1913 - Det danske Fredsakademi
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DIE FßiEDEN5->MMlTE<br />
jenes Jahres wurde in Paris die interparlamentarische<br />
Union begründet und wenige<br />
Wochen später dort die neue Serie der Weltfriedenskongresse<br />
in Angriff genommen. Im<br />
selbe n Jahre entwickelte sich zwischen der<br />
amerikanischen Union und England wie<br />
Frankreich die Bewegung um die Herstellung<br />
wechselseitiger Schiedsverträge. Damals<br />
hatte Bertha von Suttner ihren Roman<br />
„Die Waffen nieder!" in der Feder,<br />
der im darauffolgenden Jahr erschien und<br />
die Friedensbewegung in Deutschland und<br />
Oesterreich ins Leben rief. Es hatte sich<br />
etwas geändert in Europa, und so groß das<br />
Verdienst ist, das dem Kaiser nicht geschmälert<br />
werden soll, das Verdienst, ohne Krieg,<br />
ein ViertelJahrhundert regiert zu haben, in<br />
dieser Zeit der heftigsten Gegensätze und<br />
Konflikte, so darf doch nicht außer acht gelassen<br />
werden, daß an dieser kriegslosen Zeit<br />
auch die anderen Staaten beteiligt waren.<br />
Denn, wenn der Beste nicht in Frieden leben<br />
kann, wenn es dem bösen Nachbar nicht gefällt,<br />
so darf dem Nachbar das Verdienst<br />
nicht geschmälert werden, wenn Deutschland<br />
doch im Frieden leben konnte.<br />
Kaiser Wilhelm ist keineswegs ein Pazifist<br />
im Sinne unserer Weltanschauung. Er<br />
vertritt noch zu nachdrucksvoll die Theorie<br />
der Friedens-„Erhaltung" und die Politik<br />
des scharf geschliffenen Schwertes wie des<br />
trocken gehaltenen Pulvers. Unter seiner<br />
Regierung haben sich die Ausgaben für Militärzwecke<br />
mehr als verdoppelt. Aber wir<br />
sind weit entfernt, ihm persönlich daraus<br />
einen Vorwurf zu machen. Der Mensch kann<br />
über seine Umwelt nicht mit einem Sprunge<br />
hinaus, am allerwenigsten ein Kaiser. Wer,<br />
wie er, aufgewachsen ist in den alten Theorien<br />
der Gewaltherrschaft und wer unter<br />
diesem Gesichtspunkt die Verantwortung für<br />
Millionen übernommen hat, wird sich nicht<br />
auf einmal unbedingt und ohne Umschweife<br />
einer neuen Theorie anschließen können.<br />
Noch weniger, wenn weite Kreise des Volkes<br />
noch im Banne jener alten Theorien<br />
stehen. Aber weit entfernt, das Friedensverdienst<br />
des Kaisers zu schmälern, wird<br />
es bei näherer Betrachtung der Dinge gerade<br />
durch die Erkennung seiner Abhängigkeit<br />
von Erziehung und Umwelt erhöht. Ist deshalb<br />
Kaiser Wilhelm kein Pazifist — die<br />
revoltierenden Uebernationalen haben ihm<br />
einmal dieses Beiwort höhnend angehängt —<br />
so hat er dennoch Beweise dafür geliefert,<br />
daß er die pazifistische Tendenz des Zeitalters<br />
erfaßt hat, so hat er Großes getan,<br />
wenn er infolge ihrer Erkenntnis sich nicht<br />
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von den ererbten Anschauungen beeinflussen<br />
ließ, sich dem Zeitgeiste entgegenzustellen.<br />
Er hätte die Macht dazu gehabt, es zu tun,<br />
er hätte Hunderttausende im Volke gefunden,<br />
die ihm Beifall zugejubelt haben<br />
würden. Und doch ließ er sich nicht auf<br />
die gefährliche Bahn bringen.<br />
Die Erkenntnis der pazifistischen Tendenz<br />
der Zeit tritt immer und immer wieder<br />
in des Kaisers Reden hervor, wenn er von<br />
dem notwendigen, organisatorischen Zusammenschluß<br />
Europas, von der Solidarität<br />
der Kulturwelt spricht. Und wie oft<br />
hat er davon gesprochen! Gewiß; er hat<br />
auch kriegerische Reden gehalten. Wenn er<br />
vor seinen Soldaten stand, konnte er, wie<br />
kürzlich ein französischer Schriftsteller treffend<br />
ausführte, nicht gut von Obstbaumzucht<br />
reden. Seine kriegerischen Reden<br />
stießen zwar sehr oft auf Widerspruch bei<br />
uns, aber, wenn wir alle Zusammenhänge ins<br />
Auge fassen, waren sie doch zu verstehen.<br />
In keinem Falle dürfen wir über sie des<br />
Kaisers so oft zum Ausdruck gebrachte<br />
Aeußerungen über die Notwendigkeit einer<br />
internationalen Organisation, über die Solidarität<br />
der Völker und über die europäische<br />
Kulturgemeinschaft vergessen. In<br />
ihnen liegt der Schlüssel für die Wilhelminische<br />
Friedensperiode und ein wahrlich<br />
recht erfreulicher Ausblick für die Zukunft.<br />
Schon 1891 hat der Kaiser in jener Widmung<br />
an den Generalpostmeister Stephan Worte<br />
festgelegt, die sich wie ein Programm anhören:<br />
„Die Welt am Ende des 19. Jahrhunderts<br />
steht unter dem Zeichen des Verkehrs.<br />
Er durchbricht die Schranken, welche<br />
die Völker trennen und knüpft zwischen<br />
den Nationen neue Beziehungen an." Vergessen<br />
wir nicht, daß das Lehrgebäude des<br />
modernen Pazifismus auf dieser hier ausgedrückten<br />
Erkenntnis beruht. Bei der Eröffnung<br />
des Nord-Ostseekanals, der 1895<br />
unter großem, kriegerischem Gepränge aller<br />
Nationen stattfand, wies der Kaiser auf das<br />
„Zusammenwirken aller europäischen Kulturvölker<br />
zur Hochhaltung und Aufrechtr<br />
erhaltung der europäischen Kulturmission"<br />
hin. Damals äußerte er auch sein Bekenntnis<br />
zum Frieden, indem er sagte: „Im Frieden<br />
nur kann der Welthandel sich entwickeln,<br />
im Frieden nur kann er gedeihen,<br />
und Frieden werden und wollen wir<br />
aufrechterhalten..." Noch im selben<br />
Jahre rief der Kaiser durch das bekannte<br />
Knackfußbild die Völker Europas „zur<br />
Wahrung ihrer heiligsten Güter" auf. Im<br />
Jahre 1896, in Görlitz, als der russische