1913 - Det danske Fredsakademi
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DIE FßlEDENS-^ADTE 3<br />
Die„Vermehrung der internationalen Reibungsfläche n",<br />
Ein neues Schlagwort ist wieder einmal<br />
aufgetaucht, das eine große Verwirrung anzurichten<br />
geeignet ist. Die Vermehrung der<br />
internationalen Beziehungen zwischen den<br />
Völkern der Erde, der regere Handelsaustausch,<br />
der ständig wachsende Weltverkehr, kurzum<br />
die zunehmende Internationalisierung der Welt,so<br />
argumentiert man neuerdings, habe keineswegs<br />
die Wirkung gehabt, daß die Völker einander<br />
innerlich nähergebracht worden sind,<br />
sondern ganz im Gegenteil: es hat nur eine<br />
„Vermehrung der internationalen<br />
Reibungsflächen" stattgefunden, d. h. die<br />
Zahl der Gegenstände, um die die Nationen<br />
streiten können, ist durch die moderne weltwirtschaftliche<br />
Entwicklung nur vergrößert worden!<br />
Zum Belege solcher Behauptungen führt<br />
man mit Vorliebe die „deutsch-englische<br />
Spannung" an, die überhaupt erst durch den<br />
„Kampf der beiden Nationen um die Vormachtstellung<br />
auf dem Weltmarkte" und die Mannigfaltigkeit<br />
ihrer divergierenden Interessen in<br />
wirtschaftlicher Beziehung entstanden sei. Die<br />
Zunahme gegenseitiger Handels- und Verkehrsbeziehungen<br />
erhöhe daher nur die Kriegsgefahr<br />
zwischen den Nationen, statt sie zu verringern.<br />
Friedrich Naumann hat diesem Gedanken<br />
auf dem Mannheimer Parteitage der Fortschrittlichen<br />
Volkspartei Ausdruck gegeben, zahlreiche<br />
Zeitungen haben ihn wiedergegeben und neuerdings<br />
ist er auch in einer nationalökonomischen<br />
Vorlesung einer süddeutschen Universität ausgesprochen<br />
worden.<br />
Wenn dieser Gedankengang richtig wäre,<br />
hätte er vielleicht nicht solche Verbreitung gefunden.<br />
Denn gerade in Fragen, die den Pazifismus<br />
berühren, beliebt man häufig, sich in etwas<br />
unklaren Gedankengängen zu bewegen, gerade,<br />
als ob es darauf ankäme, nur ja keine Entwicklungstendenzen<br />
in der Richtung zum Frieden<br />
oder zum Internationalismus aufkommen<br />
zu lassen.<br />
Es wäre schon ein wenig bitter für<br />
die Pazifisten, wenn durch ihr ganzes Eintreten<br />
für internationale Organisation, für den<br />
Internationalismus auf allen Gebieten des Lebens<br />
nichts anderes erreicht würde, als jene verhängnisvolle<br />
(oder erwünschte?) „Vermehrung der<br />
internationalen Reibungsflächen", die nur den<br />
Frieden gefährdet statt ihn zu fördern. Die so<br />
sprechen, glauben offenbar, daß die Entwicklung<br />
auf halbem Wege stehen bleibe. Sie übersehen,<br />
daß in der ganzen Geschichte der Menschheitsund<br />
Kulturentwicklung gerade die „Vermehrung<br />
der Reibungs flächen" unter den Menschen es<br />
war, die sie die Gemeinsamkeit ihrer Interessen<br />
erst recht erkennen ließ, die sie zum Zusammenschluß<br />
überhaupt erst veranlaßt hat. Beseitigung<br />
von Reibungsflächen ist von jeher, vielleicht<br />
sogar der einzige und hauptsächliche Antrieb<br />
zur Organisation gewesen; alle Kultur<br />
läßt sich darauf zurückführen! Auf jeden Fall<br />
