1913 - Det danske Fredsakademi
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DIE FRIEDENS-WABTE<br />
Quartieren und solche, die im Augenblick<br />
weniger bedroht sind. Wie die gefangenen<br />
Ratten fuhren sie ... ."<br />
Genug! Solche Berichte lesen die Leute.<br />
Niemand wird dadurch aufgeschreckt, die<br />
Bürger gehen weiter ihren Geschäften nach,<br />
politisieren im Kaffeehaus über die Chancen<br />
der Belagerer und Belagerten, und die Militärs<br />
studieren weiter Festungstaktik. Nichts<br />
dringt in die Herzen, nichts streift die Gemüter.<br />
Haben denn alle die Leute — es<br />
sind ja viele gute und gescheite darunter —<br />
nur mehr Steinherzen und Hornhautgehirne,<br />
wenn der Begriff „Krieg" sie immunisiert ?<br />
Nur wir Pazifisten sind erschüttert und<br />
empört — die andern lassen das alles von<br />
sich abgleiten. Sie schämen sich nicht, sie<br />
kränken sich nicht, sie ärgern sich nicht.<br />
Aber uns nennen sie die Sanftmütigen, die<br />
Geduldigen, die „Sich-alles-gefallen-lassenden".<br />
Umgekehrt ist es: wir sind die Zornmütigen,<br />
uns reißt die Geduld, in leiden-<br />
schaftlichem Schmerz, in siedender Entrüstung<br />
rufen wir hinaus : „So darf es nicht<br />
weitergehen."<br />
Und es wird nicht so weitergehen.<br />
Stetig mehren und häufen sich die Zeichen,<br />
daß es anders wird. Da ist eine ganz kurze<br />
Depesche aus Washington, 2. Juni: Der<br />
japanische Botschafter Chinda hat den Staatssekretär<br />
Bryan davon in Kenntnis gesetzt,<br />
daß die japanische Regierung im Prinzip den<br />
von den Vereinigten Staaten vorgeschlagenen<br />
Weltfriedensplan annehme. Diese<br />
Nachricht ist von ungeheuerer Tragweite.<br />
Und noch eine wichtige positive Aktion<br />
Woodrow Wilsons. Er hat befohlen, daßi,<br />
während Verhandlungen (über die Einwanderungsfrage)<br />
mit Japan im Gange sind, keinerlei<br />
Bewegungen und Dislokationen der Flotte<br />
vorgenommen werden dürfen. Bisher liebte<br />
man es, bei schwebenden Streitfragen das<br />
Rasseln der Waffen bis in die Verhandlungssäle<br />
hörbar zu machen. Man nennt das<br />
„seinen Ansprüchen Nachdruck geben".<br />
Oder es hieß auch, „das Schwert in die Wagschale<br />
legen". Na, es gibt ja eigentlich kein<br />
Schwert mehr, und Melinitgranaten, Seeminen<br />
und fliegende Zeppelins werden sich doch<br />
nicht mehr so recht zur Abwägung internationaler<br />
Rechtsfragen eignen. Dieser Befehl<br />
Wilsons, die militärischen Drohungsmanöver<br />
während eines zwischenstaatlichen<br />
Prozesses aufzuheben, entspricht schon ganz<br />
dem Sinne jenes Weltfriedensprojektes, das<br />
er allen Staaten unterbreiten will und das<br />
zuallererst von jener Nation angenomjmen<br />
worden ist, die immer als der zukünftige<br />
Kriegsgegner Amerikas bezeichnet zu werden<br />
pflegt. Man konnte ja gar nicht von'<br />
dem Blühen des amerikanischen Pazifismus<br />
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reden, ohne daß unsere Gegner schmunzelnd<br />
einwarfen : „Was ist aber mit Japan ? Der<br />
Krieg zwischen den Vereinigten Staaten und<br />
Japan ist ja doch unvermeidlich." Wirklich<br />
? Nun, legen wir ihn getrost zu den<br />
zahlreichen anderen unvermeidlichen und niemals<br />
ausgebrochenen Kriegen.<br />
Zur Hochzeit der Kaisertochter sind der<br />
König von England und der Zar nach Berlin<br />
gekommen. Dazu bemerkten die Blätter ausnahmslos,<br />
daß dies keine politische Bedeutung<br />
habe, weil es sich nur um ein Familienfest<br />
handle, und fügten ebenso ausnahmslos<br />
im selben Atem hinzu, daß^ die<br />
Zusammenkunft doch ein hochpolitisches<br />
Friedensanzeichen sei. Tatsache ist, daß<br />
solcher Freundschaftsverkehr zwischen den<br />
Kriegsherrn ganz unmöglich ohne Einfluß<br />
auf ihre Entscheidungen über Krieg oder<br />
Frieden sein kann. Auch werden sie sicherlich<br />
— gerade jetzt nach Beendigung der gefährlichen<br />
Balkankrise — über das Thema miteinander<br />
gesprochen haben. Der König von<br />
England nahm die Gelegenheit wahr, um auf<br />
der englischen Botschaft an eine Deputation<br />
der 'englischen Kolonie folgende Worte zu<br />
sagen: „Indem Sie gute Beziehungen mit1<br />
dem Volke, das diese Ihre Adoptivheimat<br />
bewohnt, pflegen, tragen Sie dazu bei, den,<br />
Weltfrieden zu sichern, dessen Erhaltung<br />
mein sehr ernster Wunsch ist, wie es der<br />
Hauptzweck und das Ziel des Lebens meines<br />
teuren Vaters war." Das sind feierliche Und<br />
pietätvoll gesprochene Worte: „Hauptzweck<br />
und Lebensziel." Die neunmal weisen deutschen<br />
Realpolitiker und fleißigen Zeitungsleser<br />
werden wohl verschmitzt dazu<br />
lächeln, denn die Ansicht, daß Eduard VII. ein<br />
abgefeimter Feind und „Einkreiser" Deutschlands<br />
war, ist dort zur eingewurzelten fixen<br />
Idee geworden. Uns Pazifisten, die wir die<br />
Entwicklungsgeschichte der englisch-französischen<br />
Entente kennen, und wissen, welche<br />
Schritte Eduard VII. unternommen hat, wir<br />
wissen auch, daß er den von seinem1 Volke<br />
ihm verliehenen Titel „Edward the peacemaker"<br />
ebenso verdiente, als er stolz darauf<br />
war; uns sagte Georg V. nichts Neues; doch<br />
ist uns erfreulich, zu hören, daß er für sich<br />
selbst auch die Gesinnung in Anspruch<br />
nimmt, die er an seinem Vater rühmt.<br />
Aber warum mußte wieder (oh, daß doch<br />
unter veränderten Bedingungen und Zeiten<br />
die Gewohnheiten der alten Zeit immer wieder<br />
routinemäßig abgehaspelt werden!), warum<br />
mußte der Kaiser dem Zaren zur Unterhaltung<br />
eine militärische Uebung mit einem<br />
„heftigen Gefecht" zeigen ? Gegen wen<br />
würden denn diese Soldaten fechten müssen,<br />
wenn das Spiel Ernst wird ? Gegen den geehrten<br />
Gast. Ich besprach diesen Vorfall