1913 - Det danske Fredsakademi
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Bürde Frankreichs weitaus schwerer und<br />
drückender ist als die Deutschlands. Frankreich<br />
stellt einen größeren Prozentsatz Dienstpflichtiger<br />
ein, geht erheblich über die bei<br />
uns festgehaltenen Grenzen der Tauglichkeit<br />
hinaus, zieht die Leute durchschnittlich zu<br />
längerer Dienstzeit ein und zahlt auf den Kopf<br />
der Bevölkerung eine größere Prämie für<br />
diese Versicherung gegen den Krieg. Man<br />
muß, wenn man gerecht sein will, dies immer<br />
wieder betonen, wie man auf der anderen<br />
Seite zugeben muß, daß es' sich in seiner<br />
Stellung als Großmacht durch das Wachstum<br />
der deutschen Bevölkerung, durch die<br />
absolut genommen größere Stärke des<br />
deutschen Heeres und wohl auch gelegentlich<br />
durch die deutsche auswärtige Politik<br />
bedroht glaubt!<br />
Ob man freilich auch den Glauben an.<br />
einen plötzlichen Vormarsch der deutschen<br />
Grenztruppen zur Ueberflutung der nächstgelegenen<br />
Gebiete und zur nachhaltigen Störung<br />
der französischen Mobilmachung allen<br />
Ernstes teilt, ob insbesondere die einsichtigen<br />
französischen Generale von ihm erfüllt<br />
sind, ist mehr als zweifelhaft. Wahrscheinlicher<br />
ist es, daß man dieses wirksamste<br />
Propagandamittel anwendet, um die dreijährige<br />
oder mindestens die dreißigmonatige<br />
Dienstzeit gegenüber dem Widerstreben beträchtlicher<br />
Teile des französischen Volkes<br />
durchzudrücken. Denn diese Verlängerung<br />
der Dienstzeit ist dort drüben nicht populär,<br />
trotzdem die große Mehrzahl der<br />
Pariser Blätter die Oeffentlichkeit darüber<br />
hinwegzutäuschen sucht.<br />
Gegenüber der größeren Kriegsbereitschaft<br />
aller seiner Truppen, besonders aber<br />
der Grenztruppen, die Deutschland durch<br />
die neue Wehrvorlage erhält, haben die<br />
Franzosen freilich kein anderes Aequivalent<br />
als die Verlängerung der Dienstzeit. Sie<br />
haben sich eben derartig zahlreiche Stämme<br />
an Friedenstruppen geschaffen, wie sie ihrer<br />
Bevölkerung nicht mehr entsprechen. Und<br />
darum sind diese Stämme selbst an der<br />
Grenze gegenwärtig lange nicht so stark, wie<br />
die deutschen es nach dem nun bewilligten<br />
Gesetze sein werden; im Innern sind sie zum<br />
Teil kümmerliche Skelette. Dazu kommt,<br />
daß ein Teil ihres Heeres für den Beginn<br />
eines Krieges nicht verfügbar ist, weil<br />
sie zahlreiche, auch national-französische<br />
Truppen in Algier und Tunis, und wahrscheinlich<br />
noch auf lange Zeit in Marokko gefesselt<br />
haben. Gegenüber der konzentrierten Kraft<br />
Deutschlands, das freilich nach zwei Seiten<br />
Front machen muß, befindet sich die Heermacht<br />
Frankreichs, seiner aktiveren äußeren<br />
Politik entsprechend, in einem gewissen Zustande<br />
der Zersplitterung.<br />
Aber diese relative Schwäche ist bei<br />
weitem nicht so groß, die überlegene Stärke<br />
der deutschen Grenztruppen auch nicht annähernd<br />
eine derartige, daß sie die deutsche<br />
= DIE FRI EDENS ->M&R.TE<br />
Heeresleitung zu dem Wagnis eines Einbruches<br />
immobiler Truppenteile indasNachbarland<br />
verleiten könnte. Das müssen die Franzosen<br />
ebenso gut wie wir übersehen, und<br />
die von der Regierung vorgeschützte Furcht<br />
vor einer attaque brusquee als Hirngespinst<br />
oder Bluff erkennen können. Denn trotz<br />
ihrer großen Friedensstärke sind alle diese<br />
Truppenteile keineswegs unmittelbar kriegsbereit;<br />
es fehlen den Bataillonen immer noch<br />
etwa je dreihundert Mann und die Bespannung<br />
ihrer zahlreichen Fahrzeuge; noch weniger<br />
bereit sind die Batterien und der Heerestroß.<br />
Die Franzosen selbst aber haben die Nachteile<br />
eines übereilten Vorwerfens nicht kriegsbereiter<br />
Truppenteile im Jahre 1870 am eigenen<br />
Leibe so schwer gefühlt, daß sie mit<br />
Fug und Recht nicht glauben dürften, die<br />
vorsichtige deutsche Heeresleitung werde sich<br />
so leichthin zu einem ähnlichen Fehler entschließen.<br />
Und zu welchem greifbaren<br />
Zwecke ? Nur, um sich das Vergnügen zu<br />
machen, Nancy und Luneville einige Tage<br />
hindurch besetzen zu können ? Um sich dann<br />
einen Tag) Später an den starken französischen<br />
Grenzbefestigungen zu stoßen? Eine gewaltsame<br />
Wegnahme der Sperrforts wird aber<br />
immer mindestens drei Tage Zeit erfordern<br />
(wahrscheinlich länger), ein Zeitraum, der<br />
lang genug ist, um jeden denkbaren Vorsprung<br />
der deutschen Kriegsbereitschaft auszugleichen.<br />
Man darf mit großer Sicherheit annehmen,<br />
daß die deutsche Heeresleitung nur<br />
mit völlig versammelter Macht in Frankreich<br />
einrücken, also erst ihre mobilisierten Streitmassen<br />
aus dem Innern Deutschlands heranführen<br />
wird. Schließlich bleibt also von der<br />
großen Furcht der Franzosen nur die eine<br />
Realität zurück, daß Deutschland einen<br />
Krieg gegen Frankreich mit höchster Wahrscheinlichkeit<br />
angriffsweise führen würde.<br />
Die Theorie aber von der Ueberlegenheit der<br />
Offensive ist auch dem französischen Offizierkorps'<br />
derart in Fleisch und Blut übergegangen,<br />
daß man dort drüben die gleiche<br />
Absicht vermuten muß. Und das ist der<br />
Grund ihrer jetzt geplanten großen Ver-?<br />
Stärkung des Friedensheeres : auch sie<br />
wollen so rasch als möglich zum Angriff<br />
übergehen, die deutsche Grenze überschreiten<br />
und möglichst zahlreiche Kräfte des Gegners<br />
auf sich ziehen, um ihren Verbündeten,<br />
den Russen, gleichfalls den Angriff möglichst<br />
zu erleichtern.<br />
Und so sehen wir, daß alle Welt unaufhörlich<br />
versichert, nur für den Frieden<br />
und nur für die Verteidigung zu rüsten,, während<br />
tatsächlich alle Welt sich für den Angriffskrieg<br />
immer stärker und stärker wappnet.<br />
Nicht vor dem Angriff der Nachbarn<br />
will man sich schützen, sondern seinerseits<br />
so bereit sein, daß man so rasch als möglich<br />
zur Invasion des feindlichen Gebietes<br />
schreiten kann. Dem eigenen Volke aber<br />
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