein und in einer so wichtigen<br />
Frage doch noch einmal an seine Regierung<br />
zu berichten. Bekanntlich fuhr dann<br />
Zorn noch einmal nach Berlin und erreichte<br />
auch, daß die deutsche Regierung der Errichtung<br />
des Haager Schiedshofes zustimmte.<br />
Interessant ist auch, daß Asser 1899 im Gegensatze<br />
zu der deutschen Delegation mit Entschiedenheit<br />
dafür eintrat, die Vermittlung<br />
obligatorisch zu gestalten.<br />
Auch auf der zweiten Haager Konferenz<br />
spielte Asser eine bedeutsame Rolle. Mit<br />
seinem klaren Blicke sah er vollkommen voraus,<br />
daß der Weltschiedsvertrag infolge des<br />
Widerstandes Deutschlands und Oesterreichs<br />
nicht zustande kommen würde, und er sagte<br />
mir einmal, es sei doch zwecklos gewesen,<br />
daß der Präsident der Kommission, der frühere<br />
französische Ministerpräsident Bourgeois, die<br />
Konferenz vier Monate in dieser Frage aufgehalten<br />
habe. Asser war eben trotz seiner<br />
idealen Gesinnung vollkommen Realpolitiker.<br />
Der Friedensbewegung als solcher stand<br />
Asser sympathisch gegenüber, obwohl er sich<br />
in keiner Weise direkt an ihr beteiligte. Er<br />
war zwar Mitglied der holländischen Friedensgesellschaft<br />
und des internationalen Friedensinstituts<br />
in Monako (jetzt in Paris)*), auch hat<br />
er den Nobelpreis zusammen mit Fried und<br />
anläßlich der Einweihung des Friedenspalastes<br />
den Ehrendoktor der Universität Leyden ebenfalls1<br />
zusammen mit Fried erhalten. Aber<br />
seine pazifistische Gesinnung Ist doch wenig<br />
hervorgetreten. Daß er aber ganz auf Seiten<br />
dieser Bewegung stand, mag man daraus ersehen,<br />
daß er mir einmal mit großer Bewunderung<br />
von dem Friedensaposter Stead<br />
und mit großem Unwillen über das bekannte<br />
Buch v. Stengels ,,Weltstaat und Friedensproblem"<br />
sprach.**)<br />
Mit dem 75jährigen Asser scheidet ein<br />
selten begabter Mann von wahrhaft idealer<br />
Gesinnung dahin, der in der Geschichte des<br />
internationalen Rechts als einer der Allergrößten<br />
fortleben wird.<br />
Dr. Hans Wehberg.<br />
*) Nach einer Liste in „Friedenswarte",<br />
1903, S. 37.<br />
**) Die Worte Assers über Stengels Buch<br />
waren von solcher Schärfe, daß ich sie im einzelnen<br />
erst in späterer Zeit wiedergeben möchte.