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die immanente sprachauffassung - Roderic - Universitat de València

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Hyperion empfiehlt <strong>de</strong>nen, <strong>die</strong> seinen Schmerz nicht verstehen, keine unzulänglichen Kommentare<br />

zu geben, son<strong>de</strong>rn still zu bleiben und ihre Wür<strong>de</strong> zu behalten.<br />

Aber nicht lange, so war das alles, wie ein Licht, in mir erloschen, und stumm und traurig, wie ein Schatte,<br />

saß ich da und suchte das entschwundne Leben. Klagen mocht’ ich nicht und trösten mocht’ ich mich auch<br />

nicht. (Schmidt, 1994: 74)<br />

Hyperion hat Diotima für immer verloren. Er ist <strong>de</strong>shalb so traurig, dass er stumm wird und nicht<br />

einmal zum Klagen seinen Mund aufmachen will.<br />

Ich habe viele Worte gemacht, und stillschweigend starb <strong>die</strong> große Römerin doch, da im To<strong>de</strong>skampf ihr<br />

Brutus und das Vaterland rang. Was konnt’ ich aber bessers in <strong>de</strong>n besten meiner letzten Lebenstage tun?<br />

(Schmidt, 1994: 161)<br />

Diotima scheint sich in ihrem letzten Brief zu entschuldigen, dass sie viele Worte gemacht hat,<br />

sie scheint sich sogar zu schämen und vergleicht sich mit <strong>de</strong>r würdigen Römerin, <strong>die</strong> „stillschweigend“<br />

starb, was bekanntlich unter <strong>de</strong>n hel<strong>de</strong>nhaften Römern und <strong>de</strong>n weisen Stoikern <strong>de</strong>r<br />

Antike eine außeror<strong>de</strong>ntlich wichtige Tugend war.<br />

B.I.a.3.3. Die Sprache ist manchmal <strong>de</strong>r Intensität <strong>de</strong>r Gefühle<br />

nicht gewachsen<br />

Und doch war ich unaussprechlich glücklich gewesen mit ihm, war so oft untergegangen in seinen Umarmungen,<br />

um aus ihnen zu erwachen mit Unüberwindlichkeit in <strong>de</strong>r Brust, wur<strong>de</strong> so oft gehärtet und geläutert<br />

in seinem Feuer, wie Stahl! (Schmidt, 1994: 44)<br />

Hyperion hat Alabandas Freun<strong>de</strong> kennengelernt und ist von ihm sehr enttäuscht. Früher hatte er<br />

sich bei ihm so wohl gefühlt, dass er in seinen Umarmungen dahinschmolz. Das Glück war damals<br />

so stark, dass es Hyperion unmöglich vorkam, es auszusprechen.<br />

Es kann nichts wachsen und nichts so tief vergehen, wie <strong>de</strong>r Mensch. Mit <strong>de</strong>r Nacht <strong>de</strong>s Abgrunds vergleicht<br />

er oft sein Lei<strong>de</strong>n und mit <strong>de</strong>m Äther seine Seligkeit, und wie wenig ist dadurch gesagt? (Schmidt,<br />

1994: 51)<br />

Hyperion ist nie<strong>de</strong>rgeschlagen. Er versucht, seine Gefühle mit Vergleichen zu beschreiben, muss<br />

aber gleich einräumen, dass man mit Worten nur sehr wenig davon vermitteln kann, was man<br />

wirklich fühlt.<br />

Voll süßer Unruhe war all mein Wesen.<br />

Den Nachmittag wollt’ ich gleich einen Teil <strong>de</strong>r Insel durchstreifen. Die Wäl<strong>de</strong>r und geheimen Tale reizten<br />

mich unbeschreiblich, und <strong>de</strong>r freundliche Tag lockte alles hinaus.<br />

Es war so sichtbar, wie alles Lebendige mehr, <strong>de</strong>nn tägliche Speise, begehrt, wie auch <strong>de</strong>r Vogel sein Fest<br />

hat und das Tier. (Schmidt, 1994: 58)<br />

Hyperion ist von <strong>de</strong>r Natur entzückt und kann seine erhabenen Gefühle mit Worten nicht ausdrücken.<br />

Wir saßen einst mit Notara – so hieß <strong>de</strong>r Freund, bei <strong>de</strong>m ich lebte – und einigen an<strong>de</strong>rn, <strong>die</strong> auch, wie wir,<br />

zu <strong>de</strong>n Son<strong>de</strong>rlingen in Kalaurea gehörten, in Diotimas Garten, unter blühen<strong>de</strong>n Man<strong>de</strong>lbäumen, und sprachen<br />

unter andrem über <strong>die</strong> Freundschaft.<br />

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