1913 - Det danske Fredsakademi
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März <strong>1913</strong>.<br />
Fast hat es den Anschein, als ob es nun<br />
bald z.u Ende gehen müsse mit dem Irrtum des<br />
Ueberrüstens. Die neue Rüstungswelle, die<br />
über Europa eben hereinbricht, läßt nämlich<br />
keine andere auf Vernunft begründete<br />
Annahme zu. Mit Ausnahme von Deutschland<br />
und England scheinen alle anderen<br />
Staaten an der Grenze ihrer Leistungsfähigkeit<br />
angelangt zu sein. Deutschland hat mit<br />
der bloßen Ankündigung der geplanten<br />
HeeresVermehrung den Ton angegeben,<br />
Frankreich, Rußland, Oesterreich-Ungarn<br />
haben sofort Maßnahmen ergriffen, um dem<br />
Beispiel zu folgen. Italien wird nicht lange<br />
auf sich warten lassen, und wer weiß, ob<br />
diese neueste Phase des Rüstungswahnsinns<br />
nicht auch den Anhängern einer allgemeinen<br />
Wehrpflicht in England zum Erfolg verhelfen<br />
wird. Vorläufig zeigt sich dort das<br />
Rüstungsfieber in Form eines Luftflottenparoxysmus.<br />
Aber nicht nur die Großmächte<br />
wurden von der Rüstungspanik erfaßt; die<br />
Kleinstaaten können sich ihrer auch nicht<br />
mehr erwehren, wie das Beispiel Belgiens<br />
zeigt, das bereits eine neue Heeresverstärkung<br />
angekündigt hat. Die Balkanstaaten<br />
werden nach erfolgtem Friedensschluß nicht<br />
umhin können, ebenfalls ihren Rüstungspanzer<br />
zu verstärken, und so sehen wir denn<br />
das ganze alte Europa von einem ungeheuren<br />
Verfolgungswahn getrieben, die schiefe<br />
Ebene in einem immer beschleunigteren Lauf<br />
hinunterrasen.<br />
[Was ist die Ursache dieser erneuten<br />
Flut, die alles übertrifft, was die jetzige<br />
Generation nach dieser Richtung schon erlebt<br />
hat. Deutschland, das mit der Ankündigung<br />
der Erhöhung seiner Heeresmacht<br />
zuerst hervorgetreten ist, wird deshalb als<br />
der Urheber der neuen Rüstungen angesehen.<br />
tWas meinem Ermessen nach nicht richtig<br />
ist. Erstens bedingt die ."Widersinnigkeit<br />
des modernen Rüstungswesens, daß es keinen<br />
einzelnen Urheber dafür gibt, sondern die<br />
lieber uns die Sintflut.<br />
Gesamtheit der im .Wettbewerb befindlichen<br />
Staaten sich gegenseitig schiebt. .Wenn<br />
Deutschland in diesem Augenblick der sichtbar<br />
schiebende Staat ist, so unterliegt es<br />
keinem Zweifel, daß auch auf das Reich<br />
Kräfte eingewirkt haben, die es in seinen<br />
Handlungen bestimmten, die nur nicht so<br />
offen erkennbar sind. Die „Norddeutsche<br />
Allgemeine Zeitung", die in ihrer Nummer<br />
vom 1. März e^nen offiziösen Kommentar zu<br />
der noch ausstehenden Heeresvorlage gibt,<br />
führt den „Umschwung der Verhältnisse im<br />
Südosten Europas" als Grund an. Das dürfte<br />
auch sicherlich der zunächstliegende Beweggrund<br />
sein, aber beileibe nicht der letzte<br />
Grund dieser europäischen Krankheit. Ohne<br />
bis auf diesen selbst zurückzugehen — es<br />
würde uns dies hier zu weit führen, den un-<br />
geheuren Komplex der europäischen Sünden<br />
klarzulegen — , können wir doch die Ursache<br />
über jenen „Umschwung der Verhältnisse im<br />
Südosten Europas" hinaus verfolgen. Und da<br />
führt uns der gerade Weg zu jenem verhängnisvollen<br />
Schritt des Grafen Aehrenthal, der<br />
durch die Umtaufe des Besitzes Oesterreich-<br />
Ungarns an Bosnien und der Herzegowina<br />
ein Steinchen aus dem Berliner Vertrag löste,<br />
der 30 Jahre lang die Ordnung auf dem Balkan<br />
— wenn auch mehr schlecht als recht —<br />
aufrecht erhielt, wodurch das ganze darauf<br />
errichtete Gebäude ins Wanken geriet. Diese<br />
Titeländerung führte zur Selbständigmachung<br />
Bulgariens, zu demRaub von Tripolis<br />
und zuletzt zu jener Auflehnung der Balkanstaaten,<br />
die noch nicht abgeschlossen ist.<br />
Diese Veränderung des bisherigen Zustandes<br />
am Balkan hat die latenten Gegensätze<br />
zwischen den europäischen Staaten akut zugespitzt<br />
und der Niederschlag der Erregungen<br />
und Aengste zeigt sich — nicht erst<br />
jetzt, sondern schon seit 1908 — in einer erneuten<br />
krampfhaften Anspannung der<br />
Rüstungen.<br />
Wir Pazifisten sollten nicht unter-<br />
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