die immanente sprachauffassung - Roderic - Universitat de València
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sein Grab besuchen soll. Und Hyperion geht davon aus, dass sie es tun wür<strong>de</strong>, wenn er es ihr sagen<br />
wür<strong>de</strong>.<br />
Höre mich, Lieber! um <strong>de</strong>iner schönen Seele willen! klage du dich über meinem To<strong>de</strong> nicht an! (Schmidt,<br />
1994: 160)<br />
Diotima schreibt <strong>die</strong>s an Hyperion. „Hören“ impliziert hier 'gehorchen', weil unmittelbar danach<br />
ein Imperativ steht. Er soll auf sie hören und sich nicht <strong>die</strong> Schuld an ihrem Tod geben.<br />
B.II.a.1.3. Versprachlichung als Anerkennung eines Tatbestands<br />
Ich habe nichts, wovon ich sagen möchte, es sei mein eigen. (Schmidt, 1994: 15)<br />
Hyperion geht davon aus, dass er gerne sagen wür<strong>de</strong>, er besitze etwas, falls er etwas hätte, worauf<br />
er Wert legt. Dies präsupponiert, dass er bestätigt, dass ihm etwas gehört, in<strong>de</strong>m er es aussagt.<br />
Wir sind am Abend unsrer Tage. Wir irrten oft, wir hofften viel und taten wenig. Wir wagten lieber, als wir<br />
uns besannen. Wir waren gerne bald am En<strong>de</strong> und trauten auf das Glück. Wir sprachen viel von Freu<strong>de</strong> und<br />
Schmerz, und liebten, hassten bei<strong>de</strong>. Wir spielten mit <strong>de</strong>m Schicksal und es tat mit uns ein Gleiches. Vom<br />
Bettelstabe bis zur Krone warf es uns auf und ab. Es schwang uns, wie man ein glühend Rauchfass<br />
schwingt, und wir glühten, bis <strong>die</strong> Kohle zu Asche ward. Wir haben aufgehört von Glück und Missgeschick<br />
zu sprechen. Wir sind emporgewachsen über <strong>die</strong> Mitte <strong>de</strong>s Lebens, wo es grünt und warm ist. Aber es ist<br />
nicht das Schlimmste, was <strong>die</strong> Jugend überlebt. (Schmidt, 1994: 42)<br />
Die finsteren alten Freun<strong>de</strong> Alabandas erzählen Hyperion ihre Geschichte. Zuerst trauten sie auf<br />
das Glück, aber dann hörten sie auf, daran zu glauben. Das Wort 'Glück' verschwand sozusagen<br />
aus ihrem Wortschatz. Gemeint ist, dass <strong>de</strong>r Begriff für sie aufgehört hatte zu existieren. Und<br />
wovon man keinen Begriff hat, davon re<strong>de</strong>t man nicht. Denn davon zu re<strong>de</strong>n wür<strong>de</strong> be<strong>de</strong>uten,<br />
dass man <strong>de</strong>m Begriff Existenz beimisst.<br />
Es tat uns wohl, <strong>de</strong>n Überfluss unsers Herzens <strong>de</strong>r guten Mutter in <strong>de</strong>n Schoß zu streuen. Wir fühlten uns<br />
dadurch erleichtert, wie <strong>die</strong> Bäume, wenn ihnen <strong>de</strong>r Sommerwind <strong>die</strong> fruchtbaren Äste schüttelt, und ihre<br />
süßen Äpfel in das Gras gießt.<br />
Wir nannten <strong>die</strong> Er<strong>de</strong> eine <strong>de</strong>r Blumen <strong>de</strong>s Himmels, und <strong>de</strong>n Himmel nannten wir <strong>de</strong>n unendlichen Garten<br />
<strong>de</strong>s Lebens. Wie <strong>die</strong> Rosen sich mit goldnen Stäubchen erfreuen, sagten wir, so erfreue das hel<strong>de</strong>nmütige<br />
Sonnenlicht mit seinen Strahlen <strong>die</strong> Er<strong>de</strong>; sie sei ein herrlich lebend Wesen, sagten wir, gleich göttlich,<br />
wenn ihr zürnend Feuer o<strong>de</strong>r mil<strong>de</strong>s klares Wasser aus <strong>de</strong>m Herzen quille, immer glücklich, wenn sie von<br />
Tautropfen sich nähre, o<strong>de</strong>r von Gewitterwolken, <strong>die</strong> sie sich zum Genusse bereite mit Hilfe <strong>de</strong>s Himmels,<br />
<strong>die</strong> immer treuer lieben<strong>de</strong> Hälfte <strong>de</strong>s Sonnengotts, ursprünglich vielleicht inniger mit ihm vereint, dann<br />
aber durch ein allwaltend Schicksal geschie<strong>de</strong>n von ihm, damit sie ihn suche, sich nähere, sich entferne und<br />
unter Lust und Trauer zur höchsten Schönheit reife.<br />
So sprachen wir. Ich gebe dir <strong>de</strong>n Inhalt, <strong>de</strong>n Geist davon. (Schmidt, 1994: 63)<br />
Dadurch, dass Hyperion und Diotima <strong>die</strong> Er<strong>de</strong> eine Blume <strong>de</strong>s Himmels und <strong>de</strong>n Himmel <strong>de</strong>n<br />
unendlichen Garten <strong>de</strong>s Lebens nannten, drückten sie ihre überwältigen<strong>de</strong>n Gefühle aus. Aber<br />
sie taten auch mehr als das, <strong>de</strong>nn <strong>die</strong>se Vorstellungen, an <strong>die</strong> sie glaubten, bestätigten und bekräftigten<br />
sie, in<strong>de</strong>m sie sie ausdrücklich zur Sprache brachten. Es war eine Art Ritual, das das<br />
Genannte eben dadurch zum Leben erweckt, das es genannt wird.<br />
Wie im Fluge <strong>die</strong> Schwalbe <strong>die</strong> Bienen hascht, ergriff sie immer uns alle.<br />
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