scheint mir wenigstens das neue Schlagwort<br />
26<br />
von der Vermehrung der internationalen.<br />
Reibungsflächen ein verhängnisvoller Trugschuß<br />
zu sein, dem nicht entschieden genug entgegengetreten<br />
werden kann. Dr. J. Mez.<br />
Die Vertreibung der Türken aus Europa. :: :: :;<br />
H. W. Vor allem Podebrad hat zuerst<br />
in klarer Weise die Vertreibung der Türken aus<br />
Europa gefordert. Der von ihm befürwortete<br />
christliche Fürstenbund hatte u. a. die Verdrängung<br />
des Islams aus Europa zum Zweck.<br />
Nach Schücking war ja überhaupt das Vordrängen<br />
der Türken vor allem durch den Zerfall<br />
der Christenheit veranlaßt worden. Deshalb<br />
wollte man deren Einheit dadurch wiederherstellen,<br />
daß man ihr ein großes Ziel, nämlich<br />
den Kampf gegen die Türken, gab. „Einst,'"<br />
so heißt es in Podebrads Buche, „war die<br />
Christenheit blühend, mächtig und über weite<br />
Länder verbreitet. Nicht weniger als 117 große<br />
Königreiche gehörten ihr an, ja selbst das Grab<br />
des Erlösers lag in ihrem Gebiete. Niemand<br />
würde gewagt haben, ihr offen die Stirne zu<br />
bieten. Längst aber hat sich das geändert.<br />
Sind doch von jenen 117 Reichen kaum 16<br />
übriggeblieben, seit Mohammed sein Volk zum<br />
Unglauben verführte. Haben ia doch in allerletzter<br />
Zeit die Türken Griechenland erobert,<br />
Konstantinopel erstürmt." Mit Recht betont<br />
Schücking (Die Organisation der Welt,<br />
S. 34), wieviel Wahres an diesen Worten sei<br />
und auch heute noch die türkische Unkultur<br />
ihren Bestand in Europa lediglich der Uneinigkeit<br />
der Mächte verdanke.<br />
Da somit der Gedanke der Vertreibung der<br />
Türken aus Europa, auch in Anbetracht der<br />
überragenden Bedeutung des Christentums, sehr<br />
nahe lag, so ist es verständlich, daß er sich<br />
noch bei anderen Schriftstellern findet, bei<br />
Campanella de la Noue und insbesondere<br />
S u 1 1 y, dessen christliche Republik vor allem<br />
die Vertreibung der Türken aus Europa bewirken<br />
sollte. Nach dem Projekte des Abbe de<br />
Saint Pierre sollte dagegen der neue Bund<br />
nicht gegen die Türken vorgehen, sondern mit<br />
ihnen ein Bündnis zu schließen suchen.<br />
Am allereingehendsten hat von den früheren<br />
Schriftstellern jenen Plan der Kardinal<br />
Alberoni behandelt und schon der Titel<br />
seines Buches kündet besonders deutlich da,s<br />
Ziel, auf das er hinaus will: „Vorschlag, das<br />
türkische Reich unter der christlichen<br />
Potentaten Botmäßigkeit zu bringen." (1736.)<br />
Es ist interessant, daß Alberoni kürzlich<br />
gerade einen bekannten und hervorragenden Diplomaten<br />
eines der Staaten des Balkanbundes<br />
zum Geschichtsschreiber gefunden hat. In seiner<br />
bereits auf S. 344 und 355 dieser Zeitschrift<br />
(1912) warm empfohlenen Schrift „Le Cardinal<br />
Alberoni Pacifiste" gibt uns V e s n i t c h, der<br />
ausgezeichnete serbische Gesandte in Paris,<br />
einen sehr guten Ueberblick über Alberoni»<br />
Plan einer Eroberung und Aufteilung der Türkei.<br />
Alberoni hatte genau bestimmt, wie die<br />
II<br />
I