die immanente sprachauffassung - Roderic - Universitat de València
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als sie endlich das Wort ergreift. Denn üblicherweise flüstert man, wenn man mitten in <strong>de</strong>r Stille<br />
zu sprechen beginnt.<br />
und wenn wir nun zurück sind und zusammensitzen in lieblicher Kühle <strong>de</strong>r Nacht, wo uns <strong>de</strong>r Becher duftet<br />
und das Mondlicht unser spärlich Mahl bescheint und mitten in unsrer lächeln<strong>de</strong>n Stille <strong>die</strong> Geschichte <strong>de</strong>r<br />
Alten, wie eine Wolke aufsteigt aus <strong>de</strong>m heiligen Bo<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r uns trägt, wie selig ist’s da, in solchem Momente<br />
sich <strong>die</strong> Hän<strong>de</strong> zu reichen! (Schmidt, 1994: 126 f.)<br />
Nach <strong>de</strong>m freundschaftlichen Abendritt kommen Alabanda und Hyperion zum Lager zurück, lächeln<br />
sich wortlos an, <strong>die</strong> begeisterten Gefühle steigen in ihnen auf, und sie sind so selig und<br />
fühlen sich so vereinigt, dass sie sich <strong>die</strong> Hän<strong>de</strong> reichen. Die „Stille“ ist hier 'Wortlosigkeit'.<br />
B.I.b.2.2. Vereinigung bzw. Verbindung <strong>de</strong>s Menschen mit<br />
<strong>de</strong>r Natur durch Aufhebung <strong>de</strong>r Sprache<br />
O selige Natur! Ich weiß nicht, wie mir geschiehet, wenn ich mein Auge erhebe vor <strong>de</strong>iner Schöne, aber<br />
alle Lust <strong>de</strong>s Himmels ist in <strong>de</strong>n Tränen, <strong>die</strong> ich weine vor dir, <strong>de</strong>r Geliebte vor <strong>de</strong>r Geliebten.<br />
Mein ganzes Wesen verstummt und lauscht, wenn <strong>die</strong> zarte Welle <strong>de</strong>r Luft mir um <strong>die</strong> Brust spielt. Verloren<br />
ins weite Blau, blick’ ich oft hinauf an <strong>de</strong>n Äther und hinein ins heilige Meer, und mir ist, als öffnet’<br />
ein verwandter Geist mir <strong>die</strong> Arme, als löste <strong>de</strong>r Schmerz <strong>de</strong>r Einsamkeit sich auf ins Leben <strong>de</strong>r Gottheit.<br />
Eines zu sein mit Allem, das ist Leben <strong>de</strong>r Gottheit, das ist <strong>de</strong>r Himmel <strong>de</strong>s Menschen. (Schmidt, 1994: 15<br />
f.)<br />
Hyperions Wesen „verstummt“. Somit hört sein individueller Verstand, seine üblich menschliche<br />
Sprache auf zu funktionieren. Aber er „lauscht“, hört <strong>de</strong>r Gottheit zu, und <strong>die</strong>s präsupponiert,<br />
dass er mit <strong>de</strong>r Gottheit doch irgendwie kommuniziert, zumal ihm ist, als ob ein verwandter<br />
Geist ihm seine Arme öffnen wür<strong>de</strong>, so dass er sich nicht mehr einsam fühlt. Hyperion hat <strong>die</strong><br />
menschliche Sprache aufgegeben und hat sich auf <strong>die</strong> heilige Sprache <strong>de</strong>r Natur eingestellt.<br />
Wir saßen noch lange zusammen bei offnen Fenstern. Hohe geistige Stille umfing uns. Erd’ und Meer war<br />
selig verstummt, wie <strong>die</strong> Sterne, <strong>die</strong> über uns hingen. Kaum, dass ein Lüftchen von <strong>de</strong>r See her uns ins<br />
Zimmer flog und zart mit unserm Lichte spielte, o<strong>de</strong>r dass von ferner Musik <strong>die</strong> gewaltigern Töne zu uns<br />
drangen, in<strong>de</strong>s <strong>die</strong> Donnerwolke sich wiegt’ im Bette <strong>de</strong>s Äthers, und hin und wie<strong>de</strong>r durch <strong>die</strong> Stille fernher<br />
tönte, wie ein schlafen<strong>de</strong>r Riese, wenn er stärker atmet in seinen furchtbaren Träumen. (Schmidt, 1994:<br />
34)<br />
Alabanda und Hyperion übernachten außerhalb <strong>de</strong>r Stadt. Die „Stille“ ist nicht nur <strong>die</strong> Abwesenheit<br />
von Geräuschen, sie ist auch „hoch geistig“ und „selig“ und „umfängt“ <strong>die</strong> bei<strong>de</strong>n Freun<strong>de</strong>.<br />
Das Umfangen impliziert in <strong>die</strong>sem Fall wohl auch das Durchdringen, so dass auch <strong>die</strong> bei<strong>de</strong>n<br />
Menschen selig wer<strong>de</strong>n und in eine hoch geistige Stimmung geraten. Auf <strong>die</strong>se Weise hat sich<br />
wortlos <strong>die</strong> Verbindung zwischen Menschen und Natur ereignet.<br />
Es gibt ein Vergessen alles Daseins, ein Verstummen unsers Wesens, wo uns ist, als hätten wir alles gefun<strong>de</strong>n.<br />
Es gibt ein Verstummen, ein Vergessen alles Daseins, wo uns ist, als hätten wir alles verloren, eine Nacht<br />
unsrer Seele, wo kein Schimmer eines Sterns, wo nicht einmal ein faules Holz uns leuchtet.<br />
Ich war nun ruhig gewor<strong>de</strong>n. Nun trieb mich nichts mehr auf um Mitternacht. Nun sengt’ ich mich in meiner<br />
eignen Flamme nicht mehr.<br />
Ich sah nun still und einsam vor mich hin, und schweift’ in <strong>die</strong> Vergangenheit und in <strong>die</strong> Zukunft mit <strong>de</strong>m<br />
Auge nicht. Nun drängte Fernes und Nahes sich in meinem Sinne nicht mehr; <strong>die</strong> Menschen, wenn sie mich<br />
nicht zwangen, sie zu sehen, sah ich nicht.<br />
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