14.02.2013 Aufrufe

1913 - Det danske Fredsakademi

1913 - Det danske Fredsakademi

1913 - Det danske Fredsakademi

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

DIE FßlEDEN5-^*\DTE<br />

ist das heilige Gefühl des Rechts, das seine<br />

skeptisch angehauchten Nerven entflammen<br />

soll? Ein Blick in die Oktober- und Novemberzeitungen<br />

aller Landesfarben vom preußischsten<br />

Blau bis zum vaterlandslosesten Rot zeigt uns,<br />

daß man weit weniger verklärt und rosenrot<br />

den Krieg ansieht als in vergangenen Tagen.<br />

Mit unheimlicher Kraft der Anschauung zogen<br />

die Schreckensbilder des Balkankrieges vor<br />

unseren Augen vorüber, klassische Darstellungen<br />

wahrheitsgetreuer Schlachtenschilderung.<br />

Und gerade die großen konservativen Zeitungen,<br />

die sich das Vergnügen teurer Spezialkorrespondenten<br />

leisten konnten, malten uns<br />

die angeschossenen Menschen, die Tag und<br />

Nacht im strömenden Regen ihre Wunden<br />

wuschen, malten uns die Cholerakranken, die<br />

in Krämpfen sich wanden, bis sie im Schmutz<br />

krepieren mußten, so lebenswahr, so naturalistisch<br />

körperhaft, daß wir den röchelnden<br />

Atem zu vernehmen meinten und Grauen und<br />

Empörung uns übermannten.<br />

Man sollte all diesen sonst so kriegslustigen<br />

Blättern, die uns so systematisch<br />

zum Kriegsabscheu zu erziehen suchten, der<br />

Reihe nach den Hochverratsprozeß machen,<br />

das wäre nicht mehr als konsequent.<br />

Und doch war dieser Balkankrieg mit<br />

schien teilweise 30% Verlusten an Menschenmaterial<br />

nur ein Kinderspiel. Weil sie nicht<br />

mit ihren Maschinen umzugehen wußten,<br />

kehrten sie wieder zum Handbetrieb zurück.<br />

Was will nun dieser schlecht organisierte<br />

Kleinbetrieb gegen jene europäische Großschlächterei<br />

bedeuten, die mit technisch vollkommenen<br />

Spezialisten, die mit Dynamos und<br />

Akkumulatoren arbeitet.<br />

In diesem rasselnden Jahrhundert der<br />

Maschinen gibt es auch auf dem Markt des<br />

Sterbens weiter nichts als eine neue Branche<br />

mehr: die Leichenindustrie.<br />

Pas alles aber geht glatt in die<br />

historische Entwicklung auf. Maschinengewehre<br />

und ingeniöse Sprengvorrichtungen<br />

gehören allerdings ins Zeitalter der Maschinen.<br />

Man kann sie nicht verbieten und<br />

aus purer Menschenfreundlichkeit und Poesie<br />

zu Pike und Muskete retirieren. Die technische<br />

Entwicklung geht weiter ihren Gang<br />

und erzeugt mit jedem Tage einen großzügigeren,<br />

produktiveren, ergiebigeren Krieg.<br />

Aber — nun kommt der erste Widerspruch<br />

— der unmenschlichere, barbarischere Krieg<br />

findet mit jedem Tage einen menschlicheren<br />

Menschen, denn, was den<br />

Bürger des 20. Jahrhunderts vor dem des<br />

19. auszeichnet, ist das größere Kulturbewußtsein.<br />

Wir brauchen nicht die Zahl<br />

der Analphabeten von heute und vor 40 Jahren<br />

zu vergleichen, wir brauchen nicht die<br />

wachsende Zahl und Einrichtung der Schulen,<br />

den ungeheuren Aufschwung des Pressewesens<br />

zu verfolgen, (wir brauchen keine<br />

Kulturstatistiken zu studieren. Wir brauchen<br />

nur einen Blick in jene weitverzweigten Volks-<br />

60<br />

=§><br />

Veranstaltungen zu werfen, in jene Volkskonzerte<br />

und -theatervorstellungen, Volksbibliotheken<br />

und literarische Abende, die<br />

Arbeiter aus eigenen Mitteln sich schufen.<br />

Kunst und Kultur sind nicht mehr Dinge,<br />

die man an großen Festtagen aus dem Glasschrank<br />

nimmt, um sie zum dankbaren Objekt<br />

schwungvoller Tischreden zu machen.<br />

Humanität ist nicht wie früher ein holder,<br />

ferner, nie erreichter Traum. Ach nein, Fata<br />

morgana sieht nur der, der noch verloren<br />

in der Wüste irrt. Die das Land der Menschheit<br />

fanden, haben auch den Boden der<br />

Wirklichkeit gefunden. Urnen ward Humanität<br />

zu einem leidenschaftlichen, realen<br />

Trieb. Er hat sich als der größte, unstillbarste<br />

aller Triebe erwiesen. Nicht nur, daß<br />

er die Siechenhäuser und Spitäler baute, daß<br />

er mit Hygiene und Gesetz das bürgerliche<br />

Leben schützte, sogar den Keim im Mutterleib<br />

mit Zuchthausstrafen schützt — er hat<br />

weit Größeres vollbracht. Aus Millionen<br />

Köpfen schuf er eine Menschheitsseele, aus<br />

Millionen ,Sonderinteressen einen großen<br />

Menschheitswillen. Volksstämme, die sich<br />

dereinst zerfleischten, verbanden sich zu<br />

Völkern, und Nationen, die sich demnächst<br />

zerfleischen sollen, schicken sich an, zu<br />

einem großen Brudervolk zu werden. Man<br />

hat dereinst die deutschen Burschenschaftler,<br />

die sich zu leidenschaftlich nach der deutschen<br />

Einheit sehnten, als Landesfeinde auf<br />

die Festungen geschickt. Die deutsche<br />

Einheit ist trotzdem gekommen. So wird auch<br />

die Kultureinheit der Völker kommen trotz<br />

allen offiziellen Rückwärtsblasens. Vom Urmenschen,<br />

der da den Gegner schlug, wo er<br />

ihn fand, sind wir zu immer größeren und<br />

festeren Kulturverbänden emporgestiegen und<br />

werden weiter steigen. Wer das zu leugnen<br />

wagt, der leugnet, daß es je Geschichte gab.<br />

Es hilft hier nichts, wir stehen an der Wiege<br />

eines neuen Menschen. Der morgen in den<br />

Krieg marschieren soll, ist nicht mehr der<br />

von 1870/71. Was ist das für ein Mensch?<br />

Wenn man ihn schmähen will und denunzieren,<br />

so nennt man ihn den internationalen<br />

Menschen und macht drei fff hinter<br />

ihm. Das hindert aber nicht, daß man am<br />

Sonntag, wenn man sich die Augen ausgewaschen<br />

hat, dann selber in die Kirche<br />

geht und eben diesen selben internationalen<br />

Menschenbruder von der Kanzel herab nach<br />

allen Regeln der Homiletik sich warm ans<br />

Christenherze legen läßt. Denn was macht<br />

das Uebermenschentum des Nazareners aus ?<br />

Daß er das Gleichnis von Alljuda predigte ?<br />

Daß er nach möglichst vielen Legionen und<br />

Kohorten schrie ? Daß er nur jene Seiner<br />

Liebe würdig fand, die schwarz-weiß-rot irrt<br />

Kleide gingen ? Weswegen ward er eigentlich<br />

ans Kreuz geschlagen ? Das mögen<br />

unsere frommen Patrioten sich von ihren<br />

kundigen Pastoren auseinandersetzen lassen<br />

Ach, dieser verbrecherische menschenbrüder-

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!